Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufstockungsunterhalt. Befristung. Herabsetzung. Ehebedingte Nachteile. Darlegungslast
Leitsatz (amtlich)
Hat ein fast 54 Jahre alter unterhaltsberechtigter Ehegatte, der während der fast 31 Jahre langen Ehezeit zwei aus der Ehe hervorgegangene Kinder betreut hat, ehebedingte Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit erlitten, für den eigenen Unterhalt zu sorgen (hier: keine Möglichkeit mehr, in den vor der Eheschließung in Polen erlernten Beruf der Bankkauffrau zurückzukehren), kann es an den Voraussetzungen für eine Befristung oder Herabsetzung seines Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt fehlen.
Normenkette
BGB § 1573 Abs. 2, § 1578b
Verfahrensgang
AG Bremerhaven (Aktenzeichen 152 F 279/08) |
Tenor
Der Senat weist die Parteien nach Beratung auf Folgendes hin:
Gründe
I. Die Berufung des Antragstellers erscheint nicht begründet.
A. Ein geringerer Anspruch der Antragsgegnerin auf Aufstockungsunterhalt (§ 1573 Abs. 2 BGB) als der erstinstanzlich ermittelte (monatlich 456 EUR) ergibt sich auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens nicht.
Das Nettoeinkommen des Antragstellers beträgt unstreitig monatlich 2.620,36 EUR. Ihm ist die für das Jahr 2008 angefallene Steuererstattung mit monatlich anteilig 38,11 EUR hinzuzurechnen. Dass künftig nicht wenigstens mit einer jährlichen Steuererstattung von knapp 460 EUR zu rechnen ist, hat der Antragsteller nicht plausibel dargelegt. Denn zum einen erscheint der Steuererstattungsbetrag für das Jahr 2008 nicht außergewöhnlich hoch und zum anderen ist unklar, ob und in welchem Umfang dem Antragsteller künftig Fahrtkosten als Werbungskosten entstehen werden, auf denen nach seinem Vortrag die deutlich höhere Steuererstattung für das Jahr 2007 ( 2.797,83 EUR) beruhte, die das AG zur Grundlage seiner Unterhaltsberechnung gemacht hat. Als unstreitiger Abzugsposten ist der Lebensversicherungsbeitrag von monatlich 68,73 EUR als zusätzliche Altersvorsorge abzuziehen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass das Girokonto des Antragstellers durch die von ihm zunächst allein beglichenen Restverbindlichkeiten der Parteien nach der Veräußerung des gemeinsamen Hausgrundstücks mit 5.324,30 EUR ins Soll geraten ist. Dies gilt jedenfalls solange, bis die Parteien sich über den - unstreitig vorzunehmenden - internen Ausgleich der Restverbindlichkeiten geeinigt haben. Es obliegt dem Antragsteller allerdings, die damit verbundenen Zinslasten in einem angemessenen Rahmen zu halten. Es ist gerichtsbekannt, das derzeit für Verbraucherdarlehen in der Größenordnung um 5.000 EUR vielfach nicht mehr als 7 % (und nicht selten weniger) Zinsen zu zahlen sind. Lediglich in dieser Höhe, also i.H.v. monatlich 31,06 EUR ( 5.324,30: EUR 100 × 7: 12) sind derzeit Zinslasten abzugsfähig, da der Antragsteller das Minus auf seinem Girokonto durch Aufnahme eines entsprechenden Darlehens ausgleichen könnte. Um weitere Positionen ist, nachdem die Hauslasten weggefallen sind, das Einkommen des Antragstellers nicht zu bereinigen. Weitere Darlehensraten und Beiträge zu Lebensversicherungen hat der Antragsteller, wie bereits das AG zutreffend festgestellt hat, weder hinreichend dargelegt noch belegt. Unterhaltszahlungen an den volljährigen Sohn der Parteien sind schon deshalb nicht berücksichtigungsfähig, weil der Antragsteller weder die Bedürftigkeit des Sohnes dargelegt noch die Höhe der Unterhaltszahlungen und deren Regelmäßigkeit substantiiert vorgetragen und belegt hat. Etwaige Zahlungen auf die Rückforderung für den Sohn der Parteien erbrachter BAföG-Vorauszahlungen i.H.v. 3.643,04 EUR durch die Senatorin für Bildung und Wissenschaft sind ebenfalls nicht zu berücksichtigen, weil unklar ist, ob und in welcher Höhe der Antragsteller sie erbringt. Unabhängig davon dürfte es dem Antragsteller obliegen, insofern eine möglichst niedrige Ratenzahlung zu vereinbaren, weshalb fraglich erscheint, ob die von ihm im Schriftsatz vom 20.4.2009 (Bl. 90) avisierte Ratenhöhe von 300 EUR unterhaltsrechtlich angemessen ist. Danach ergibt sich ein bereinigtes Einkommen von 2.558,68 EUR.
Auf Seiten der Antragsgegnerin hat das AG zu Recht ein fiktives Einkommen angesetzt. Die Antragsgegnerin trifft die Obliegenheit, einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Soweit sie geltend macht, aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in dem zuletzt ausgeübten Beruf als Altenpflegehelferin arbeiten zu können, ist ihr Vortrag nicht hinreichend substantiiert. Unabhängig davon hat sie auch keine konkreten Bemühungen um einen Arbeitsplatz in einem anderen Bereich vorgetragen. Setzt man, wie es das AG getan hat, bei der Antragsgegnerin ein fiktives Nettoeinkommen von 860 EUR an, gegen dessen Höhe aus Sicht des Senats keine Bedenken bestehen, zumal der Antragsteller die Höhe für angemessen hält, ergibt sich ein Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin i.H.v. monatlich 728,01 EUR (vgl. anliegende Berechnung 1).
Aber auch dann, wenn man zugunsten des Antragstellers davon absähe, seine Steuererstattung einkommenser...