Rz. 213
In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass der soziale Überbrückungszweck die Befristung eines Arbeitsvertrags etwa dann rechtfertigen kann, wenn der Arbeitgeber mit einem Arbeitnehmer im Anschluss an ein Ausbildungsverhältnis, an eine wirksame Kündigung oder an ein wirksam befristetes Arbeitsverhältnis zur Überwindung von Übergangsschwierigkeiten oder zur Verbesserung seiner Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch den Erwerb von Berufspraxis einen befristeten Arbeitsvertrag abschließt. Hinsichtlich der Erstanstellung im Anschluss an eine Berufsausbildung greift allerdings nunmehr in der Regel bereits der in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TzBfG geregelte Sachgrund ein.
Rz. 214
Voraussetzung für die Befristung aus sozialen Gründen ist, dass gerade die Berücksichtigung der sozialen Belange des Arbeitnehmers und nicht betriebliche Interessen für den Abschluss des Arbeitsvertrags maßgebend sind. Die sozialen Gründe müssen ausschlaggebend für den Abschluss des Arbeitsvertrags sein. Das ist der Fall, wenn es ohne den sozialen Überbrückungszweck überhaupt nicht zum Abschluss eines Arbeitsvertrags, auch keines befristeten Vertrags, gekommen wäre. Dies ist vom Arbeitgeber anhand konkreter und ggf. zu beweisender Tatsachen vorzutragen. Dabei steht allein die sinnvolle Beschäftigung des Arbeitnehmers während der Vertragslaufzeit der Annahme, dass der Arbeitsvertrag ohne den sozialen Überbrückungszweck nicht geschlossen worden wäre, nicht entgegen.
Rz. 215
Das BAG hat die Befristung wegen eines sozialen Überbrückungszwecks z. B. als gerechtfertigt angesehen bei der Beschäftigung von Vermessungsassessoren im Anschluss an ihre Staatsprüfung. Deren Einstellung wurde bei dem Land nur durch die Bereitstellung von Mitteln für ein Sonderprogramm zur Verhinderung von Jugendarbeitslosigkeit ermöglicht und die Assessoren wurden nicht mit Daueraufgaben beschäftigt, die ohnehin hätten bewältigt werden müssen, aber ohne den Einsatz der befristet Eingestellten nicht hätten erledigt werden können.
Auch die Befristung des Arbeitsvertrags mit einem vormaligen Beamten auf Widerruf kann wegen eines sozialen Überbrückungszwecks gerechtfertigt sein, wenn diesem damit Gelegenheit gegeben werden soll, berufliche Erfahrungen zu sammeln, um seine Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern.
Eine Rechtfertigung der Befristung aufgrund sozialer Erwägungen nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 kann auch in Betracht kommen, wenn das Arbeitsverhältnis nach Erreichen der Regelaltersgrenze wegen einer zu befürchtenden Verbraucherinsolvenz des Arbeitnehmers befristet fortgesetzt wird und betriebliche oder dienstliche Interessen des Arbeitgebers für den Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags nicht ausschlaggebend waren.
Rz. 216
Gegen den sozialen Überbrückungszweck als ausschlaggebende Motivation für den Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags spricht es, wenn der Arbeitnehmer zur Erledigung laufend anfallender und nicht aufschiebbarer Arbeiten eingesetzt wird. In diesem Fall ist die Befristung nur gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber Tatsachen vorträgt, die darauf schließen lassen, dass diese Arbeiten auch ohne den befristet eingestellten Arbeitnehmer innerhalb der vorgegebenen Zeit von dem bereits vorhandenen Personal hätten bewältigt werden können.
Rz. 217
Gleiches gilt, wenn der befristet eingestellte Arbeitnehmer auf einer vorübergehend unbesetzten Beamtenstelle beschäftigt wird, deren Inhaber freiwilligen Wehr- oder Bundesfreiwilligendienst ableistet oder Elternzeit in Anspruch nimmt, weil i. d. R. davon auszugehen ist, dass die Aufgaben eines vorübergehend beurlaubten oder freigestellten Beamten erledigt werden müssen und deshalb von einem vorrangigen dienstlichen Interesse des Arbeitgebers an der Einstellung auszugehen ist. Dieses kann dann fehlen, wenn die vom Arbeitgeber bestimmte Arbeitsmenge auch ohne den befristet eingestellten Arbeitnehmer von den vorhandenen Arbeitskräften erledigt werden soll. In diesem Fall kann die Befristung wegen eines sozialen Überbrückungszwecks gerechtfertigt sein.
Rz. 218
Ein sozialer Überbrückungszweck kann die Befristung nicht rechtfertigen, wenn der Arbeitnehmer ein unbefristetes Arbeitsverhältnis außerordentlich gekündigt hat, um den befristeten Arbeitsvertrag abzuschließen.
Rz. 219
Nach der Rechtsprechung des BAG kann ein Bundesland in sozialen Härtefällen mit Lehrern befristete Arbeitsverträge für die Dauer eines Schuljahres vereinbaren, wenn deren Examensnote für die Übernahme in den Schuldienst des Landes nicht ausreicht und das Land den befristet eingestellten Lehrkräften zusagt, sie nach dem Ende der Vertragslaufzeit bei Eignung für den Schuldienst in das Beamtenverhältnis zu übernehmen.