Nachgehend

BAG (Urteil vom 30.06.1988; Aktenzeichen 2 AZR 71/88)

 

Tenor

1. Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis nicht durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 7.1.86 vor dem 30.6.86 aufgelöst worden ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 17.754,99 DM brutto (i.W. siebzehntausendsiebenhundertvierundfünfzig 99/100 Deutsche Mark) abzüglich vom Arbeitsamt gezahlter 6.460,– DM netto nebst 4 % Zinsen seit dem 25.7.86 zu zahlen.

3. Die Entscheidung im übrigen und hinsichtlich der Kosten bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.

4. Der Streitwert des Teilurteils wird auf 17.894,99 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger wurde seit dem 1.10.85 aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages vom 12.9.85 von der Beklagten zur Bewachung des Bundeswehrobjektes Eft-Heilendorf eingesetzt. Seit dem 28.5.85 bis unmittelbar zuvor arbeitete der Kläger als Wachmahn für dasselbe Objekt beim Wachdienst Rheinland-Westfalen. Er verdiente bei der Beklagten durchschnittlich 3.350,– DM brutto monatlich. Die Beklagte ist nicht im Bundesverband Deutscher Nach- und Sicherheitsunternehmen eV organisiert.

Nr. 16 des schriftlichen Arbeitsvertrages der Parteien lautet:

„Ergänzend zu den vorstehenden Regelungen gelten die jeweils gültigen Tarifverträge, abgeschlossen zwischen dem Zentralverband des Deutschen Bewachungsgewerbes und der ÖTV, Bezirksverwaltung Saarland. Diese Verträge gelten auch in den Fällen, in denen in diesem Vertrag auf einen Tarifvertrag Bezug genommen wird.”.

Am 27.12.85 wurde der Kläger zum Mitglied des Wahlvorstandes bestellt, der eine Betriebsratswahl bei der Wacheinhat der Beklagten des Objekt Eft-Hellendorf einleiten sollte.

Zum 30.6.86 wurde der Beklagten der Bewachungsauftrag entzogen. Die dem Kläger zu diesem Zeitpunkt ausgesprochene Kündigung greift er mit der vorliegenden Klage nicht an.

Mit Schreiben vom 7.1.86, dem Kläger am 8.1.86 zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis „zum nächstzulässigen Termin”. Sie berechnete die Kündigungsfrist mit 14 Tagen. Danach setzte sie ihn nicht mehr zu Bewachungsaufgaben ein und zahlte keinen Lohn mehr. Das Arbeitsamt gewährte dem Kläger bis zum 30.6.86 6.460,– DM Arbeitslosengeld.

Der Kläger hält die Kündigung wegen Verstoßes gegen §§ 1 Abs. 1 und 15 KSchG für sozial ungerechtfertigt. Er meint, das Kündigungsschutzgesetz finde auf ihn nach § 14 Abs. 1 des MTV für gewerbliche Arbeitnehmer des Bewachungsgewerbes vom 29.4.86/§ 1 Abs. 1 KSchG Anwendung und nach § 14 Abs. 3 MTV habe die Beklagte die Kündigungsfrist zu kurz bemessen. Er behauptet, ein Vorarbeitgeber sei Mitglied des Bundesverbandes Deutscher Nach- und Sicherheitsunternehmen e.V. gewesen. Er meint die Wahlvorstandswahl sei wirksam.

Er verlangt u.a. den Lohnausfall für die Zeit vom 23.1. bis 30.6.86 und läßt sich die Leistungen des Arbeitsamtes anrechnen.

Er stellt den Antrag,

  1. festzustellen, daß die Kündigung der Beklagten vom 7.1.86 unwirksam sei und das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weiterhin fortbestehe,
  2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 17.907,47 DM brutto und 285,– DM netto abzüglich der Zahlungen des Arbeitsamtes in Höhe von 6.460,– DM netto nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Sie meint, auf das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger finde das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung, weil er noch keine 6 Monate bei der Beklagten beschäftigt gewesen sei. Der Manteltarifvertrag finde mangels Tarifgebundenheit der Beklagten keine Anwendung. § 14 Abs. 1 MTV beziehe sich zudem nur auf die in § 14 Abs. 3 MTV geregelte Kündigungsfrist. Sie bestreitet mit Nichtwissen, ob der Vorarbeitgeber des Klägers organisiert gewesen sei. Ein Schutz des Klägers nach § 15 KSchG entfalle, weil die Bestellung des Wahl Vorstandes unwirksam sei.

Die Beklagte begründet die Kündigung:

  1. Der Kläger habe Forderungen (neue Winterkleidung, Zulagen für Hundefutter) von der Beklagten verlangt aber nicht erhalten. Daraufhin sei er am 8. und 18.12.1985 unentschuldigt der Arbeit ferngeblieben.
  2. Der Kläger habe seine Kollegen aufgefordert, krankzumachen, damit die Vorfirma wieder den Wachauftrag erhielte.

Der Kläger bestreitet die von der Beklagten behaupteten Kündigungssachverhalte.

Wegen des übrigen Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, der Sitzungsprotokolle, sowie der zu den Akten gereichten Unterlagen dieses sowie der Parallelverfahren (1 Ca 229/86, 1 Ca 67/86, 1 Ca 63/86) nach § 313 Abs. 2 ZPO Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Kündigungsschutzklage ist begründet.

Die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 7.1.86 ist nach § 1 KSchG sozial ungerechtfertigt und daher unwirksam. Die von der Beklagten vorgetragenen Kündigungsgründe sind unschlüssig. Weitere Auflösungstatbestände, die das Arbeitsverhältnis vor dem 30.6.86 hätten beenden können, sind nicht vorgetragen.

1. Der Klageantrag vom 16.1.86 ist so auszulegen, daß die Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses über den 30.6.86 hinaus nicht verlangt wird.

Der Kläger begehrt...

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