Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. BetrVG bei der Eingruppierung nach dem ERA-TV Nordwürttemberg/Nordbaden

 

Leitsatz (amtlich)

Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gem. § 99 Abs. 1 BetrVG bei Ein- und Umgruppierungen ist ein Mitbeurteilungsrecht. Das Einstufungsverfahren nach dem ERA-TV nimmt mit der Einstufung der beschriebenen Arbeitsaufgaben den mitbestimmungspflichtigen Eingruppierungsvorgang (Beurteilungsvorgang) vorweg. Der Betriebsrat ist insoweit durch eine tariflich geschaffene Betriebsverfassung in den Beurteilungsprozess eingebunden. Dies haben auch die Tarifvertragsparteien übereinstimmend in der Protokollnotiz zu § 9.1 ERA-TV erkannt.

Mit Zuweisung einer Arbeitsaufgabe durch den Arbeitgeber ergibt sich das Arbeitsentgelt des betroffenen Arbeitnehmers sodann aus der (bereits abgeschlossenen) Einstufung der Arbeitsaufgabe. Eines (erneuten) mitbestimmungspflichtigen Bewertungsaktes bedarf es daher nicht mehr.

Soweit dem Betriebsrat bei Zuweisung der Arbeitsaufgabe gem. § 9.2 ERA-TV der Einstufungsvorgang mitzuteilen ist, findet keine Beurteilung mehr statt. Diese Mitteilung dient alleine der Transparenz und der Verschaffung von Tatsachengrundlagen für ein etwaiges Reklamationsverfahren gem. § 10 ERA-TV.

 

Tenor

1. Die Zustimmung des Antragsgegners zur Versetzung des Arbeitnehmers Herrn G.V. von der Kostenstelle 458 in die Kostenstelle 482 als Teamwerker ab dem 01.12.2007 gilt als erteilt.

2. Der Gegenantrag der Antragsgegnerseite wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

A:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Zustimmung des Antragsgegners hinsichtlich einer Versetzungsmaßnahme als erteilt gilt, hilfsweise über eine Zustimmungsersetzung und über die Feststellung, dass eine vorläufige personelle Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war. Im Rahmen eines Gegenantrags streiten die Beteiligten darüber, ob die Antragstellerin verpflichtet ist, sich die Zustimmung beim Antragsgegner über die Ein- oder Umgruppierung einzuholen, bzw. hilfsweise das Zustimmungsersetzungsverfahren einzuleiten.

Die Antragstellerin beschäftigt in ihrem Betrieb am Standort Bietigheim-Bissingen ca. 640 Mitarbeiter. Der Antragsgegner ist der in diesem Betrieb gebildete Betriebsrat, welcher aus 11 Mitgliedern besteht.

Die Antragstellerin unterrichtete den Antragsgegner mit Veränderungsmeldung vom 17.11.2007, beim Antragsgegner eingegangen am 21.11.2007, über ihre Absicht, den Arbeitnehmer Herr G. V. ab 01.12.2007 von der Kostenstelle 458 in die Kostenstelle 482 zu versetzen. In der Kostenstelle 458 (Getriebebaugruppe) war Herr V. beschäftigt als Monteur (Teamwerker) mit der Montage von Einzelmodulen. Als neue Arbeitsstelle war vorgesehen die Bedienung einer Sensoranlage, ebenfalls als Teamwerker. Die Anlage muss an diesem Arbeitsplatz gerüstet und überwacht werden. Kleinere Störungen sind zu beheben. Die Antragstellerin teilte dem Antragsgegner die maßgeblichen Sozialdaten mit. Mitgeteilt wurde im Übrigen, dass die bisherige Arbeitsaufgabe der Einstufung gem. ZFLS Nr. 31 unterfiel, was der (Ziel-) Entgeltgruppe 4 mit einer Entwicklungsstufe entsprach. Die neue Arbeitsaufgabe wurde ebenfalls mit der ZFLS Nr. 31 mitgeteilt, was nunmehr der (erreichten) (Ziel-) Entgeltgruppe 4 ohne Entwicklungsstufe entspricht. Auf den Inhalt der Veränderungsmeldung wird Bezug genommen.

Der Antragsgegner verweigerte die Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung mit Schreiben vom 26.11.2007, der Antragstellerin zugegangen am 28.11.2007. Der Antragsgegner begründete seine Zustimmungsverweigerung unter Benennung von § 99 Abs. 2 Ziff. 1 und 4 BetrVG und führte im Wesentlichen aus, er halte die Veränderungsmeldung für unvollständig ausgefüllt. Er beanstandete, dass die konkrete Höhe des Herrn V. zustehenden Geldbetrages nicht mitgeteilt wurde und vertrat die Ansicht, die Antragstellerin sei ihrer Informationspflicht nicht nachgekommen, weshalb der Antragsgegner nicht in der Lage sei, die Auswirkungen auf die Kollegen zu bewerten. Außerdem „widersprach” der Antragsgegner auch der Eingruppierung und machte geltend, gem. dem Entgeltrahmentarifvertrag für Beschäftigte in der Metall- und Elekrotindustrie in Baden-Württemberg (ERA-TV) müsse eine höhere Eingruppierung erfolgen. Auf den Inhalt der Zustimmungsverweigerung im Einzelnen wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 29.11.2007 teilte die Antragstellerin dem Antragsgegner mit, die Versetzung im Rahmen einer vorläufigen personellen Maßnahme ab 01.12.2007 durchzuführen. Der Antragsgegner widersprach mit Schreiben vom 03.12.2007, der Antragstellerin zugegangen am 04.12.2007, der von der Antragstellerin angenommenen dringenden Erforderlichkeit aus sachlichen Gründen.

Mit Antragschrift vom 06.12.2007, bei Gericht eingegangen am 06.12.2007 machte die Antragstellerin die hier streitigen Anträge anhängig.

Die Antragstellerin bestreitet die Ordnungsgemäßheit der Beschlussfassung des Antragsgegners bezogen auf den Beschluss zur Zustimmungsverweigerung.

Außerdem ist die Antr...

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