Leitsatz

Die formularvertragliche Beteiligung des Mieters einer Erdgeschosswohnung an den Aufzugskosten benachteiligt diesen nicht unangemessen. (amtlicher Leitsatz des BGH)

 

Normenkette

BGB § 556a

 

Kommentar

Gegenstand des Mietvertrags war eine Eigentumswohnung im Erdgeschoss einer Seniorenanlage. Zu der Wohnung gehörte weder ein Keller noch ein Speicherraum. Das Gebäude war mit einem Aufzug ausgestattet.

In dem Formularmietvertrag war u. a. bestimmt, dass der Mieter die "Betriebskosten im Sinne des § 27 der Zweiten Berechnungsverordnung" zu tragen hat. In einer Anlage zum Mietvertrag war aufgeführt, dass zu den Betriebskosten auch die Aufzugskosten zählen. In der Betriebskostenabrechnung 2004 wurde der Mieter mit Aufzugskosten in Höhe von 141,37 EUR belastet.

Es war zu entscheiden, ob der Erdgeschossmieter durch Formularvertrag mit Aufzugskosten belastet werden kann, wenn zu der Wohnung weder ein Keller noch ein Speicherraum gehört.

Die Frage ist in der Rechtsprechung und Literatur außerordentlich umstritten.

a) Teilweise wird vertreten, dass es unbillig sei, wenn der Erdgeschossmieter "mit der Subventionierung der Annehmlichkeiten für andere Mieter belastet" werde (Langenberg in: Schmidt-Futterer § 556a BGB, Rdn.101 m. w. N.).

b) Nach anderer Ansicht können die Aufzugskosten "aus Gründen der Praktikabilität" auf alle Mieter umgelegt werden, ohne dass es darauf ankommt, ob und in welchem Umfang diese den Aufzug benutzen (Weitemeyer in: Staudinger § 556a BGB, Rdn. 26 m. w. N.).

Ergebnis: Der BGH folgt im Ergebnis der letztgenannten Ansicht. Die Umlage der Aufzugskosten nach dem Verhältnis der Wohnflächen entspricht der gesetzlichen Regelung (§ 556a Abs. 1 S. 1 BGB). Danach sind die Betriebskosten nach dem Verhältnis der Wohnfläche umzulegen. Unter der Wohnfläche ist die Gesamtfläche zu verstehen. Eine Ausnahmeregelung gilt nur für die nach einem erfassten Verbrauch oder einer erfassten Verursachung ermittelten Betriebskosten (§ 556a Abs. 1 S. 2 BGB). Für die Aufzugskosten besteht keine gesetzlich vorgeschriebene Ausnahme. Eine solche Ausnahmeregelung kann auch nicht aus § 307 Abs. 1 S. 1 BGB hergeleitet werden. Danach sind Vertragsklauseln unwirksam, wenn sie den Mieter entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Bei der Prüfung dieser Frage ist nicht allein die Umlagegerechtigkeit, sondern auch der Grundsatz der Praktikabilität zu berücksichtigen. Der letztgenannte Grundsatz rechtfertigt es, die Aufzugskosten auf alle Mieter zu verteilen.

Hinweis

Der Vermieter kann mit dem Erdgeschossmieter vereinbaren, dass dieser von den Aufzugskosten freigestellt wird. Eine solche Vereinbarung kann auch durch Formularvertrag getroffen werden. Bei einer solchen Vertragsgestaltung stellt sich die Frage, ob der auf die Erdgeschosswohnung entfallende Flächenanteil beim Vermieter verbleiben soll oder ob die gesamten Aufzugskosten auf die übrigen Mieter verteilt werden sollen. Beide Vertragsgestaltungen sind möglich. Die erstgenannte Alternative ist rechtlich unproblematisch, weil die Mieter der Obergeschosswohnungen hierdurch nicht benachteiligt werden. Die zweite Alternative hat dagegen zur Folge, dass der auf die Erdgeschosswohnung entfallende Kostenanteil von den übrigen Mietern zu tragen ist. Aus dem Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) folgt, dass sich dieser Umstand aus der Umlagevereinbarung ergeben muss. Deshalb ist für diesen Fall zu vereinbaren:

"Die Betriebskosten des Aufzugs werden flächenanteilig auf die Mieter der Obergeschosswohnungen umgelegt."

Fehlt eine solche Vereinbarung, so dürfen die Mieter der Obergeschosswohnungen davon ausgehen, dass die Aufzugskosten entsprechend der gesetzlichen Regelung nach der Gesamtfläche verteilt werden.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 20.09.2006, VIII ZR 103/06, NZM 2006, 895 = WuM 2006, 613

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