Leitsatz
Bislang ergaben sich nach Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft erhebliche Probleme bei der Auseinandersetzung nichtehelicher Partner. Mit seinen beiden Entscheidungen vom 09.07.2008 (XII ZR 39/06 und XII ZR 179/05) hat der BGH nunmehr in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung, wonach der Grundsatz der Nichtausgleichung von Ansprüchen galt, klargestellt, dass im Einzelfall zu prüfen sei, ob unter den Gesichtspunkten des Wegfalls der Geschäftsgrundlage und der ungerechtfertigten Bereicherung ein Ausgleichsverlangen begründet sei. Beide Entscheidungen haben daher für die praktische Tätigkeit erhebliche Bedeutung.
Sachverhalt
Die Parteien stritten um Ansprüche nach Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft.
Sie lebten seit dem Jahre 1995 zusammen und hatten eine gemeinsame Tochter. Ebenfalls im Jahre 1995 erwarben sie ein Grundstück zu hälftigem Miteigentum und unter gleichmäßiger Beteiligung am Kaufpreis. In der Folgezeit bebauten sie das Grundstück mit einem Familienhaus. Die Klägerin war von Beruf Architektin und erbrachte dabei u.a. Planungsleistungen. Nach der Fertigstellung bewohnten die Parteien das Haus gemeinsam bis zur Trennung im Jahre 2002. Die Klägerin verlangte von dem Beklagten einen Ausgleich der von ihr für den Grundstückserwerb sowie für die Planung und Errichtung des Wohnhauses erbrachten Leistungen, die ihren Angaben zufolge den finanziellen Beitrag des Beklagten überstiegen. Sie vertrat die Auffassung, nach der Trennung der Parteien habe der Beklagte ihr die Hälfte ihrer Mehrleistungen nebst Zinsen, insgesamt ca. 204.000,00 EUR, zu erstatten.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Hiergegen richtete sich die zugelassene Revision, mit der die Klägerin ihren erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgte.
Das Rechtsmittel war erfolgreich.
Entscheidung
Die Revision der Klägerin führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Der BGH verwies zunächst auf seine bisherige Rechtsprechung, wonach ein Ausgleich gemeinschaftsbezogener Zuwendungen der Partner grundsätzlich nicht stattfinde. Die persönlichen Beziehungen stünden derart im Vordergrund, dass sie auch das die Gemeinschaft betreffende vermögensbezogene Handeln der Parteien bestimmten und daher nicht nur in persönlicher, sondern auch in wirtschaftlicher Hinsicht grundsätzlich keine Rechtsgemeinschaft bestehe. Nach der bisherigen Rechtsprechung könne ein Ausgleich aber nach den Vorschriften über die bürgerlich-rechtliche Gesellschaft in Betracht kommen, wenn die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten einen entsprechenden Gesellschaftsvertrag geschlossen hätten. Eine rein faktische Willensübereinstimmung reiche für eine nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen zu beurteilende Zusammenarbeit nicht aus. Im vorliegenden Fall waren die Voraussetzungen eines gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsanspruchs nach Auffassung des BGH nicht erfüllt. Der hierzu vorausgesetzte, zumindest konkludent zustande gekommene Gesellschaftsvertrag sei im Ergebnis nicht festzustellen.
Gingen die von einem Partner erbrachten Leistungen jedoch über das hinaus, was das tägliche Zusammenleben erst ermögliche, so sei im Einzelfall gleichwohl zu prüfen, ob ein Ausgleichsanspruch nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage oder der ungerechtfertigten Bereicherung wegen Zweckverfehlung begründet sei. Dies gelte nicht nur für nichteheliche Lebensgemeinschaften, sondern auch für andere Formen des gemeinschaftlichen Lebens und Wirtschaftens, wie sie etwa unter verwitweten Geschwistern, sonstigen Verwandten oder Freunden vorstellbar seien. Auf einen sexuellen Bezug komme es insoweit nicht an.
Ausgleichsansprüche nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage und wegen Zweckverfehlung seien nunmehr vom Berufungsgericht im Einzelnen zu prüfen.
Hinweis
Mit dieser Entscheidung und der Entscheidung gleichen Datums zur Geschäftsnummer XII ZR 179/05 stellt der BGH die Rückabwicklung von Zuwendungen zwischen nichtehelichen Lebensgefährten auf neue dogmatische Grundlagen. Er setzt mit den beiden grundlegenden Entscheidungen die schon früher begonnene Umgestaltung der bisherigen Rechtsprechung fort. Hierbei orientiert er sich an den Grundsätzen, wie sie zwischen Ehegatten für den Ausgleich besonderer Zuwendungen gelten. Der bislang dominierende gesellschaftsrechtliche Ausgleich wurde eingeschränkt. Im Gegenzug hat der BGH jedoch nunmehr einen Ausgleich zwischen nichtehelichen Lebensgefährten auch wegen ungerechtfertigter Bereicherung und nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage zugelassen. Die bisher entgegenstehende langjährige ständige Rechtsprechung wurde ausdrücklich aufgegeben. Eine Verkürzung der in der Vergangenheit bestehenden Ausgleichsmöglichkeiten sei im Ergebnis nicht gerechtfertigt. Vielmehr solle ein Ausgleich auch dann ermöglicht werden, wenn zwar ein gemei...