Entscheidungsstichwort (Thema)
Reisekosten eines auswärtigen Rechtsanwalts
Leitsatz (amtlich)
Beauftragt eine außerhalb des Gerichtssitzes des Landesarbeitsgerichtes wohnende Partei ihren Rechtsanwalt erster Instanz auch mit der Vertretung in der Berufungsinstanz, so kann sie im Falle des Obsiegens grundsätzlich nur die Erstattung der Kosten verlangen, die einem am Sitz des Gerichts niedergelassenen Rechtsanwalt entstanden wären (§ 91 ZPO).
Fahrtkosten des bisherigen, im Bereich des erstinstanzlichen Gerichts ansässigen Rechtsanwalts zum Landesarbeitsgericht hat die unterlegene Partei jedoch dann zu übernehmen, wenn gewichtige Gründe für die Vertretung der Partei durch den erstinstanzlichen Rechtsanwalt auch vor dem Landesarbeitsgericht vorhanden sind, z. B. das Vorliegen eines besonderen Vertrauensverhältnisses und wenn durch dessen Beauftragung Reisekosten in etwa entsprechender Höhe zur Unterrichtung des Berufungsanwalts erspart worden sind
Normenkette
ZPO § 91
Tenor
wird die Erinnerung der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß des Rechtspflegers vom 24.09.1992 zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Die außergerichtlichen Kosten hat die Beklagte zu tragen.
Gründe
Die in Lahnau wohnende Klägerin hat gegen die Beklagte einen Kündigungsrechtsstreit geführt.
Die Klage war sowohl im erstinstanzlichen, als auch im zweitinstanzlichen Verfahren erfolgreich.
In dem Berufungstermin am 25.02.1992 war die Klägerin, wie auch bereits im Verfahren I. Instanz, durch die Wetzlarer Rechtsanwälte Kleymann, Karpenstein und Partner vertreten.
Auf Antrag der Klägervertreter hat der Rechtspfleger mit Kostenfestsetzungsbeschluß vom 24.09.1992 die von der Beklagten der Klägerin zu erstattenden außergerichtlichen Kosten für den Berufungsrechtszug auf insgesamt 570,57 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 10.03.1992 festgesetzt. In diesem Betrag ist für die Wahrnehmung des Berufungstermins durch die Klägervertreter ein Tage- und Abwesenheitsgeld in Höhe von 25 DM, sowie Reisekosten in Höhe von 58,50 DM nebst hierauf entfallende anteilige Mehrwertsteuer enthalten.
Die Beklagte hat mit Schreiben vom 05.10.1992 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß Erinnerung eingelegt.
Sie wendet sich gegen die Festsetzung der Mehrkosten, die durch das Auftreten eines Wetzlarer Rechtsanwalts vor dem Berufungsgericht in Frankfurt/M. entstanden sind, soweit diese eine Reisekostenpauschale in Höhe von 30 DM übersteigen.
Die Beklagte ist der Ansicht, der Klägerin sei zuzumuten gewesen, mit der Reisekostenpauschale einen am Ort des Prozeßgerichts zugelassenen und wohnhaften Rechtsanwalt, bei dem Reisekosten nicht angefallen wären, aufzusuchen und zu unterrichten.
Die Beklagte beantragt,
den Kostenfestsetzungsbeschluß dahin abzuändern, daß die in ihm enthaltenen Reisekosten in Höhe von 83,50 DM entfallen und stattdessen eine Reisekostenpauschale in Höhe von 30,00 DM zugebilligt wird, und zwar unter Berichtigung der Mehrwertsteuer.
Der Rechtspfleger hat am 16.10.1992 beschlossen, der Erinnerung nicht abzuhelfen und die Erinnerung dem zuständigen Richter vorzulegen.
Die gemäß § 104 III ZPO fristgerecht eingelegte Erinnerung ist nicht begründet.
Den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin sind die durch die Wahrnehmung des Berufungstermins entstandenen Reisekosten zu erstatten. Bei Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht findet § 91 ZPO uneingeschränkt Anwendung (Bader in GK-ArbGG, § 12a, Anm. III).
Die Vertretung der Klägerin vor dem Landesarbeitsgericht in Frankfurt/M. durch ihre in Wetzlar ansässigen Prozeßbevollmächtigten war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig im Sinne von § 91 II ZPO. Der Begriff der Notwendigkeit ist dabei nach der allgemeinen Verkehrsanschauung zu bestimmen (BAG, Urt. v. 12.10.1962, AP Nr. 27 zu § 91 ZPO; Bader, aaO, § 12a, Anm. III 1). Die Klägerin ist durch ihre Prozeßbevollmächtigten bereits im Verfahren I. Instanz vertreten worden. Sie hat sich dabei eines Rechtsanwaltsbüros bedient, welches in der Nähe ihres Wohnortes residiert und seinen Sitz am Ort des Gerichtes I. Instanz hat. Es bestand daher bereits ein gewisses Vertrauensverhältnis, das bei der Prüfung der „Notwendigkeit” nicht völlig außer Betracht bleiben kann, zumal der Grund, daß sie nach erfolgreichem Prozeß I. Instanz auch noch den Berufungsrechtszug durchführen mußte, nicht im Verantwortungsbereich der Klägerin zu suchen war.
Vorallem ist gerade in den Tatsacheninstanzen ein ständiger und gegebenenfalls kurzfristig möglicher Dialog zwischen der Partei und dem Prozeßbevollmächtigten wichtig (Tschischgale/Satzky, Das Kostenrecht in Arbeitssachen, 3. Aufl., S. 162), um auf etwaigen neuen Sachvortrag der Gegenseite angemessen reagieren zu können. Dies ist naturgemäß bei Beauftragung von in Wohnortnähe ansässigen Prozeßbevollmächtigten eher möglich.
Im arbeitsgerichtlichen Verfahren ist gemäß § 11 II 1 2. Halbsatz ArbGG jeder bei einem deutschen Gericht zugelassene Rechtsanwalt berechtigt, als Prozeßbevollmächtigter aufzutreten. Eine besondere Zulassung bei de...