Leitsatz
Bislang ergaben sich nach Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft erhebliche Probleme bei der Auseinandersetzung nichtehelicher Partner. Mit seinen beiden Entscheidungen vom 09.07.2008 (XII ZR 39/06 und XII ZR 179/05) hat der BGH nunmehr in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung, wonach der Grundsatz der Nichtausgleichung von Ansprüchen galt, klargestellt, dass im Einzelfall zu prüfen sei, ob unter den Gesichtspunkten des Wegfalls der Geschäftsgrundlage und der ungerechtfertigten Bereicherung ein Ausgleichsverlangen begründet sei. Beide Entscheidungen haben daher für die praktische Tätigkeit erhebliche Bedeutung.
Sachverhalt
Die Parteien lernten sich im Jahre 1990 kennen und nahmen in der Folgezeit eine nichteheliche Lebensgemeinschaft unter Beibehaltung getrennter Wohnungen auf. Ab 1999 errichteten sie auf einem von der Klägerin zuvor erworbenen Grundstück ein Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung. Das Anwesen sollte den Parteien als gemeinsame Wohnung dienen, außerdem sollte dort die Tochter der Klägerin einziehen. Für den Beklagten, der als Mitarbeiter einer Bausparkasse tätig war, sollten Büroräume eingerichtet werden. Zur Realisierung des Bauvorhabens, dessen Kosten mit 320.000,00 DM veranschlagt waren, trugen beide Parteien sowohl durch finanzielle Leistungen als auch durch Arbeitsleistungen bei. Im Februar 2000 wurde das Haus bezogen. Anfang 2003 traten Spannungen in der Beziehung der Parteien auf. Der Aufforderung der Klägerin zur Räumung und Herausgabe des Anwesens kam der Beklagte nach Klageerhebung nach. Widerklagend forderte er ca. 94.000,00 EUR für erbrachte Zahlungen und Eigenleistungen im Umfang von 1.000 Stunden, für die er jeweils 10,00 EUR ansetzte.
Das LG hat die Widerklage abgewiesen. Die Berufung des Beklagten blieb ohne Erfolg. Dagegen richtete sich dessen Revision, die in Höhe einer Forderung von ca. 94.000,00 EUR zuzüglich Zinsen zugelassen worden war.
Die Revision hatte Erfolg. Sie führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das OLG.
Entscheidung
Die Revision des Beklagten führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Der BGH verwies zunächst auf seine bisherige Rechtsprechung, wonach ein Ausgleich gemeinschaftsbezogener Zuwendungen der Partner grundsätzlich nicht stattfinde. Die persönlichen Beziehungen stünden derart im Vordergrund, dass sie auch das die Gemeinschaft betreffende vermögensbezogene Handeln der Parteien bestimmten und daher nicht nur in persönlicher, sondern auch in wirtschaftlicher Hinsicht grundsätzlich keine Rechtsgemeinschaft bestehe. Nach der bisherigen Rechtsprechung könne ein Ausgleich aber nach den Vorschriften über die bürgerlich-rechtliche Gesellschaft in Betracht kommen, wenn die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten einen entsprechenden Gesellschaftsvertrag geschlossen hätten. Eine rein faktische Willensübereinstimmung reiche für eine nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen zu beurteilende Zusammenarbeit nicht aus. Im vorliegenden Fall waren die Voraussetzungen eines gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsanspruchs nach Auffassung des BGH nicht erfüllt. Der hierzu vorausgesetzte, zumindest konkludent zustande gekommene Gesellschaftsvertrag sei im Ergebnis nicht festzustellen.
Gingen die von einem Partner erbrachten Leistungen jedoch über das hinaus, was das tägliche Zusammenleben erst ermögliche, so sei im Einzelfall gleichwohl zu prüfen, ob ein Ausgleichsanspruch nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage oder der ungerechtfertigten Bereicherung wegen Zweckverfehlung begründet sei. Dies gelte nicht nur für nichteheliche Lebensgemeinschaften, sondern auch für andere Formen des gemeinschaftlichen Lebens und Wirtschaftens, wie sie etwa unter verwitweten Geschwistern, sonstigen Verwandten oder Freunden vorstellbar seien. Auf einen sexuellen Bezug komme es insoweit nicht an.
Ausgleichsansprüche nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage und wegen Zweckverfehlung seien nunmehr vom Berufungsgericht im Einzelnen zu prüfen.
Hinweis
Mit dieser Entscheidung und der Entscheidung gleichen Datums zur Geschäftsnummer XII ZR 179/05 stellt der BGH die Rückabwicklung von Zuwendungen zwischen nichtehelichen Lebensgefährten auf neue dogmatische Grundlagen. Er setzt mit den beiden grundlegenden Entscheidungen die schon früher begonnene Umgestaltung der bisherigen Rechtsprechung fort. Hierbei orientiert er sich an den Grundsätzen, wie sie zwischen Ehegatten für den Ausgleich besonderer Zuwendungen gelten. Der bislang dominierende gesellschaftsrechtliche Ausgleich wurde eingeschränkt. Im Gegenzug hat der BGH jedoch nunmehr einen Ausgleich zwischen nichtehelichen Lebensgefährten auch wegen ungerechtfertigter Bereicherung und nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage zugelassen. Die bisher entgegenstehende langjährige ständige Rechtsprechung wurde ausdrückl...