Entscheidungsstichwort (Thema)
Große Ausgleichsklausel im gerichtlichen Vergleich. Anspruch des Arbeitgebers auf Rückgabe des Firmenwagens. Abgeltungsklausel. Ausgleichsklausel. Dienstwagen. Firmenwagen. Herausgabe. Rückgabe. Vergleich
Leitsatz (amtlich)
Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien die Überlassung eines Dienstwagens an den Arbeitnehmer und seine Rückgabe bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses an den Arbeitgeber, so wird diese Rückgabepflicht – vorbehaltlich besonderer Anhaltspunkte im Einzelfall – nicht von einer Ausgleichsklausel erfaßt, die die Parteien im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses noch vor Ablauf der Kündigungsfrist in einen Beendigungsvergleich gem. § 278 Abs. 6 ZPO aufnehmen.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Der Streitwert wird auf 15.000,– EUR festgesetzt.
4. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Herausgabe eines Kraftfahrzeugs.
Der Kläger war bei der Beklagten vom 01.06.2005 bis 31.12.2009 als Verkäufer im Außendienst beschäftigt. § 4 seines Arbeitsvertrages lautet auszugsweise wie folgt:
„Herrn A. wird zur Kundenbetreuung ein adäquater Firmenwagen zur Verfügung gestellt …. Der Pkw steht ihm auch zur privaten Nutzung zur Verfügung …. Im Falle einer Kündigung ist der Firmenwagen mit dem letzten Arbeitstag bzw. dem Tag der Freistellung ohne Zahlung eines finanziellen Ausgleiches am Hauptsitz C-Stadt abzugeben.”
Mit Schreiben vom 29.10.2009 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31.12.2009. Das Schreiben enthält unter anderem folgenden Passus:
„Der Firmenwagen steht Ihnen bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zur Verfügung. Der Firmenwagen ist unverzüglich mit dem Ende des Arbeitsvertrages im ordnungsgemäßen Zustand und mit allen Papieren und Schlüsseln am Sitz der Gesellschaft zurückzugeben.”
Am 10.12.2009 schlossen die Parteien vor dem Arbeitsgericht C-Stadt-V einen am 18.12.2009 bestandskräftig gewordenen Vergleich gem. § 278 Abs. 6 ZPO, der unter Ziffer 5. folgende Regelung enthält:
„Mit diesem Vergleich sind sämtliche weiteren wechselseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung, gleich aus welchem Rechtsgrund, ob bekannt oder unbekannt, sowie der Rechtsstreit 9 Ca 9494/09 erledigt.”
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verweigerte der Kläger die Herausgabe seines Dienstwagens unter Berufung auf die im Vergleich enthaltene Ausgleichsklausel. Nachdem ihm die Beklagte mit der Erstattung einer Strafanzeige gedroht hatte, gab er ihr den Wagen am 04.02.2010 ohne Anerkennung einer Rechtspflicht zurück. Mit der vorliegenden, im April 2012 erhobenen Klage verfolgt er sein Herausgabeverlangen gerichtlich weiter.
Der Kläger vertritt die Ansicht, die in dem gerichtlichen Vergleich enthaltene Ausgleichsklausel erfasse auch den seinerzeitigen Anspruch der Beklagten auf Rückgabe des Firmenwagens. Dass sie als Leasingnehmer zu dessen Herausgabe an den Leasinggeber verpflichtet sei, könne nicht zu seinen Lasten gehen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn das Kraftfahrzeug Citroën C5 Kombi, amtliches Kennzeichen: …, herauszugeben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie vertritt die Ansicht, etwaige Ansprüche des Klägers seien verwirkt. Zudem habe sie ihm zu keiner Zeit Eigentum oder ein Nutzungsrecht an dem Wagen über die Dauer des Leasingvertrages hinaus einräumen dürfen. Die Übertragung solcher Rechte hätte einer eindeutigen positiven Regelung bedurft, zumal der Kläger gewusst habe, dass sie den Wagen nur geleast habe. Im übrigen habe sie den Wagen an den Leasinggeber zurückgegeben, welcher ihn am 17.12.2011 weiterverkauft habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
A.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht kein Herausgabeanspruch gegen die Beklagte zu.
1. Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass der Vergleich eine sog. große Ausgleichsklausel in Bezug auf „sämtliche” Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis beinhaltet und Ausgleichsklauseln in gerichtlichen Vergleichen grundsätzlich weit auszulegen sind. Insofern ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 31.07.2002 NZA 2003, 100, 102 f.; 19.11.2003 AP Nr. 50 zu § 611 BGB Konkurrenzklausel; 08.03.2006 NZA 2006, 854, 856 f.; 11.10.2006 AP Nr. 9 zu § 5 EFZG) der Umfang einer Ausgleichsklausel durch Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Danach ist der in der auszulegenden Erklärung verkörperte maßgebliche Wille der Parteien festzustellen. Falls dies nicht möglich ist, sind die wechselseitigen Erklärungen der Parteien jeweils aus Sicht des Erklärungsempfängers so auszulegen, wie dieser sie nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen durfte und musste. Diese Auslegung hat ausgehend vom Wortlaut sämtliche den Parteien erkennbaren Begleitumstände, die für den Erklärungsinhalt von Bedeutung sein können, zu berücksichtigen, wie etwa die Entstehun...