1 Leitsatz
Sind in einem Grundriss entgegen § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 WEG nicht alle zu demselben Wohnungseigentum gehörenden Einzelräume mit derselben Nummer gekennzeichnet, kann sich ihre Zugehörigkeit zu einem bestimmten Sondereigentum daraus ergeben, dass andere, mit diesen Räumen in Zusammenhang stehende Teile des Gebäudes (hier: den nicht nummerierten Räumen vorgelagerte Fenster) entsprechend nummeriert sind und insofern auch kein Widerspruch zu der Teilungserklärung erkennbar ist.
2 Normenkette
§§ 7 Abs. 4 Nr. 1, 8 WEG
3 Das Problem
Das Ehepaar A erwirbt im Jahr 1998 die Wohnungseigentumsrechte 1 und 2. Im Jahr 2019 stellen sie den Antrag, die Wohnungseigentumsrechte rechtlich zu vereinigen. Dies lehnt das Grundbuchamt ab, da außer dem Flur die Räume des Wohnungseigentums 1 im Dachgeschoss entgegen § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 WEG mit keiner Nummer gekennzeichnet seien. Das Ehepaar legt daraufhin eine Ergänzungsbescheinigung mit Nummern vor. Diese Ergänzungsbescheinigung ändert die Haltung des Grundbuchamts nicht. Das Ehepaar geht daher in die Beschwerde. Diese hat aus formalen Gründen keinen Erfolg. Daher versucht es das Ehepaar im Jahr 2022 erneut. Es beantragt unter Vorlage einer wieder neuen Ergänzungsbescheinigung, dass die ursprüngliche Abgeschlossenheitsbescheinigung korrigiert wird.
4 Die Entscheidung
Ohne Erfolg! Das Ehepaar strebe eine Änderung der Aufteilung an. Dieser Änderung müssten nach § 19 GBO aber alle Wohnungseigentümer zustimmen.
Richtig sei, dass alle zu betrachtenden Räume Sondereigentum des Ehepaares seien. Zwar seien nicht alle Einzelräume mit derselben Nummer gekennzeichnet. Zur Bestimmung des Gegenstandes Sondereigentum gebe es aber auch Schnitte und Ansichten des Gebäudes. Auf diesen Plänen seien Fenster eingezeichnet, die mit den Grundrissen der einzelnen Stockwerke korrespondierten. Jedes der Fenster im Dachgeschoss sei mit der Nr. 1 beschrieben. Es sei anzunehmen, dass diese Nummerierungen sich nicht nur auf die Fenster, sondern auch auf die unmittelbar dahinter liegenden Räume bezögen.
Es bestünden auch keine durchgreifenden Widersprüche zwischen der Teilungserklärung und dem Aufteilungsplan. Die Teilungserklärung könne nicht dahin ausgelegt werden, das Wohnungseigentum Nr. 1 beschränke sich auf den Flur. Ein solches Verständnis verlöre die Zweckbestimmung dieses Sondereigentums als Wohnung aus dem Blick. Schließlich könne sich die in der Teilungserklärung angegebene Wohnungsgröße von 211,42 m2 nicht allein auf den Flur beziehen.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall geht es vor allem um die Frage, was gilt, wenn die zu demselben Wohnungseigentum gehörenden Einzelräume auf einem Teil des Aufteilungsplans nicht mit derselben Nummer gekennzeichnet sind.
Aufteilungsplan
Der Aufteilungsplan ist eine von der Baubehörde mit Unterschrift und Siegel oder Stempel versehene Baubezeichnung. Aus dieser müssen die Aufteilung des Gebäudes und des Grundstücks sowie die Lage und Größe der im Sondereigentum und der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Teile des Gebäudes und des Grundstücks ersichtlich sein. Die Bauzeichnung muss alle Teile des Gebäudes zeigen und Schnitte und Ansichten enthalten. Im Fall war ein Teil des Aufteilungsplans unvollständig. Aus den Schnitten und Ansichten des Gebäudes war aber klar, welche Räume zum Wohnungseigentum Nr. 1 gehören.
Soweit das KG einen Widerspruch zur Zweckbestimmung (= Gemeinschaftsordnung) sieht, verliert es ggf. aus dem Blick, dass ein solcher Widerspruch zwischen Schuld- und Sachenrecht unerheblich wäre. Richtig ist zwar, dass sich Teilungserklärung und Aufteilungsplan widersprechen können. Dies betrifft aber das Sachenrecht, nicht die Gemeinschaftsordnung.
6 Entscheidung
KG Berlin, Beschluss v. 27.9.2022, 1 W 301/22