Tenor
1. Die Klage wird als derzeit unbegründet abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf DM 315,– festgesetzt.
4. Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der monatlichen tariflichen Reisekostenpauschvergütung, die der Kläger für die Monate September 1997 bis Mai 1998 geltend macht.
Der am 19.05.1941 geborene Kläger ist seit 1977 bei der Beklagten als Kolonnenarbeiter beschäftigt.
Die Parteien sind tarifgebunden. Auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien findet der Manteltarifvertrag für die Arbeiter/Innen der Länder vom 06.12.1995 (MTL II) Anwendung.
Gemäß § 38 Abs. 1 a MTL II sind für die Erstattung von Auslagen für Dienstreisen und Dienstgänge die für die Beamten des Arbeitgebers geltenden Bestimmungen sinngemäß anzuwenden. Gemäß Nr. 11 Abs. 6 SR 2 a zu § 38 MTL II werden die Ansprüche u.a. der Kolonnenarbeiter auf Reisekostenvergütungen für Dienstreisen und Dienstfahrten einschließlich Zehrgeld durch eine monatliche Pauschalvergütung abgegolten. Diese beträgt nach Satz 2 der Nr. 11 Abs. 6 SR 2 a das Fünffache des vollen Tagegeldes der Reisekostenstufe A. Dieses Tagegeld betrug bis zum 31.08.1997 DM 25,– gemäß § 9 des Landesreisekostengesetz in der bis 31.08.1997 geltenden Fassung.
Aufgrund des Gesetzes vom 21.07.1997 wurde u.a. § 9 des Landesreisekostengesetzes geändert. Dieser heißt nunmehr:
„Die Höhe des Tagegeldes zur Abgeltung der Mehraufwendungen für Verpflegung bei Dienstreisen bestimmt sich nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 des Einkommenssteuergesetzes”.
§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 des EStG lautet:
„Wird der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, ist für jeden Kalendertag, an dem der Steuerpflichtige wegen dieser vorübergehenden Tätigkeit von seiner Wohnung und seinem Tätigkeitsmittelpunkt
- 24 Stunden abwesend ist, ein Pauschbetrag von 46 DM,
- weniger als 24 Stunden, aber mindestens 14 Stunden abwesend ist, ein Pauschbetrag von 20 DM,
- weniger als 14 Stunden, aber mindestens 8 Stunden abwesend ist, ein Pauschbetrag von 10 DM abzuziehen, eine Tätigkeit …
Mit Erlaß des Finanzministeriums Baden-Württemberg vom 21.08.1997 AZ 1–0352.2–01/1 (vgl Abl. 24) erfolgte eine Festsetzung der Reisekostenpauschale auf DM 90,– monatlich. Das Finanzministerium legte dabei eine Bezugsgröße von DM 18,– zugrunde. Das Fünffache hiervon (DM 90,–) zahlte das beklagte Land ab 01.09.1997 an den Kläger aus.
Der Kläger ist der Meinung, die tarifliche Bemessungsgrundlage wirke gemäß § 4 Abs. 5 TVG solange nach, bis eine neue Regelung durch die Tarifvertragsparteien getroffen worden sei. Er habe deshalb Anspruch auf die Differenz in Höhe von DM 35,– monatlich. Diesen Differenzbetrag macht der Kläger für den Zeitraum von September 1997 bis Mai 1998 geltend.
Der Kläger beantragt,
das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger DM 315,– brutto zzgl. 4 % Zinsen seit dem jeweiligen Fälligkeitstag auf den entsprechenden Nettobetrag zu bezahlen.
Das beklagte Land beantragt,
Klagabweisung
und stellt den Antrag,
die Sprungrevision zuzulassen.
Das beklagte Land ist der Meinung, es liege eine unbewußte Regelungslücke vor, die die Gerichte für Arbeitssachen nicht schließen könnten. Die Klage sei deshalb unbegründet.
Zur Ergänzung wird auf die schriftsätzlichen Vorträge der Parteien nebst Anlagen, auf die sie in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer bezug genommen haben, verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Klage ist derzeit nicht begründet.
1. Die Klage ist zulässig.
a) Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG zulässig. Das Arbeitsgericht Ulm ist gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 495, 29 ZPO zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits örtlich zuständig.
b) Der Streitgegenstand der geltend gemachten Forderung ist hinreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Ziffer 2 ZPO. Der Kläger begehrt für die konkret benannten Monate September 1997 bis Mai 1998 je einschließlich die Differenz zwischen der Bruttoreisekostenpauschale gemäß den bisherigen Zahlungen durch das beklagte Land (DM 125,– brutto monatlich) und der in den genannten Monaten von der Beklagten tatsächlich vergüteten monatlichen Reisekostenpauschale in Höhe von DM 90,– brutto. Danach macht der Kläger für konkrete Monate eine Vergütungsdifferenz geltend, weshalb nicht von einer unzulässigen versteckten Teilklage auszugehen ist (vgl. zur Frage der hinreichenden Bestimmtheit des Streitgegenstandes bei Differenzlohnforderungen BAG AP Nr. 5 zu § 1 TVG).
2. Die Klage ist jedoch derzeit nicht begründet.
a) Tarifverträge sind von der Wirkung her Rechtsnormen, § 1 Abs. 1 TVG. Als Rechtsnormen sind die Regelungen in Tarifverträgen den Gesetzen gleichgestellt, Art. 2 EGBGB, § 12 EGZPO. Tarifverträge sind wie Gesetze auszulegen (BAG AP Nrn. 121, 135 zu § 1 TVG „Auslegung”). Gegenstand der Auslegung von Tarifnormen ist deren gesamter Inhalt. Ziel dieser Auslegu...