rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweilige Verfügungen im Beschlußverfahren. Herausgabe bzw. Einsicht in ein Wirtschaftsgutachten

 

Leitsatz (amtlich)

Einstweilige Verfügungen sind auch im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren (§§ 80 ff ArbG) zulässig (§ 85 II ArbGG).

Für ihre Voraussetzungen gelten die Vorschrift der §§ 935 ff ZPO entsprechend. Eine Einstweilige Verfügung darf demnach nur dann erlassen werden, wenn ohne sie die Durchsetzung eines Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert würde (§ 935 ZPO) oder um den Rechtsfrieden zu sichern (§ 940 ZPO).

Einstweilige Verfügungen sind im Beschlußverfahren besonders strenge Anforderungen zu stellen. Dies gilt erst recht, wenn mit der beantragten Einstweiligen Verfügung das beanspruchte Recht – hier Herausgabe bzw. Einsicht in ein Wirtschaftsgutachten – bereits durchgesetzt würde, so daß eine endgültige Klärung im Hauptverfahren nicht mehr erfolgen kann.

 

Normenkette

ArbGG § 85 II; ZPO §§ 935, 940

 

Tenor

Die Anträge werden zurückgewiesen.

 

Gründe

Der Antragsteller ist der bei der beteiligten Firma gebildete Betriebsrat. Er begehrt mit den vorliegenden Anträgen, der Beteiligten zu 2) aufzugeben, ihm oder dem Wirtschaftsausschuß

das Gutachten der Firma … AG zum Projekt „Profil 90” auszuhändigen,

hilfsweise

ihm oder dem Wirtschaftsausschuß die Einsicht in das Gutachten der … AG zum Projekt „Profil 90” zu gestatten.

Bei der mündlichen Anhörung der Beteiligten stellte der Antragsteller entsprechende Anträge.

Die beteiligte Firma beantragte,

die Anträge zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Antragsschrift sowie die Erwiderung der beteiligten Firma verwiesen.

Die Anträge konnten keinen Erfolg haben.

Einstweilige Verfügungen sind auch im Beschlußverfahren zulässig (§ 85 II ArbGG). Für ihre Voraussetzungen gelten die Vorschriften der §§ 935 ff ZPO entsprechend. Eine einstweilige Verfügung kann demnach nur dann erlassen werden, wenn ohne sie die Durchsetzung eines Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert würde (§ 935 ZPO) oder um den Rechtsfrieden zu sichern (§ 940 ZPO). Gerade in Beschlußverfahren sind an einstweilige Verfügungen besonders strenge Anforderungen zu stellen; denn es handelt sich hier um Streitigkeiten zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, die gemäß § 2 I BetrVerfG zur vertrauensvollen Zusammenarbeit verpflichtet sind. Dies gilt erst recht, wenn – wie hier – mit der beantragten einstweiligen Verfügung das beanspruchte Recht bereits durchgesetzt wird, so daß eine endgültige Klärung im Hauptverfahren nicht mehr erfolgen kann.

Unter Anwendung dieser engen Zulässigkeitsvoraussetzungen ist im vorliegenden Fall kein Grund für eine einstweilige Verfügung gegeben; insbesondere fehlt es an der für die einstweilige Verfügung unerlässlichen Eilbedürftigkeit. Die beteiligte Firma hat vielmehr bei ihrer Anhörung im Kammertermin erklärt, bei dem herausverlangten Gutachten der … AG handele es sich um eine Schwachstellenanalyse, die unmittelbar keine Auswirkungen für ihre Mitarbeiter habe. Sollten Personalmaßnahmen erforderlich werden, werde sie die dem Antragsteller zukommenden Rechte aus dem BetrVerfG genau beachten.

Für die beantragte einstweilige Verfügung fehlt aber auch ein Verfügungsanspruch. Der Antragsteller begehrt für sich bzw. seinen Wirtschaftsausschuß die Überlassung, hilfsweise die Einsicht in das Gutachten der … AG. Damit nimmt er ein Recht in Anspruch, das ihm durch § 106 II BetrVerfG eingeräumt wird. Nach dieser Vorschrift hat der Unternehmer den bei ihm gebildeten Wirtschaftsausschuß über die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Unternehmens „unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen” rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Daß zu den dort genannten Unterlagen auch das Gutachten der … AG gehört, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Die beteiligte Firma verweigert dem Antragsteller die Einsicht in das Gutachten auch nicht in vollem Umfang, sondern nur insoweit, als dort Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse angesprochen sind. Für derartige Streitigkeiten sieht aber § 109 BetrVerfG eine eigenständige Regelung vor. Nach dieser Vorschrift hat die Einigungsstelle zu entscheiden, wenn die vollständige Auskunft unter Berufung auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse verweigert wird (Fitting-Auffahrt, BetrVerfG, 15. Auflage, § 109 Anm. 2 mit weiteren Nachweisen). Dieses Verfahren hat der Antragsteller ebenfalls eingeleitet, und zwar bereits am 10.02.1989 (Abl. Bl. 95 d. A.) und inzwischen beim erkennenden Gericht unter dem Aktenzeichen 1 BV 6/89 die Bestellung eines Vorsitzenden und die Festlegung der Zahl der Beisitzer beantragt. Dieses Verfahren wird zur gewünschten Klärung der zwischen den Beteiligten streitigen Fragen führen. Die Entscheidung der Einigungsstelle darf nicht durch ein beim Arbeitsgericht eingeleitetes Beschlußverfahren vorweggenommen werden.

Der Antragsteller kann sich für die geltend gemachten Ansprüche auch nicht auf andere Vorschriften des BetrVerfG berufen; denn derartige Ansprüche sind f...

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