Tenor

Die Zustimmung der Antragsgegnerin zu folgender Vereinbarung wird ersetzt:

„Im Einverständnis der Antragsgegnerin beauftragt der Antragsteller Herrn Rechtsanwalt … der gutachterlichen Beratung des Antragstellers zu den im Zusammenhang mit der Schließung des Betriebes stehenden Möglichkeiten und insbesondere der Beratung des Antragstellers während der Verhandlung über den Abschluß eines Interessenausgleichs und Sozialplans. Dem beauftragten Sachverständigen wird eine Vergütung in Höhe von 250,00 DM/Std., jedoch für nicht mehr als 20 Stunden, zugesagt.”

 

Tatbestand

I.

Die Antragsgegnerin betreibt ein Unternehmen des Großhandels mit insgesamt 130 Arbeitnehmern. Antragsteller ist der fünfköpfige Betriebsrat im Betrieb der Antragsgegnerin.

Am 11.04.1997 stellte die Geschäftsführung der Antragsgegnerin Konkursantrag beim zuständigen Konkursgericht. Am 16.04.1997 wurde ein allgemeines Veräußerungsverbot sowie die Sequestration angeordnet. Mit Schreiben vom 05.05.1997 teilte der Sequester dem Antragsteller mit, daß die Fortführung des Unternehmens nicht in Betracht komme, allen Arbeitnehmern müßte gekündigt werden und der Betriebsrat werde aufgefordert zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Interessenausgleich und den Abschluß eines Sozialplanes. Dieses Schreiben ist dem Betriebsrat am 06.05.1997 zugegangen. Am selben Tag faßte er den Beschluß, Rechtsanwalt … als Sachverständigen gemäß § 80 Abs. 3 Betriebsverfassungsgesetz hinzuzuziehen. Mit Schreiben vom 07.05.1997 teilte er dem Sequester dies mit. Der Sequester lehnte die Hinzuziehung des Sachverständigen ab.

Der Vorsitzende des Antragstellers, der erstmals 1994 in den Betriebsrat gewählt wurde, hat eidesstattlich versichert, daß weder er noch ein anderes Betriebsratsmitglied über die erforderlichen Kenntnisse für Verhandlungen über einen Interessenausgleich oder Sozialplan verfüge.

Der Antragsteller beantragt,

die Zustimmung der Antragsgegnerin zu folgender Vereinbarung zu ersetzen:

„Im Einverständnis der Antragsgegnerin beauftragt der Antragsteller Herrn Rechtsanwalt … mit der gutachterlichen Beratung des Antragstellers zu den im Zusammenhang mit der Schließung des Betriebes stehenden Möglichkeiten und insbesondere der Beratung des Antragstellers während der Verhandlungen über den Abschluß eines Interessenausgleichs und Sozialplans. Dem beauftragten Sachverständigen wird eine Vergütung in Höhe von 250,00 DM je Stunde, jedoch für nicht mehr als 20 Stunden zugesagt.”

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Der Antragsgegnerin wurde der Antrag mit Beschluß vom 21.05.1997 zugestellt.

Zur Ergänzung des Sachvortrages wird auf den Akteninhalt und das Protokoll zur mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Dem Antrag war stattzugeben, da ein Verfügungsanspruch und ein Verfügungsgrund gemäß §§ 935, 940 ZPO vorliegen.

Gemäß § 80 Abs. 3 Betriebsverfassungsgesetz steht dem Betriebsrat das Recht zu, bei der Durchführung seiner Aufgaben nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber einen Sachverständigen hinzuzuziehen, soweit dies zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. In der Vereinbarung sind das Thema, zu dem der Sachverständige gehört werden soll, die voraussichtlichen Kosten und die Person des Sachverständigen festzulegen (vgl. BAG AP Nr. 35 zu § 80 BetrVG 1972). Kommt es nicht zu einer solchen Vereinbarung, so kann bei Erforderlichkeit das Arbeitsgericht im Beschlußverfahren die Zustimmung des Arbeitgebers ersetzen (vgl. BAG AP Nr. 11 zu § 80 BetrVG 1972). Die Hinzuziehung eines Sachverständigen ist nur dann erforderlich, wenn der Betriebsrat sich das erforderliche Wissen nur durch einen Sachverständigen zur Erfüllung seiner Aufgaben verschaffen kann (vgl. Schaub, § 233 III/1).

Die Hinzuziehung eines Sachverständigen ist im Streitfall erforderlich, da die Mitglieder des Betriebsrates nicht über die erforderlichen Kenntnisse verfügen und sich auch nicht auf andere Weise diese Kenntnisse, z.B. durch betriebliche Informationsquellen verschaffen können. Auch die vom Vorsitzenden des Antragstellers eingeschaltete Gewerkschaft hat eine Übernahme des Verfahrens abgelehnt. Im Streitfall handelt es sich um eine tatsächlich und rechtlich schwierige Thematik, bei der der Betriebsrat nur als gleichwertiger Verhandlungspartner gegenüber dem Sequester auftreten kann, wenn er durch einen entsprechenden Sachverständigen unterstützt wird.

Es besteht auch ein Verfügungsgrund. Die Mitwirkungsrechte des Antragstellers werden entwertet, wenn das Hauptsachverfahren abgewartet werden muß. Im Hinblick auf die gesetzliche Neuregelung des § 113 Abs. 3 BetrVG und § 120 Insolvenzordnung, insbesondere § 122 Insolvenzordnung ergibt sich die Eilbedürftigkeit. Danach kann innerhalb von 3 Wochen nach Verhandlungsbeginn oder schriftlicher Aufforderung zur Aufnahme von Verhandlungen die Zustimmung zur Betriebsänderung beantragt werden, wenn ein Interessenausgleich nicht zustandegekommen ist.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1081252

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