Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Normenkette
§ 16 Abs. 1, 2 WEG, § 21 Abs. 2 WEG, § 43 Abs. 4 Nr. 1 WEG, § 242 BGB, § 683 BGB
Kommentar
1. Nimmt ein Wohnungseigentümer, dem für die Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums Kosten entstanden sind, die übrigen Wohnungseigentümer auf Aufwendungsersatz durch Zahlung in Geld in Anspruch, so ist er nicht gehindert, später gleichwohl Ersatz dieser Kosten aus Gemeinschaftsmitteln zu verlangen, insbesondere um einen Forderungsausfall zu decken.
Für den auf Zahlung in Geld gerichteten Aufwendungsersatzanspruch haften die übrigen Wohnungseigentümer nicht als Gesamtschuldner, sondern nur als Teilschuldner entsprechend ihrem nach der Gemeinschaftsordnung bzw. § 16 Abs. 1 S. 2 WEG zu tragenden Anteil.
2. Im vorliegenden Fall ging der Streit zwischen beteiligten Wohnungseigentümern über die Kosten der Erneuerung einer Tragekonstruktion und der Dacheindichtung über einem Anbau, nachdem der von einem Eigentümer vorgenommene Umbau einer Flachdachfläche des Anbaues zu einem Balkon zu Feuchtigkeitsschäden in darunter liegenden Büroräumen geführt hatte. Die aufgewendeten Sanierungskosten lagen über DM 28.000,-. Von anderer Eigentümerseite wurde anteilige Zahlungsverpflichtung bestritten, u. a. auch mit dem Argument, dass die Herstellung des Balkons allein von dem betreffenden, Ausgleich fordernden Eigentümer in eigenem Interesse vorgenommen worden sei.
Entstehen einem Wohnungseigentümer im Zusammenhang mit der Instandhaltung und Instandsetzung von Gemeinschaftseigentum Kosten, so hat er gegen die übrigen Wohnungseigentümer unter den Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 WEG (Notgeschäftsführung) oder des § 683 BGB (Geschäftsführung ohne Auftrag) einen Anspruch auf Aufwendungsersatz, der auf Zahlung in Geld gerichtet ist (h. M.). In Anspruch genommene Miteigentümer sind jedoch berechtigt, den in Vorlage getretenen Eigentümer auf die Befriedigung aus den gemeinschaftlichen Mitteln zu verweisen, da es sich insoweit um Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums im Sinne des § 16 Abs. 2 WEG handelt. Der in Vorlage getretene Eigentümer kann weiterhin eine etwa vorhandene Instandhaltungsrücklage zur Deckung eines ihm zugesprochenen Aufwendungsersatzanspruches in Anspruch nehmen oder die Erhebung einer Sonderumlage fordern, durch die erforderliche Mittel aufzubringen sind. Verpflichtungen können hier auch auf Rechtsnachfolger übergehen.
Rechtskräftige Vorentscheidungen binden in ihrer materiellen Rechtskraftwirkung allerdings nur insoweit, als es in neuerlichem Verfahren um streitgegenstandsgleiche Rechte und Pflichten geht (wie hier nicht). Im vorliegenden Fall war also der geltend gemachte Aufwendungsersatzanspruch nicht durch die materielle Rechtskraft eines amtsgerichtlichen Beschlusses in einem Vorverfahren ausgeschlossen, soweit der jetzige Anspruch Kosten für die Erneuerung einer verfaulten Balkenlage (zwingend Gemeinschaftseigentum) betrifft.
Die Geltendmachung eines solchen Aufwendungsersatzanspruches könnte allerdings ganz oder teilweise als rechtsmissbräuchlich anzusehen sein ( § 242 BGB), wenn die Gläubigerseite ihrerseits der Gemeinschaft für an gemeinschaftlichen Bauteilen entstandene Schäden schadenersatzrechtlich einzustehen hätte und sie deshalb den übrigen Eigentümern den Betrag, der ihr als Aufwendungsersatz zusteht, ganz oder teilweise zurückzuerstatten hätte (was im vorliegenden Fall jedoch nach gegenwärtigem Sachstand nicht angenommen werden konnte). Allerdings hat derjenige Eigentümer, der eine bauliche Veränderung am gemeinschaftlichen Eigentum vornimmt, den übrigen Wohnungseigentümern dafür einzustehen, dass die Veränderung bautechnisch ordnungsgemäß durchgeführt wird und keine Schäden an weiteren im Gemeinschaftseigentum stehenden Bauteilen entstehen. Im vorliegenden Fall wirkten bei der Sanierung auch andere Eigentümer mit, sodass der Senat zur Feststellung gelangte, dass die Beseitigung der durch die mangelhafte Bauausführung herbeigeführten weiteren baulichen Schäden Angelegenheit der gemeinschaftlichen Verwaltung des Gemeinschaftseigentums sei.
3. Für den auf Zahlung in Geld gerichteten Aufwendungsersatzanspruch haften die übrigen Eigentümer allerdings nicht als Gesamtschuldner (wie von Bärmann/Pick und Müller angenommen), sondern als Teilschuldner nur entsprechend der Miteigentumsquoten nach § 16 Abs. 2 WEG entsprechend den für die Ausgleichspflicht unter Gesamtschuldnern entwickelten Grundsätzen (wie hier Soergel/Stürner). Die Zubilligung eines solchen Aufwendungsersatzanspruches dürfe nicht zu anderen Ergebnissen führen, als wenn entstandene Kosten aus gemeinschaftlichen Mitteln gedeckt und über eine Jahresabrechnung oder die Erhebung einer Sonderumlage aufgebracht würden. Kann in einem solchen Fall der Kostenanteil eines Eigentümers nicht beigetrieben werden, müssen die übrigen Eigentümer den Ausfall wiederum en...