FinMin Nordrhein-Westfalen, Erlaß v. 10.2.2012, S 0130 - § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO Karte 809

Sozialhilfe nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) XII, das mit Wirkung zum 1.1.2005 an die Stelle des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) getreten ist, ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, beschaffen können. Bei nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern sind das Einkommen und das Vermögen beider Ehegatten oder Lebenspartner zu berücksichtigen; gehören minderjährige unverheiratete Kinder dem Haushalt ihrer Eltern oder eines Elternteils an und können sie den notwendigen Lebensunterhalt aus ihrem Einkommen und Vermögen nicht beschaffen, sind auch das Einkommen und das Vermögen der Eltern oder des Elternteils zu berücksichtigen.

Die Sozialhilfe wird von örtlichen und überörtlichen Trägern geleistet (§ 3 Abs. 1 SGB XII). Örtliche Träger der Sozialhilfe sind die kreisfreien Städte und die Kreise, soweit nicht nach Landesrecht etwas anderes bestimmt wird (§ 3 Abs. 2 SGB XII). Die Länder bestimmen die überörtlichen Träger der Sozialhilfe (§ 3 Abs. 3 SGB XII). Überörtliche Träger der Sozialhilfe sind in Nordrhein-Westfalen die Landschaftsverbände; sie führen die Sozialhilfe als Selbstverwaltungsangelegenheit durch (§ 1 Landesausführungsgesetz zum SGB XII – Sozialhilfe – für das Land Nordrhein-Westfalen, AG-SGB XII NRW).

Diesen Institutionen haben die Finanzbehörden nach § 21 Abs. 4 SGB X auf Ersuchen Auskunft über die ihnen bekannten Einkommens- oder Vermögensverhältnisse des Antragstellers, Leistungsempfängers, Erstattungspflichtigen, Unterhaltsverpflichteten, Unterhaltsberechtigten oder der zum Haushalt rechnenden Familienmitglieder zu erteilen, soweit es nach dem SGB XII erforderlich ist.

Zulässig ist auch die Erteilung von Auskünften, wenn Sozialhilfeverwaltungen wegen des Nachlasses und der Personalien der Erben eines verstorbenen Sozialhilfeempfängers anfragen. Unter den Voraussetzungen der §§ 102 und 103 SGB XII sind die Erben eines Sozialhilfeempfängers zum Ersatz der Kosten der Sozialhilfe verpflichtet. Ebenfalls dürfen Anfragen in den Fällen beantwortet werden, in den der Sozialhilfeempfänger selbst erbrechtliche Ansprüche erworben hat.

Einer Auskunftspflicht nach § 21 Abs. 4 SGB X steht auch im Fall eines nach § 94 SGB XII übergeleiteten bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsanspruchs nicht entgegen, dass die Auskunft für ein Verfahren benötigt wird, das der ordentlichen Gerichtsbarkeit unterliegt. Die im Klageverfahren vorangehende Prüfung, ob überhaupt ein nach § 94 SGB XII überleitbarer Unterhaltsanspruch gegen den Steuerpflichtigen (Unterhaltsverpflichteten) besteht, erfolgt nämlich nach den Vorschriften des SGB XII und damit in einem Verfahren nach dem Sozialgesetzbuch.

Hinsichtlich des Umfangs der zu erteilenden Auskünfte ist zu beachten, dass § 21 Abs. 4 SGB X die Finanzbehörde grundsätzlich nicht dazu berechtigt, dem Träger der Sozialhilfe den letzten Einkommen- bzw. Vermögensteuerbescheid sowie weitere Unterlagen (z.B. Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung) des Steuerpflichtigen (Unterhaltsverpflichteten) zu übersenden. Dies gilt auch dann, wenn der Träger der Sozialhilfe deren Übermittlung mit dem Hinweis auf sozialrechtliche Kürzungsvorschriften begründet. Diese Unterlagen enthalten Angaben, die über das für das Verfahren nach dem SGB XII Erforderliche hinausgehen und daher ohne Zustimmung des Betroffenen nicht offenbart werden dürfen.

Die Auskunftspflicht nach § 21 Abs. 4 SGB X besteht auch gegenüber den Jugendämtern, soweit diese als Träger der Sozialhilfe tätig werden (siehe AO-Kartei NW § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO Karte 810).

Zur Auskunft nach § 21 Abs. 4 SGB X siehe auch AO-Kartei NW § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO Karte 801.

 

Normenkette

AO 1977 § 30 Abs. 4 Nr. 2;

SGB X § 21 Abs. 4;

SGB XII § 94

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