Leitsatz
In der Entscheidung ging es um die Frage, inwieweit ein Wechselmodell dem Kindeswohl entspricht und welche Voraussetzungen auf Elternebene erforderlich sind, um ein solches Wechselmodell in der Praxis als dem Kindeswohl entsprechend werten zu können.
Sachverhalt
Anlässlich der Trennung der Kindeseltern hatten diese Mitte Januar 2008 für ihre beiden gemeinsamen Kinder ein Wechselmodell vereinbart. Die Betreuungszeiten für die Kinder wurden zwischen ihnen hälftig geteilt.
Die Mutter gelangte nach einiger Zeit zu der Auffassung, diese Betreuungsregelung habe sich nicht bewährt. Die Kinder seien durch den permanenten zwischen mütterlichem und väterlichem Haushalt stark belastet und zeigten deshalb Verhaltensauffälligkeiten. Der Vater vertrat die Ansicht, die Auffälligkeiten der Kinder seien auf die Trennungssituation zurückzuführen. Ein häufiger Umgang der Kinder diene deren Stabilisierung. Das Interesse der Mutter gehe allein dahin, von ihm Unterhalt verlangen zu können.
Das erstinstanzliche Gericht hat das Umgangsrecht des Antragsgegners geregelt und das Wechselmodell letztlich bestätigt.
Hiergegen wandte sich die Kindesmutter mit der Beschwerde, die sich als begründet erwies.
Entscheidung
Das OLG kam nach Einholung eines Sachverständigengutachtens, Beauftragung eines Verfahrenspflegers und Anhörung der Kinder zu der Überzeugung, dass die von dem Vater befürwortete Fortsetzung des Wechselmodells nicht dem Kindeswohl entspreche. Es hat eine Umgangsregelung getroffen, die auf den Lebensmittelpunkt der Kinder in dem Haushalt der Mutter beruhte und dem Vater wöchentliche Besuche der Kinder bei ihm, sowie ein Ferienumgangsrecht mehrmals im Jahr gewährte.
Zur Begründung hat das OLG ausgeführt, es sei zwar anerkannt, dass mit dem regelmäßigen Wechsel der Kinder zwischen zwei Haushalten Vorteile sowohl für Kinder als auch für die Eltern verbunden seien. Die enge Eltern-Kind-Beziehung zu beiden Elternteilen werde aufrechterhalten und die Kinder erlebten den Alltag mit beiden Eltern. Gleichwohl stünden diesen Vorteilen erhebliche Nachteile für die Kinder gegenüber. Mit dem häufigen Wechsel seien für sie Belastungen verbunden, die ein hohes Maß an Kooperation, Kommunikation und Kompromissbereitschaft der Eltern und auch der Kinder erforderten.
Ein Wechselmodell komme nur dann in Betracht, wenn die Eltern in der Lage seien, ihre Konflikte einzudämmen, sie hoch motiviert und an den Kindesbedürfnissen ausgerichtet seien und zudem eine kontinuierliche Kommunikation und Kooperation von ihnen gewollt sei und auch praktiziert werde.
Diese Voraussetzungen waren nach den Feststellungen des OLG hier nicht gegeben. Dass die Eltern über die Belange der Kinder nicht konfliktfrei kommunizieren und kooperieren könnten, habe sich im Rahmen der Anhörung anschaulich gezeigt. Dadurch seien die in die gleiche Richtung gehenden Feststellungen der Sachverständigen bestätigt worden. Das Wechselmodell habe für die Kinder mit sich gebracht, dass für sie ein Lebensmittelpunkt fehle. Sie seien durch das hohe Konfliktpotential zwischen den Eltern stark belastet. Anhaltspunkte dafür, dass die Mutter ihren Antrag aus eigennützigen Motiven gestellt habe, sah das OLG nicht.
Hinweis
In dieser Entscheidung hat das OLG Koblenz nicht nur die bisherige Rechtsprechung zu den Voraussetzungen eines Wechselmodells aufgezeigt, sondern auch Prüfungskriterien für die praktische Beurteilung eines konkreten Sachverhalts zur Verfügung gestellt.
Link zur Entscheidung
OLG Koblenz, Urteil vom 12.01.2010, 11 UF 251/09