Nachgehend

LAG Hamm (Urteil vom 03.04.1996; Aktenzeichen 3 Sa 2329/95)

 

Tenor

Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, die dem Kläger gezahlte übertarifliche Zulage unbeschadet der Anrechnungsmitteilung vom 11.04.1995 in ungekürzter Höhe weiterzuzahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Streitwert: 4.101,00 DM.

 

Tatbestand

Mit seiner Klage wendet sich der Kläger gegen die Anrechnung einer übertariflichen Zulage, welche die Beklagte anläßlich der Tariflohnerhöhung für das Jahr 1995 bei einigen Arbeitnehmern unter Berücksichtigung von Leistungsgesichtspunkten vorgenommen hat.

Der Kläger, Betriebsratsmitglied, geboren am 05.12.1943, ist seit dem 01.07.1981 als Maschinenschlosser bei der Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages das Tarifwerk der chemischen Industrie NRW Anwendung.

Die Arbeitsvergütung des Klägers richtet nach Entgeltgruppe 6 des BETV, welcher bis einschließlich

März 1995 einen Stundenlohn von

20,22 DM

vorsah. Einschließlich einer tariflichen Zulage in Höhe von

3,24 DM

sowie einer freiwilligen widerruflichen übertariflichen Zulage von

4,11 DM

belief sich der Lohn des Klägers dementsprechend auf

27,57 DM

.

Seit dem 01.04.1995 erhält der Kläger einen unveränderten Gesamtstundenlohn von 27,57 DM, bestehend

aus dem tariflichen Stundenlohn von

20,99 DM,

tariflicher Zulage in Höhe von

3,36 DM

und der (gekürzten) übertariflichen Zulage in Höhe von

3,22 DM

.

Wie unstreitig ist, hat die Beklagte anläßlich der Tariflohnerhöhung 1995 mit Zustimmung des Betriebsrats eine Anrechnung der Zulage nicht bei sämtlichen Beschäftigten, sondern einer beschränkten Anzahl von Arbeitnehmern vorgenommen. In der Vergangenheit erhielten 49 von insgesamt 243 beschäftigten Arbeitnehmern eine übertarifliche Zulage. Nach Darstellung der Beklagten wurde eine Kürzung in Höhe von 50 % bei einem Mitarbeiter sowie eine Anrechnung in voller Höhe bei sechs Arbeitnehmern (so auch beim Kläger) vorgenommen. Hierzu verweist die Beklagte auf die „Betriebsvereinbarung Nr. 22 zur Anrechnung der Tariferhöhung 1995 auf übertarifliche Zulagen bei einigen Mitarbeitern”

Betriebsvereinbarung Nr. 22 zur Anrechnung der Tariferhöhung 1995 auf übertarifliche Zulagen bei einigen Mitarbeitern

1994 wurde die Tariferhöhung bei allen Mitarbeitern auf vorhandene übertarifliche Zulagen angerechnet. Um jetzt eine ähnliche Regelung zu vermeiden, die für viele gute Mitarbeiter ungerecht wäre haben sich Geschäftsleitung und Betriebsrat darauf geeinigt, aus Leistungsgesichtspunkten folgende Anrechnung vorzunehmen:

  • bei 6 Mitarbeitern erfolgt leistungsbezogen eine volle Anrechnung der Tariferhöhung ab 1.3.1995 auf übertarifliche Zulagen.
  • bei 1 Mitarbeiter erfolgt diese Anrechnung ebenfalls leistungsbezogen mit der Hälfte des sich aus der Tariferhöhung ab 1.3.95 ergebenden Betragen.
  • alle anderen Mitarbeiter erhalten ihre Tariferhöhung ab 1.3.95 in voller Höhe ausgezahlt.

Diese Betriebsvereinbarung ist eine einmalige Regelung für die Laufzeit der Tariferhöhung 1995. Sollte es in der Zukunft vergleichbare Sachverhalte geben, werden Geschäftsleitung und Betriebsrat darüber neu verhandeln, um eine praxisorientierte leistungsgerechte Regelung zu finden.

… den 6.4.1995

Geschäftsleitung

Betriebsratsvorsitzender

Die Namen der betroffenen Mitarbeiter sind Inhalt einer vertraulichen Anlage zu dieser Betriebsvereinbarung, die Geschäftsleitung und Betriebsrat vorliegen.

Der Kläger ist der Auffassung, die genannte Betriebsvereinbarung sei ihrem Inhalt nach rechtswidrig und im übrigen fehlerhaft zustande gekommen. Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß er als Betriebsratsmitglied der Verschwiegenheit unterliege, erklärt der Kläger, zunächst von weiterem Sachvortrag absehen zu wollen. Weiter ist der Kläger der Auffassung, die ungleichmäßige Anrechnung von Zulagen verstoße gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, ohne daß ein sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung der Beschäftigten erkennbar sei.

Soweit die Beklagte die unterschiedliche Anrechnung der Zulage auf Leistungsgesichtspunkte stützen will, hält der Kläger dies für unbegründet. Insbesondere treffe es nicht zu, daß bei Abschluß der Betriebsvereinbarung Nr. 22 ein Vergleich zwischen dem Kläger und der Person des Herrn … vorgenommen worden sei. Erst nachträglich wolle die Beklagte durch ein „Loblied auf Herrn …” versuchen, die vorgenommene Differenzierung zu rechtfertigen. Schon aufgrund der wesentlich kürzeren Betriebszugehörigkeit des Herrn … verbiete sich ein Vergleich mit der Person des Klägers, von einem Nachlassen der Arbeitsleistung könne keine Rede sein. Soweit die Beklagte auf gesundheitliche Beschwerden des Klägers verweise, gingen diese auf belastende Arbeitsbedingungen zurück. Nach wie vor erbringe der Kläger in vollem Umfang die geschuldete Arbeitsleistung, so daß hierin kein Ansatzpunkt für die Zulagenkürzung gesehen werden werden könne. Vielmehr gehe es der Beklagten offenbar allein darum, d...

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