Leitsatz

  • Formfehlerhafter und vom Verwalter angefochtener Abberufungsbeschluss kann auch durch neuerlichen Beschluss aufgehoben werden

    Den zu seinen Gunsten gefassten Zweitbeschluss kann der Verwalter demgegenüber nicht erfolgreich anfechten (Rechtsmissbräuchlichkeit und damit fehlendes Rechtsschutzbedürfnis), selbst wenn dieser Zweitbeschluss erneut an einem Einladungsformmangel leiden sollte

 

Normenkette

§ 23 Abs. 4 WEG, § 26 Abs. 1 WEG

 

Kommentar

1. Im Verlauf einer Versammlung wurde ein in der Einladung nicht erwähnter Beschlussantrag gestellt, sich mit der Abberufung der Verwaltung und Kündigung des Verwaltervertrags zu befassen; es erfolgte einstimmige Abberufung und Kündigung des Verwaltervertrags mit sofortiger Wirkung aus wichtigem Grund.

Nach anwaltlicher Beratung luden einige Eigentümer zu erneuter Versammlung, u.a. mit dem Tagesordnungspunkt "Erneute Bestellung des Verwalters zur Verwaltung und Aufhebung des angefochtenen Abberufungsbeschlusses" ein. Der Verwalter wurde einstimmig erneut mit sofortiger Wirkung wieder zum Verwalter bestellt. Er focht allerdings auch diesen Beschluss unter Hinweis auf nicht ordnungsgemäße Einberufung an.

2. Der Senat verneinte hier für die erneute Beschlussanfechtung das Rechtsschutzbedürfnis des Verwalters, ohne dass geklärt werden müsse, ob der Verwalter überhaupt die Aufhebung des alten Beschlusses und seine erneute Bestellung (konstitutiv oder deklaratorisch) anfechten könne. Seine Anfechtung sei unzulässig, da ihm jedenfalls ein rechtlich schützenswertes Interesse an der Ungültigerklärung fehle. Eine Gemeinschaft könne einen früheren Beschluss wieder aufheben, ohne hierdurch gegen zwingendes Recht zu verstoßen oder im Rahmen absoluter Unzuständigkeit zu handeln. Aus welchen Gründen eine Gemeinschaft erneute Beschlussfassung für angebracht hält, spielt für die Beschlusskompetenz und damit für die Wirksamkeit des Zweitbeschlusses keine Rolle (vgl. auch Weitnauer/Lüke, § 23 Rz. 4). Anlass für eine solche Zweitbeschlussfassung kann durchaus die Korrektur von Fehlern eines Erstbeschlusses sein; ist eine Gemeinschaft dabei befugt, einen Erstbeschluss abzuändern, steht in diesem Zusammenhang auch seiner ersatzlosen Aufhebung nichts im Wege. Da durch die Aufhebung der Abberufung des Verwalters diesem kein Nachteil entstanden sei, die Wohnungseigentümergemeinschaft vielmehr das vollzogen habe, was der Verwalter im Beschlussanfechtungsverfahren zu erreichen suchte, könne er den allein zu seinen Gunsten gefassten Beschluss nicht anfechten (Bärmann/Pick/Merle, § 43 Rz. 103); dabei komme es nicht darauf an, ob die Bestellung noch seiner Zustimmung bedurfte oder nicht (wohl eher nicht, vgl. Weitnauer/Hauger, § 26 Rz. 10). Eine Belastung wäre für den Verwalter nur insoweit gegeben, als er wieder gehalten sei, seine Pflichten aus dem von der Bestellung und Abberufung unabhängigen und nach übereinstimmender Auffassung der Beteiligten nicht wirksam gekündigten Verwaltervertrags zu erfüllen; die bloße Einstellung der Verwaltertätigkeit hat den Vertrag nicht beendet (Weitnauer/Hauger, § 26 Rz. 36). Dies zu verhindern diente die Beschlussanfechtung nicht. Da der angefochtene Beschluss den Verwalter wieder in die Lage versetzte, seine Pflichten zu erfüllen und die Vergütung zu verdienen, verhält er sich mit seiner neuerlichen Anfechtung zumindest entgegen Treu und Glauben rechtsmissbräuchlich, was das Rechtsschutzbedürfnis entfallen lässt.

3. Der neuerliche Anfechtungsantrag war deshalb als unzulässig zu verwerfen.

4. Auch außergerichtliche Kostenerstattung bei Geschäftswert von DM 15.000,-.

 

Link zur Entscheidung

( OLG Naumburg, Beschluss vom 10.01.2000, 11 Wx 7/99, NZM 3/2000, 143)

zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung

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