FinMin Nordrhein-Westfalen, Erlaß v. 27.3.2018, S 0130 - § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO Karte 809

 

1. Anspruch auf Sozialhilfe

Sozialhilfe nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) XII, das mit Wirkung zum 1.1.2005 an die Stelle des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) getreten ist, ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, beschaffen können. Bei nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern sind das Einkommen und das Vermögen beider Ehegatten oder Lebenspartner zu berücksichtigen; gehören minderjährige unverheiratete Kinder dem Haushalt ihrer Eltern oder eines Elternteils an und können sie den notwendigen Lebensunterhalt aus ihrem Einkommen und Vermögen nicht beschaffen, sind auch das Einkommen und das Vermögen der Eltern oder des Elternteils zu berücksichtigen.

 

2. Träger der Sozialhilfe

Die Sozialhilfe wird von örtlichen und überörtlichen Trägern geleistet (§ 3 Abs. 1 SGB XII). Örtliche Träger der Sozialhilfe sind die kreisfreien Städte und die Kreise, soweit nicht nach Landesrecht etwas anderes bestimmt wird (§ 3 Abs. 2 SGB XII). Die Länder bestimmen die überörtlichen Träger der Sozialhilfe (§ 3 Abs. 3 SGB XII). Überörtliche Träger der Sozialhilfe sind in Nordrhein-Westfalen die Landschaftsverbände. Die Träger der Sozialhilfe führen die Sozialhilfe als Selbstverwaltungsangelegenheit durch. Die Aufgabe nach dem Vierten Kapitel SGB XII wird dagegen in Bundesverwaltung erledigt, soweit Geldleistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII zu erbringen sind (§ 1 Landesausführungsgesetz zum SGB XII – Sozialhilfe – für das Land Nordrhein-Westfalen, AG-SGB XII NRW).

Die Sozialhilfe umfasst:

  • Hilfe zum Lebensunterhalt (§§ 27 bis 40 SGB XII – Drittes Kapitel)
  • Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (§§ 41 bis 46b SGB XII – Viertes Kapitel)
  • Hilfen zur Gesundheit (§§ 47 bis 52 SGB XII – Fünftes Kapitel)
  • Eingliederungshilfe für behinderte Menschen (§§ 53 bis 60a SGB XII – Sechstes Kapitel)
  • Hilfe zur Pflege (§§ 61 bis 66a SGB XII – Siebtes Kapitel)
  • Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (§§ 67 bis 69 SGB XII – Achtes Kapitel)
  • Hilfe in anderen Lebenslagen (§§ 70 bis 74 SGB XII – Neuntes Kapitel)

Auch Jugendämter können als Träger der Sozialhilfe tätig werden (Auskunftspflicht siehe AO-Kartei NW § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO Karte 810).

 

3. Auskunftsanspruch

Der Auskunftsanspruch des Träger der Sozialhilfe kann sich aus den folgenden Anspruchsgrundlagen ergeben:

  1. § 21 Abs. 4 SGB X (siehe AO-Kartei NW § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO Karte 801)
  2. § 31a Abs. 1 Nr. 1b) Buchstaben bb) AO (siehe AEAO zu § 31a AO Nr. 4)
  3. § 31a Abs. 1 Nr. 2 (siehe AEAO zu § 31a AO Nr. 5)
 

4. Einzelne Fallgestaltungen

 

4.1. Tod des Sozialleistungsempfängers

Die Erteilung von Auskünften wegen des Nachlasses und der Personalien der Erben sind zulässig, soweit die Erben unter den Voraussetzungen der §§ 102 und 103 SGB XII zum Ersatz der Kosten der Sozialhilfe verpflichtet sind (§ 30 Abs. 4 Nr. 2 AO i.V.m. § 21 Abs. 4 SGB X).

 

4.2. Sozialleistungsempfänger ist Erbe/Vermächtnisnehmer/Drittbegünstigter oder hat Pflichtteilsansprüche bzw. Pflichtteilsergänzungsansprüche bereits erfolgreich geltend gemacht

Die Mitteilung der Höhe des erbschaftsteuerlichen Erwerbs bzw. des erworbenen Vermögens ist zulässig (§ 30 Abs. 4 Nr. 2 AO i.V.m. § 21 Abs. 4 SGB X) Es handelt sich insoweit um Vermögen des Leistungsempfängers, das dieser im Hinblick auf den Nachrang der Sozialhilfe (§ 2 SGB XII, § 19 Abs. 3 SGB XII) zur Bestreitung der Kosten der Sozialhilfe einsetzen muss.

 

4.3. Sozialleistungsempfänger hat in Zeiten des Leistungsbezugs Schenkungen vom Erblasser erhalten oder Schenkungen von Dritten erhalten

Die Mitteilung der Höhe der Zuwendungen und des erworbenen Vermögens ist zulässig (§ 30 Abs. 4 Nr. 2 AO i.V.m. § 21 Abs. 4 SGB X), wenn die Schenkungen in Zeiten des Leistungsbezugs erfolgt sind und es sich insoweit um Vermögen des Leistungsempfängers i.S. des § 90 SGB XII handelt. Dieses Vermögen muss der Leistungsempfänger einsetzen zur Bestreitung der Aufwendungen im Hinblick auf den Nachrang der Sozialhilfe (§ 2 SGB XII, § 19 Abs. 3 SGB XII). Sofern in der Anfrage nicht enthalten, sollte um Angabe des Leistungszeitraums gebeten werden.

 

4.4. Sozialleistungsempfänger hat weder erbrechtliche Ansprüche erworben noch Schenkungen erhalten

Die Erteilung von Auskünfte ist nicht zulässig, da insoweit § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO i.V.m. § 21 Abs. 4 SGB X keine Offenbarungsbefugnis eröffnet, wenn erbrechtliche Ansprüche bzw. Schenkungen seitens des Sozialleistungsempfängers nach Aktenlage nicht erworben worden sind, wie zum Beispiel keine Pflichtteilsansprüche bzw. Pflichtteilsergänzungsansprüche bereits erfolgreich geltend gemacht worden sind. Die Anfragen dienen dann der Prüfung der Überleitung eines Pflichtteilsanspruchs (§ 2303 BGB) bzw. eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs (§ 2325 BGB) des Sozialleistungsempfängers auf den Sozialhilfeträger gemäß § 93 Abs. 1 SGB XII. Es han...

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