Edith Gräfl, Manfred Arnold
Rz. 97
Nach § 41 Satz 2 SGB VI gilt eine Vereinbarung, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der Arbeitnehmer vor Erreichen der Regelaltersgrenze eine Rente wegen Alters beanspruchen kann, dem Arbeitnehmer gegenüber als auf das Erreichen der Regelaltersgrenze abgeschlossen, es sei denn, dass die Vereinbarung innerhalb der letzten 3 Jahre vor diesem Zeitpunkt abgeschlossen oder von dem Arbeitnehmer bestätigt worden ist.
3.6.1.1 Voraussetzungen der Vorschrift; Altersgrenzenvereinbarung
Rz. 98
§ 41 Satz 2 SGB VI erfasst nur einzelvertraglich vereinbarte Altersgrenzen, die das Arbeitsverhältnis vor Erreichen der Regelaltersgrenze beenden sollen.
Sie gilt nicht für tarifvertraglich oder in Betriebsvereinbarungen geregelte Altersgrenzen.
§ 41 Satz 2 SGB VI ist nicht nur anwendbar auf Arbeitnehmer, die Kündigungsschutz genießen, sondern auf alle Arbeitnehmer.
Da die Regelung an den Bezug einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung anknüpft, werden nur rentenversicherungspflichtige Arbeitnehmer erfasst.
Rz. 99
§ 41 Satz 2 Halbs. 1 SGB VI erfordert, dass die Arbeitsvertragsparteien eine Altersgrenzenregelung vereinbart haben, die an einen Zeitpunkt anknüpft, zu dem der Arbeitnehmer eine vorzeitige Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Anspruch nehmen kann. Es müssen alle Voraussetzungen für den Rentenbezug erfüllt sein mit Ausnahme des Rentenantrags.
Die vereinbarte Beendigung des Arbeitsverhältnisses muss in einem Zusammenhang mit einem Anspruch auf eine gesetzliche Altersrente stehen. § 41 Satz 2 SGB VI gilt daher nicht für Beendigungsvereinbarungen, die nichts mit einem Anspruch auf eine sozialversicherungsrechtliche Rente wegen Alters zu tun haben, z. B. weil sie auf besondere Anforderungen an die berufliche Tätigkeit oder sonstige Umstände abstellen. Deshalb unterfallen Altersgrenzen mit Arbeitnehmern, die keine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beanspruchen können, weil sie eine befreiende Lebensversicherung abgeschlossen hatten, nicht § 41 Satz 2 SGB VI, ebenso wenig Beendigungsvereinbarungen, die an den Bezug einer arbeitgeberfinanzierten Übergangsversorgung anknüpfen oder an eine vom Arbeitgeber zugesagte Altersversorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen.
Rz. 100
Die Vereinbarung muss auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt gerichtet sein, zu dem der Arbeitnehmer die Möglichkeit hat, vor Erreichen der Regelaltersgrenze eine gesetzliche Rente wegen Alters zu beantragen. § 41 Satz 2 SGB VI ist nicht auf Altersgrenzen anzuwenden, die auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Rentenbezugs abstellen.
Dies beruht darauf, dass die Vorschrift sicherstellen soll, dass ein vorzeitiger Rentenanspruch nicht zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses führt, wenn der Arbeitnehmer der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht im rentennahen Alter zugestimmt hat. Der Arbeitnehmer soll zu einem rentennahen Zeitpunkt entscheiden können, ob er vorzeitig aus dem Arbeitsleben ausscheiden oder bis zum Regelrentenalter arbeiten will. Diese Entscheidung hat der Arbeitnehmer bei einer Altersgrenzenregelung, die an den tatsächlichen Rentenbezug anknüpft, bereits durch die Stellung des Rentenantrags getroffen.
Rz. 101
Haben die Arbeitsvertragsparteien vor der stufenweisen Anhebung des Regelrentenalters von 65 auf 67 Jahre durch Art. 1 Nr. 8 des am 1.1.2008 in Kraft getretenen RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20.4.2007 eine Vereinbarung getroffen, wonach das Arbeitsverhältnis mit Vollendung des 65. Lebensjahres endet, unterfällt diese Altersgrenzenvereinbarung regelmäßig nicht § 41 Satz 2 SGB VI, da die Vereinbarung im Regelfall dahingehend auszulegen ist, dass sie auf das Erreichen der nunmehr geltenden Regelaltersgrenze bezogen ist, sofern nicht besondere Umstände im Einzelfall eine andere Auslegung gebieten.
Ob eine solche Auslegung auch für nach dem 1.1.2008 vereinbarte Altersgrenzen vorgenommen werden kann, ist bislang höchstrichterlich nicht entschieden und im Schrifttum umstritten.