Leitsatz

Der Vater eines 16 1/2-jährigen Sohnes begehrte Auskunft über dessen psychotherapeutische Behandlung durch Benennung der Psychotherapeutin, die seinen Sohn bis zum Jahre 2007 behandelt hatte sowie durch deren Entbindung von der Schweigepflicht.

Der Antrag des Vaters wurde vom Familiengericht zurückgewiesen. Die hiergegen von ihm eingelegte Beschwerde blieb ohne Erfolg.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das KG wies darauf hin, dass gemäß § 1686 BGB jeder Elternteil von dem anderen Elternteil bei berechtigtem Interesse Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes verlangen könne, soweit dies dem Wohl des Kindes nicht widerspreche. Das AG habe diese Voraussetzungen zu Recht als nicht gegeben erachtet. Von daher könne offen bleiben, ob gemäß § 1686 BGB überhaupt eine Verpflichtung bestehe, den das Kind behandelnden Arzt oder Psychotherapeuten von der Schweigepflicht ggü. dem nicht sorgeberechtigten Elternteil zu entbinden (verneinend z.B. OLG Schleswig, SchlHA 1978, 115; OLG Bremen OLGReport Bremen 1999, 86; Oelkers NJW 1995, 1335).

Selbst wenn man dies annehmen würde, bestünde ein Anspruch des Vaters nicht.

Ebenfalls könne offen bleiben, ob der Vater ein berechtigtes Interesse an Informationen über die mehr als zwei Jahre zurückliegende Behandlung seines Sohnes habe. Die Erteilung einer Auskunft über die Behandlung und ihre Dauer sowie eine Befreiung der Psychotherapeutin von der Schweigepflicht widerspreche jedenfalls dem Kindeswohl. Der Sohn selbst sei nicht damit einverstanden, dass sein Vater Informationen über seine psychotherapeutische Behandlung erhalte. Dies habe er ggü. dem Jugendamt erklärt. Die von ihm geäußerte Einstellung stehe auch in Übereinstimmung mit dem gestörten Verhältnis zwischen Vater und Sohn. Die Mutter könne nicht dazu verpflichtet werden, sich über diesen Willen hinwegzusetzen.

Zum Umgangsrecht sei anerkannt, dass die Ablehnung eines Umgangs durch ein Kind im Alter des hier Betroffenen grundsätzlich der Anordnung des Umgangs entgegenstehe (vgl. z.B. OLG Hamburg FamRZ 2008, 1372; MünchKomm/Finger, 5. Aufl., § 1684 BGB Rz. 44; Schneider in Rahm/Künkel Hdb. des Familiengerichtsverfahrens, III B 637). Mindestens eine gleich starke Bedeutung sei dem Willen des Kindes beizumessen, wenn es um den engsten persönlichen Bereich gehe, wozu auch eine psychotherapeutische Behandlung gehöre. Während einer solchen Behandlung kämen regelmäßig intime Gefühle und Sachverhalte zur Sprache, an deren Geheimhaltung ein erhebliches Interesse des Patienten bestehe.

Der Wille des Sohnes sei angesichts des langjährig gestörten Verhältnisses zu seinem Vater auch als beachtlich anzuerkennen.

Für den Antrag auf (isolierte) Benennung von Namen und Anschrift der Psychotherapeutin fehle es im Übrigen an einem berechtigten Interesse des Vaters i.S.v. § 1686 BGB, da die Behandlung seit längerem abgeschlossen sei. Die Psychotherapeutin sei ohne das erforderliche Einverständnis zur Erteilung von Auskünften über die Behandlung und ihre Dauer auch nicht berechtigt.

Ergänzend wies das KG darauf hin, dass beide Anträge auch in der Sache keinen Erfolg haben könnten. Der Sohn sei inzwischen volljährig, so dass die Mutter für den ihn betreffenden Antrag nicht passiv legitimiert sei. Die Auskunftsverpflichtung nach § 1686 BGB treffe nur den ein minderjähriges Kind betreuenden Elternteil, wie sich bereits aus der Regelung in den Vorschriften über die elterliche Sorge ergebe.

 

Link zur Entscheidung

KG Berlin, Beschluss vom 28.10.2010, 19 UF 52/10

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