Leitsatz
Getrennt lebende Eltern stritten über das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihre Tochter, die sie im Jahre 2000 adoptiert hatten, nachdem sie bereits seit der Geburt des Kindes die Pflege für sie ausgeübt hatten. Sie stellten widerstreitende Anträge zum Aufenthaltsbestimmungsrecht.
Das AG hat der Kindesmutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen. Hiergegen wandte sich der Kindesvater mit seiner Beschwerde.
Sachverhalt
Getrennt lebende Eltern stritten sich über das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihre Tochter. Die Kindeseltern hatten im Jahre 1996 geheiratet und ihre Tochter im April 2000 adoptiert, nachdem sie bereits seit deren Geburt die Pflege für sie ausgeübt hatten. Die Kindeseltern lebten seit September 2006 voneinander getrennt. Seit Januar 2007 lebte die Tochter zunächst im wöchentlichen Wechsel bei den Eltern. Sie äußerte jedoch später den Wunsch, nicht mehr wechseln zu müssen und einen festen Aufenthaltsort zu haben. Über den dauerhaften Aufenthalt ihrer Tochter konnten sich die Eltern nicht einigen.
Der Vater war selbständig. Die Mutter arbeitete bei der Bahn. Der Vater lebte mit einer neuen Partnerin zusammen, die ebenfalls eine Tochter hatte, die bei ihrem Vater lebte.
Beide Eltern stellten widerstreitende Anträge zum Aufenthaltsbestimmungsrecht.
Bei ihrer Anhörung durch die erstinstanzliche Abteilungsrichterin im April 2007 hatte die Tochter betont, sie wolle nicht mehr jedes Wochenende woanders leben und dauernd vom Vater zur Mutter wechseln und umgekehrt. Außerdem hatte sie angegeben, bei ihrem Vater leben zu wollen. Dieser habe ihr bedeutet, er sei todtraurig, wenn sie sich anders entscheiden würde. Außerdem habe sie dort ein größeres Zimmer und der Vater habe ihr Haustiere versprochen.
Das AG hat ein psychologisches Sachverständigengutachten eingeholt. Die Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass die Tochter gewachsene und gefestigte Bindungen zu beiden Elternteilen habe, die als gleichwertig anzusehen seien. Allerdings gebe es verstärkte Hinweise auf eine nur eingeschränkte väterliche Bindungstoleranz. Die Sachverständige hat das Bestehen der gemeinsamen elterlichen Sorge befürwortet, jedoch das sog. "Wechselmodell" als zu belastend für die Tochter eingeschätzt. Weder ein dauerhafter Aufenthalt bei der Mutter noch beim Kindesvater widerspreche dem Kindeswohl. Einen konkreten Vorschlag zur Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts wurde von der Sachverständigen nicht abgegeben.
Das AG hat das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf die Kindesmutter übertragen. Hiergegen wandte sich der Kindesvater mit seiner Beschwerde.
Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Das OLG teilte die Auffassung des AG, wonach das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Tochter auf die Mutter allein zu übertragen war.
Bei der Frage, welchem Elternteil das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen sei, sei derjenigen Regelung der Vorzug zu geben, von der zu erwarten sei, dass sie für das Kindeswohl die bessere Lösung darstelle. Bei der prognostischen Beurteilung seien der Förderungsgrundsatz und die Erziehungseignung, die Bindungstoleranz der Eltern, die Bindungen des Kindes und der Kontinuitätsgrundsatz sowie der Kindeswille von Bedeutung.
Sowohl die Mutter als auch der Vater seien erziehungsgeeignet und in der Lage, das Kind angemessen zu fördern. Zutreffend habe das erstinstanzliche Gericht ferner festgestellt, dass die Bindungstoleranz bei dem Vater erheblich weniger ausgeprägt sei als bei der Mutter. Der Kontinuitätsgrundsatz könne wegen des im vorliegenden Fall praktizierten Wechselmodells nicht herangezogen werden.
Der Kindeswille sei derzeit nicht verlässlich feststellbar. Der früher von der Tochter geäußerte Wunsch, beim Vater leben zu wollen, dürfte bereits nach der Einstellung der Sachverständigen nicht hinreichend autonom und unbeeinflusst gewesen sein. Dies könne jedoch letztendlich offen bleiben, da die Tochter jedenfalls seit Oktober 2007 keine stabile Willensäußerung mehr gegeben habe. Zuletzt habe das Kind ggü. der Amtsrichterin, der Verfahrenspflegerin und auch dem OLG geäußert, es sei ihr im Grunde gleichgültig, bei welchem Elternteil sie lebe, da sie ihre Eltern beide sehr liebe und schätze und dass es ihr in beiden Haushalten gut gehe. Die zuletzt von ihr gemachte Äußerung, sie wolle am liebsten bei keinem der beiden leben, lasse sich nur als Hilferuf des Kindes zu verstehen, nicht zwischen die Mühlen der elterlichen Konflikte zu geraten, da beide nicht ausreichend erkennen würden, dass sie durch ihre Unfähigkeit, zu einer Lösung zu gelangen, die Tochter massiv beeinträchtigten und ihre seelische Gesundheit gefährdeten.
Im Ergebnis jedenfalls könne der von der Tochter früher immer wieder geäußerte Wunsch, beim Vater leben zu wollen, nicht als ausreichend stabil angesehen und daher auch nicht berücksichtigt werden.
Im Hinblick darauf, dass beide Elternteile gleichermaßen geeignet seien, sei eine Entscheidung nur schwer zu treffen. Es bleibe nichts anderes übrig, als auf die Gesichtspunkte abz...