Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfall des Anspruchs auf Korrektur eines Arbeitszeitkontos vor Schließung des Kontos. Verbandsaustritt des Arbeitgebers während der Einführungsphase des ERA-Tarifvertrags Baden-Württemberg
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsvertragsverhältnis die zwischen dem Verband der Metallindustrie Baden-Württemberg e. V., Stuttgart und der Industriegewerkschaft Metall, Bezirk Baden-Württemberg, Bezirksleitung Baden-Württemberg bzw. Bezirksleitung Stuttgart für die Beschäftigten in der Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden abgeschlossenen Tarifverträge, soweit diese vor dem 01.01.2006 zwischen den Tarifvertragsparteien abgeschlossen wurden, Anwendung finden.
2. Es wird festgestellt, dass die Soll-Arbeitszeit des Klägers ab dem 01.01.2006 35 Stunden pro Woche beträgt.
3. Die Beklagte wird verurteilt, das Arbeitszeitkonto des Klägers ab dem 01.01.2006 so zu führen, dass der wöchentlichen Sollarbeitszeit 35 Arbeitsstunden zugrundegelegt werden und die Arbeitszeit, die der Kläger über 35 Stunden wöchentlich geleistet hat und künftig leisten wird, dem Arbeitszeitkonto des Klägers gutgeschrieben wird.
4. Die Beklagte wird verurteilt, dem Arbeitszeitkonto des Klägers für den Zeitraum vom 01.01.2006 bis zum 02.11.2007 420 Stunden gutzuschreiben.
5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 411,55 brutto nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich ab dem 01.08.2007 zu bezahlen.
6. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
7. Der Streitwert wird auf 16.350,05 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger weiterhin die Anwendung der für die Beschäftigten in der Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden vor dem 01.01.2006 abgeschlossenen Tarifverträge verlangen kann, nachdem die Beklagte zum 31.12.2005 aus dem tarifschließenden Arbeitgeberverband ausgetreten ist.
Der am 00.00.1957 geborene Kläger ist seit dem 20.01.1997 bei der Beklagten zuletzt gegen einen Bruttomonatsvergütungsanspruch in Höhe von 1.969,14 EUR monatlich beschäftigt. Der Kläger ist seit dem 01.05.2005 Mitglied der IG-Metall.
Die Beklagte war bis zum 31.12.2005 Mitglied beim Arbeitgeberverband Südwestmetall. Darüber hinaus hatte die Beklagte mit den bei ihr beschäftigten Arbeitnehmern Arbeitsverträge – so auch mit dem Kläger – abgeschlossen, in denen sich eine Bezugnahme auf die Tarifverträge für die Beschäftigten in der Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden aufgenommen hat.
Nicht im Sinne tatbestandlicher Feststellungen, sondern zum besseren Verständnis ist auf Folgendes hinzuweisen:
Am 16.09.2003 haben die Tarifvertragsparteien den Einführungstarifvertrag zum ERA-Tarifvertrag (ETV-ERA) abgeschlossen, welcher zum 01.10.2003 in Kraft trat. Dieser regelt in § 2 den sogenannten Einführungszeitraum und hat folgenden Wortlaut:
„2.1 |
Tarifliche Stichtage |
|
|
2.1.1 |
Während einer Vorbereitungsphase können die Betriebsparteien die sachlichen Voraussetzungen für die betriebliche Einführung des ERA-TV schaffen. |
|
|
2.1.2 |
Der Vorbereitungsphase schließt sich eine Einführungsphase von 3 Jahren an. Der Beginn der Einführungsphase setzt voraus, dass das ERA-Strukturvolumen von 2,79 % zur Verfügung steht, d. h. die letzte ERA-Strukturkomponente wirksam geworden ist. In dieser Phase können die Betriebe den ERA-TV stichtagsbezogen einführen. Der ERA-TV ersetzt zum Stichtag im Betrieb die entsprechenden Bestimmungen der bestehenden Tarifverträge (§ 24 ERA-TV). |
|
|
|
Vor der Einführungsphase kann der ERA-TV nur mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien eingeführt werden. |
|
Protokollnotiz: Beginn und Ende der Einführungsphase werden bei Vereinbarung der letzten ERA-Strukturkomponente festgelegt. |
|
|
|
(Hinweis: Im Rahmen der Tarifrunde 2004 wurde diese Einführungsphase auf die Zeit 01. März 2005 bis zum 29. Februar 2008 festgelegt). |
|
|
2.1.3 |
Im Anschluss an die Einführungsphase gilt der ERA-TV verbindlich für alle Betriebe. Mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien kann der ERA-TV betrieblich auch bis 12 Monate nach diesem Zeitpunkt einführt werden. |
…”
Zeitgleich haben die Tarifvertragsparteien den Entgeltrahmentarifvertrag (ERA-TV) abgeschlossen. Am 29.09.2004 haben die Tarifvertragsparteien den Tarifvertrag zum Bruttoaufstockungsmodell Altersteilzeit (TV-BA) und am 01.03.2005 den Tarifvertrag ERA-Anpassungsfond (TV-ERA-AnpF) abgeschlossen.
Am 14.06.2005 sind sodann folgende weitere Tarifverträge zwischen den Tarifvertragsparteien vereinbart worden:
Der Manteltarifvertrag für die Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie (zukünftig: MTV-ERA)
Dieser enthält in § 21 folgende Regelung:
„In § 21 Inkrafttreten, Außerkrafttreten und Kündigung des Tarifvertrages
21.1 |
Dieser Tarifvertrag tritt mit Beginn der Einführungsphase gemäß § 2.1.2 des Tarifvertrages zur Einführung des ERA-TV (ETV-ERA) in Kraft. Während dieser Einführungsphase gelten die Vorschriften dieses Tarifvertrages nur in den Betrieben, die ihn gemäß § 2.1.2 ETV ERA stichtagsbezogen eingefü... |