Leitsatz
- Auslegung einer Vereinbarung, dass für bauliche Veränderungen des Gemeinschaftseigentums ein Mehrheitsbeschluss ausreicht
- Bei Zustimmungsersetzung einer baulichen Veränderung durch Mehrheitsbeschluss bindet dieser die Eigentümer auch hinsichtlich der Kostenbeteiligung
- Darf ein Sondernutzungsberechtigter auf eigene Kosten eine bauliche Veränderung vornehmen, kann die erteilte Zustimmung dahin auszulegen sein, dass er auch die Folgekosten der Maßnahme zu tragen hat
- Im Beschlussanfechtungsverfahren sind sämtliche Eigentümer und der Verwalter materiell und formell beteiligt; formelle Beteiligung der Antragsgegner erfolgt über den Verwalter als Zustellungsvertreter; der Rechtsbeschwerdesenat kann die förmliche Beteiligung nachholen
- Verfahrensleitende Verfügungen kann in der Erstbeschwerdeinstanz auch der Einzelrichter treffen
- Das Erstbeschwerdegericht muss nicht auf alle Einzelheiten eines Beschwerdevorbringens eingehen
Normenkette
§ 16 WEG, § 22 Abs.1 WEG, § 43 Abs.1, 4 und Abs.4 Nr.2 WEG; § 27 Abs.1 Satz 2 FGG; § 551 Nr. 1 und Nr. 5 ZPO; Art.103 GG
Kommentar
1. Dachgeschosseigentümern waren jeweils auch Flächen eines Galeriegeschosses (Speichers) zur alleinigen Sondernutzung zugewiesen. In diesem Zusammenhang war vereinbart, dass "die jeweiligen Nutzungsberechtigten den Unterhalt der zugewiesenen Flächen zu bestreiten hätten, ebenso die Kosten für Erneuerungen und Renovierungen".
Weiterhin war in der Gemeinschaftsordnung vereinbart, dass "Änderungen an der äußeren Gestalt und der Farbe des Gebäudes - einschließlich der Balkone - eines Mehrheitsbeschlusses der Eigentümer bedürften ".
1981/1982 bauten die Dachgeschosseigentümer das ihnen zur Sondernutzung zugewiesene Galerie- bzw. Speichergeschoss aus und errichteten gleichzeitig auf den ihnen zugewiesenen Sondernutzungsflächen eine Dachterrasse, die gemeinschaftlich genutzt wurde.
1982 wurde beschlossen, dass "die Kosten einer durchgeführten Dachsanierung unter sämtlichen Eigentümern auszuteilen seien, die Kosten der Errichtung der Dachterrasse allein unter den Eigentümern der Dachgeschosswohnungen".
1996 traten an der Isolierung der Dachterrasse und der darunter liegenden Wärmedämmung Schäden auf, die zu Wassereinbruch führten. 1997 wurde die Erneuerung der Dachterrassenabdichtung behandelt und eine Instandsetzung der Dämmung und Dichtung der Terrasse im Dachgeschoss zu Kostenlasten "der Gemeinschaft" beschlossen, zur Finanzierung dieses Beschlusses zusätzlich eine Sonderumlage "mit Verteilung der Beitragsleistungen auf alle Eigentümer nach Miteigentumsanteilen".
Die Beschlussanfechtung eines Eigentümers hatte in allen drei Instanzen Erfolg.
2. In Beschlussanfechtungsverfahren sind sämtliche Wohnungseigentümer sowie der Verwalter materiell beteiligt und deshalb auch durch das Gericht zum Verfahren zuzuziehen. Im amtsgerichtlichen Verfahren wurden hier auch zu Recht sämtliche Schriftstücke dem Verwalter jeweils auch als Zustellungsvertreter der übrigen Eigentümer in Antragsgegnerschaft zugeleitet, was genügt (h.R.M.). Auch in II. Instanz erhielt der Verwalter als Zustellungsvertreter die Beschwerdeschrift und Ladung zur mündlichen Verhandlung, an der er auch teilgenommen hat. Soweit im weiteren Beschwerdeverfahren eine Beteiligung des Verwalters und eines Antragsgegners unterblieben ist, führt dies nicht zur Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidung und Zurückverweisung wegen Verstoßes gegen § 27 Abs.1 Satz 2 FGG i.V.m. § 551 Nr.5 ZPO, da der Senat die förmliche Beteiligung nachgeholt und somit rechtliches Gehör gewährt hat; eine weitere Sachaufklärung war auch weder notwendig noch zu erwarten (vgl. BGH, NJW 1998, 755/756; BayObLG, NZM 2000, 47/48).
3. Im Erstbeschwerdeverfahren hat der richterliche Berichterstatter auch lediglich verfahrensleitende Verfügungen getroffen, nicht aber als Einzelrichter verhandelt; die mündliche Verhandlung fand vor voll besetzter Kammer statt, die anschließend einen Beweisbeschluss erlassen hat; die Beteiligten haben sich dann auch mit Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung einverstanden erklärt, so dass auch kein Verstoß gegen § 551 Nr. 1 ZPO vorlag.
4. Das LG hat auch gegnerische Schriftsätze zur Kenntnis genommen und deren Inhalt in Erwägung gezogen; ein Eingehen auf alle Einzelheiten eines Beschwerdevorbringens in den Entscheidungsgründen ist und war nicht geboten, so dass auch kein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs ( Art. 103 GG) begründet war.
5. Die Abdichtung und Wärmedämmung einer Dachterrasse gehört zwingend zum Gemeinschaftseigentum; über deren Instand-setzung ist deshalb grundsätzlich auch gemeinschaftlich zu be-schließen (vgl. BayObLG, WM 1998, 369). Allerdings wurde mit Errichtung der Dachterrasse durch die Eigentümer der Dach-geschosswohnungen in die bauliche Substanz des Daches eingegriffen und die äußere Gestalt des Gebäudes nachhaltig verändert (vgl. auch BGHZ 116, 392, 395; OLG Köln, WE 1997, 430); ohne die Dachterrasse wären die nunmehr instandsetzungsbedürftige Abdichtung und Wä...