Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Anfechtung von Beschlüssen;. bauliche Veränderung. Wohnungseigentumssache. Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses
Leitsatz (amtlich)
1. Die nächstliegende Bedeutung einer Regelung der Gemeinschaftsordnung, wonach Änderungen an der äußeren Gestalt und der Farbe des Gebäudes eines Mehrheitsbeschlusses bedürfen, ist, daß ein Mehrheitsbeschluß ausreicht und die Mitwirkung aller benachteiligten Wohnungseigentümer nicht erforderlich ist.
2. Wird die an sich erforderliche Zustimmung eines Wohnungseigentümers zu einer baulichen Veränderung aufgrund einer in der Gemeinschaftsordnung getroffenen Regelung durch einen Mehrheitsbeschluß ersetzt, so ist dieser für ihn bindend und er hat sich grundsätzlich an den Kosten der baulichen Veränderung zu beteiligen.
3. Die Zustimmung zu einer baulichen Veränderung, die ein sondernutzungsberechtigter Wohnungseigentümer im Bereich seines Sondernutzungsrechts auf eigene Kosten vornehmen will (hier: Errichtung einer Dachterrasse), kann dahin auszulegen sein, daß er auch die Folgekosten dieser Maßnahme zu tragen hat.
Normenkette
WEG §§ 16, 22 Abs. 1
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen UR II 103/97) |
LG München I (Aktenzeichen 1 T 3116/98) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 25. Mai 2000 wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsgegner zu 1 hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen und den Antragstellern zu 1 bis 3 die im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerde verfahren wird auf 20.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller zu 1 bis 3 und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Anlage, die aus einem um 1900 erbauten Haus mit 15 Wohnungen besteht und von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. Der Antragsgegner zu 1 ist Miteigentümer der Dachgeschoßwohnung Nr. 13. Der Antragsteller zu 4 hat seine Anträge zurückgenommen.
Den Eigentümern der im Dachgeschoß gelegenen Wohnungen Nr. 12, 13 und 14 wurde in Nr. II der Teilungserklärung vom 24.4./1.6.1978 eine im Lageplan eingezeichnete Fläche des über dem Dachgeschoß liegenden Galeriegeschoßes (Speichers) zur gemeinschaftlichen Nutzung zugewiesen. Weitere Flächen des Galeriegeschoßes wurden den Eigentümern der drei Dachgeschoßwohnungen jeweils zur alleinigen Sondernutzung zugewiesen. Anschließend ist bestimmt:
Den Unterhalt der zugewiesenen Flächen haben die jeweiligen Nutzungsberechtigten zu bestreiten, ebenso die Kosten von Erneuerungen und Renovierungen.
Gemäß § 1 Nr. 4 der Gemeinschaftsordnung (GO) bedürfen Änderungen an der äußeren Gestalt und der Farbe des Gebäudes – einschließlich Balkone – eines Mehrheitsbeschlusses der Wohnungseigentümer. Bauliche Veränderungen innerhalb der Sondereigentumseinheiten, insbesondere Um- und Einbauten, bedürfen, soweit dadurch das gemeinschaftliche Eigentum oder das Sondereigentum eines anderen Wohnungseigentümers berührt wird, der Zustimmung des Verwalters.
Gemäß § 7 Nr. 1 GO werden die Kosten der Gemeinschaft grundsätzlich nach dem Verhältnis der sich aus der Teilungserklärung ergebenden Miteigentumsanteile auf die einzelnen Wohnungseigentümer umgelegt. Die Abstimmung in der Eigentümerversammlung erfolgt gemäß § 10 Nr. 3 GO nach tausendstel Miteigentumsanteilen.
Die Eigentümer der drei Dachgeschoßwohnungen bauten in den Jahren 1981/1982 das ihnen zur Sondernutzung zugewiesene Galerie- bzw. Speichergeschoß aus. Dabei schufen sie unter Einbeziehung von Teilen der den einzelnen Wohnungen zugewiesenen Sondernutzungsflächen eine Dachterrasse, die von allen drei Wohnungen aus zugänglich ist und genutzt wird. Der Bau der Dachterrasse wurde im Rahmen einer Sanierung des Dachs der Wohnanlage im Jahr 1982 durchgeführt. Zu den Baumaßnahmen ist in den Versammlungsniederschriften der Jahre 1980 bis 1982 folgendes festgehalten:
- In der Eigentümerversammlung vom 25.2.1980 wurde beschlossen, daß das Hausgeld und die Reparaturrücklage für die Speicher erst bezahlt werden müsse, sobald die Speicher ausgebaut seien. Ferner wurde erörtert, daß ein Teil der Dachziegel verrottet sei.
- In der Eigentümerversammlung vom 19.10.1981 wurden Anträge der Antragsteller zu 3 und 4, deren Ziel die Zurückstellung der Dachsanierung war, mit Mehrheit abgelehnt. Anschließend wurde mehrheitlich beschlossen, die Hausverwaltung mit der Vergabe der Arbeiten aufgrund der vorliegenden Leistungsverzeichnisse zu beauftragen und die Reparaturrücklage für die Dachsanierung heranzuziehen.
In der Eigentümerversammlung vom 14.4.1982, bei der 693,520/1000 Miteigentumsanteile vertreten waren, wurde die Dachsanierung als Tagesordnungspunkt (TOP) 7 behandelt. Die Versammlungsniederschrift lautet:
Herr … (Verwalter) erklärte der Eigentümergemeinschaft, daß mit der Firma N. ein Bauvertrag geschlossen wurde über Dachdeckerarbeiten in Höhe von DM 67.333,41 und über Spenglerarbeiten in Höhe von DM 3.966,25 insgesamt ...