Leitsatz
Der Scheinvater beabsichtigte, den biologischen Vater auf Zahlung des von ihm an das Kind geleisteten Unterhalts in Anspruch zu nehmen. In dem Verfahren vor dem OLG ging es um die Frage, ob ihm zum Zwecke der Vorbereitung eines Rückgriffsanspruchs gegen den leiblichen Vater gegen die Kindesmutter ein Anspruch auf Auskunft darüber zusteht, mit wem sie während der gesetzlichen Empfängniszeit Geschlechtsverkehr hatte.
Sachverhalt
Die Beteiligten zu 1) und 2) hatten am 30.12.1991 die Ehe miteinander geschlossen. Das Kind M. H. C. 31.5.1992 geboren. Die Scheidung der Ehe erfolgte nach der Geburt des Kindes durch Urteil des AG vom 19.3.1998, rechtskräftig seit dem 19.5.1998.
Der Beteiligte zu 1) leistete als Scheinvater des am 31.5.1992 ehelich geborenen Kindes Kindesunterhalt. Er wurde durch Urteil vom 7.10.2004 verurteilt, ab Dezember 2002 Unterhalt i.H.v. 60 % des Regelbetrages nach § 2 RegelbetragVO in der jeweiligen Altersstufe zu zahlen. Die titulierten Unterhaltsansprüche zahlte der Beteiligte zu 1) teilweise zu Händen der Beteiligten zu 2) als Kindesmutter, die zudem für das Kind mehrfach erfolgreich die Zwangsvollstreckung betrieb.
Aus dem Abstammungsgutachten nach Antragstellung gemäß § 1598a BGB vom 17.2.2009 ergab sich, dass der Beteiligte zu 1) nicht der biologische Vater des Kindes war. Das Gutachten wurde eingeholt, nachdem das Kind im Verfahren vor dem AG die Mitwirkung gemäß § 1598a BGB anerkannt hatte und die Beteiligte zu 2) zu den entsprechenden Mitwirkungshandlungen verpflichtet worden war.
Der Beteiligte zu 1) hat sodann beantragt, die Beteiligte zu 2) zu verurteilen, ihm unter Benennung von Vor- und Familiennamen, Anschrift und Geburtsdatum Auskunft darüber zu erteilen, mit wem sie während der gesetzlichen Empfängniszeit vom 300. Tag bis 181. Tag vor dem 31.5.1992 Geschlechtsverkehr hatte. Zur Begründung trug er vor, er beabsichtige gemäß § 1607 Abs. 3 BGB übergegangene Ansprüche gegen den leiblichen Vater des Kindes geltend zu machen.
Das AG hatte dem Beteiligten zu 1) Verfahrenskostenhilfe verweigert.
Hiergegen richtete sich die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1). Das Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.
Entscheidung
Das OLG kam zu dem Ergebnis, das FamG habe es zu Recht abgelehnt, dem Beteiligten zu 1) Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen. Der von ihm gegen die Beteiligte zu 2) erhobene Anspruch auf Auskunft stehe ihm nach § 242 BGB derzeit nicht zu.
Die Voraussetzungen eines Auskunftsanspruchs lägen insoweit vor, als der Beteiligte zu 1) nicht wisse und ohne die Beteiligte zu 2) nicht wissen könne, wer ihr in der gesetzlichen Empfängniszeit beigewohnt habe und gegen wen er nach §§ 1607 Abs. 3 S. 2 und 1, 1601, 1602 Abs. 1, 1610 Abs. 1 BGB möglicherweise übergangene Ansprüche geltend machen könne. Es sei mangels weiterer Anhaltspunkte auch davon auszugehen, dass die Beteiligte zu 2) diese Angaben ohne weiteres machen könne.
Im vorliegenden Verfahren bestehe aber die Besonderheit, dass der Beteiligte zu 1) seine Vaterschaft bislang nicht gerichtlich angefochten habe. Das im Rahmen des Verfahrens nach § 1598a BGB eingeholte Abstammungsgutachten sei zwar zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beteiligte zu 1) nicht der biologische Vater des Kindes sei. Mit der Abstammungsklärung seien aber keine statusrechtlichen sowie familienrechtlichen Konsequenzen verbunden. Es handele sich um eine "rechtsfolgenlose Klärung der Abstammungsverhältnisse". Die Rechtslage bleibe also auch bei Widerlegung der Abstammung von dem juristisch als Vater geltenden Mann nahezu unverändert. Der Scheinvater bleibe sorgeberechtigt und unterhaltspflichtig, er könne diese Rechte und Pflichten jetzt allein durch Vaterschaftsanfechtung beendigen.
Die Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB könne im Regressprozess des Scheinvaters gegen den mutmaßlichen Erzeuger des Kindes nach der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 2008, 1424) in besonders gelagerten Einzelfällen zwar mit der Folge durchbrochen werden, dass die Vaterschaft des mutmaßlichen Erzeugers inzident festgestellt werde.
Im vorliegenden Fall bestehe aber die Besonderheit, dass der Beteiligte zu 1) nach wie vor als rechtlicher Vater des Kindes gemäß § 1592 Nr. 1 BGB gelte und demnach eine anderweitige gerichtliche Feststellung der Vaterschaft gemäß § 1600d BGB nicht in Betracht komme, da ein Vaterschaftsfeststellungsantrag gemäß § 1600d Abs. 1 BGB eine ungeklärte Vaterschaft voraussetze.
Es obliege daher dem Beteiligten zu 1) die gerichtliche Feststellung zu betreiben, dass er nicht der Vater des Kindes sei.
Derzeit sei seine Rechtsverfolgung aufgrund der Nichtklärung seiner Vaterschaft nicht Erfolg versprechend. Zu Recht sei ihm daher Verfahrenskostenhilfe nicht gewährt worden.
Link zur Entscheidung
Thüringer OLG, Beschluss vom 02.11.2010, 1 WF 353/10