Leitsatz
Gegenstand der Entscheidung des OLG Bremen war die Frage, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, um nach dem seit dem 1.1.2008 geltenden Unterhaltsrecht von einer Befristung oder Begrenzung des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt abzusehen.
Sachverhalt
Die Parteien stritten im Rahmen des Ehescheidungsverbundverfahrens um nachehelichen Unterhalt, dessen zeitliche Begrenzung und Herabsetzung auf den angemessenen Lebensbedarf der Antragsteller als Unterhaltsverpflichteter begehrte.
Die Parteien hatten im Jahre 1977 geheiratet. Der Ehescheidungsantrag war im Jahre 2008 zugestellt worden. Die Ehe dauerte mithin fast 31 Jahre lang. Aus der Ehe der Parteien waren zwei gemeinsame Kinder hervorgegangen, die überwiegend von der Antragsgegnerin betreut wurden. Die Antragsgegnerin hatte den Beruf der Bankkauffrau vor der Eheschließung erlernt, diesen Beruf jedoch nach ihrer Übersiedlung von Polen in die Bundesrepublik nicht mehr ausgeübt, zumal sie sich während der Ehe primär der Betreuung der gemeinsamen Kinder gewidmet hatte.
Erstinstanzlich war der Antragsgegner zur Zahlung nachehelichen Unterhalts von 456,00 EUR monatlich verurteilt worden. Hiergegen legte er Berufung, die Antragsgegnerin Anschlussberufung ein.
Entscheidung
In seinem Hinweisbeschluss wies das OLG darauf hin, dass ein geringerer Anspruch der Antragsgegnerin auf Aufstockungsunterhalt als erstinstanzlich ermittelt sich auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens sich nicht ergebe.
Der Unterhaltsanspruch seit weder zeitlich zu begrenzen (§ 1587b Abs. 2 S. 1 BGB) noch auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen (§ 1587b Abs. 1 S. 1 BGB).
Die Voraussetzungen für eine Befristung oder Begrenzung des Unterhaltsanspruchs lägen nicht vor. Zutreffend habe das AG der angefochtenen Entscheidung insoweit auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast hingewiesen. Diese trage für Tatsachen, die zu einer Unterhaltsbeschränkung führen könnten, der Unterhaltspflichtige. Erst dann, wenn er entsprechende Tatsachen dargetan habe, obliege es dem Unterhaltsberechtigten, Umstände vorzutragen und zu beweisen, die gegen eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs sprächen (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 68. Aufl., § 1578b Rz. 19 m.w.N.).
Im vorliegenden Fall fehlte es nach Auffassung des OLG bereits an einer substantiierten Darlegung des Fehlens ehebedingter Nachteile der Antragsgegnerin im Hinblick auf die Möglichkeit, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Konkrete Tatsachen, die dafür sprechen könnten, dass und aus welchen Gründen die Nichtausübung des erlernten Berufes der Bankkauffrau zugunsten der Kinderbetreuung und der Übersiedlung in die BRD ohne nachhaltige negative Auswirkungen auf die Erwerbsmöglichkeiten der Antragsgegnerin nach der Scheidung der Ehe geblieben seien, trage der Antragsteller nicht vor. Im Gegenteil sei nach dem eigenen Vorbringen des Antragstellers vom Vorliegen ehebedingter Nachteile der Antragsgegnerin auszugehen. Entgegen der Auffassung des Antragstellers erscheine eine Rückkehr der fast 54-jährigen Antragsgegnerin in den vorehelich erlernten Beruf der Bankkauffrau aufgrund ihres Alters und der fehlenden Berufspraxis nach jahrzehntelanger, ehebedingter Nichtausübung des erlernten Berufes ausgeschlossen.
Wegen des Vorliegens ehebedingter Nachteile und unter Berücksichtigung der Umstände, dass die Ehe der Parteien fast 31 Jahre lang gedauert habe und aus ihr zwei Kinder hervorgegangen seien, die überwiegend von der Antragsgegnerin betreut worden seien, könne ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin nicht als unbillig i.S.d. § 1578b Abs. 2 BGB angesehen werden. Dies gelte umso mehr, als der Antragsteller angesichts der Höhe seines Einkommens durch die an die Antragsgegnerin zu erbringenden Unterhaltsleistungen nicht gravierend in seiner Lebensführung eingeschränkt werde.
Aus den genannten Gründen scheide auch eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin auf den angemessenen Lebensbedarfs nach § 1578b Abs. 1 S. 1 BGB aus. Sie komme auch deshalb nicht in Betracht, weil davon auszugehen sei, dass die Antragsgegnerin bei Fortführung ihres erlernten Berufes als Bankkauffrau ohne die Eheschließung heute ein Einkommen erzielen würde, dessen Höhe jedenfalls nicht unter der Summe der ihr zurechenbaren fiktiven Einkommen und des erstinstanzlich ausgeurteilten Unterhalts von 456,00 EUR läge. Unabhängig davon fehle es diesbezüglich an substantiiertem Vortrag des insoweit darlegungspflichtigen Antragstellers.
Link zur Entscheidung
OLG Bremen, Beschluss vom 06.08.2009, 4 UF 19/09