Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Auch schuldrechtliche Regelungen des Alleineigentümers mit künftigen Wohnungseigentümern sind wie dingliche bzw. verdinglichte (dinglich wirkende) Vereinbarungen auszulegen
Nachprüfbarkeit durch das Rechtsbeschwerdegericht
Normenkette
§ 10 WEG, § 27 FGG, § 133 BGB
Kommentar
Auch Regelungen des teilenden Alleineigentümers über das Verhältnis der künftigen Wohnungseigentümer untereinander, die nicht im Grundbuch eingetragen sind (hier: Einbauberechtigung einer "eingezogenen Dachterrasse" im Spitzboden eines Wohnungssondereigentums), werden nach objektiven Kriterien, insbesondere nach dem Wortlaut, unter Berücksichtigung der allen möglichen Erwerbern bekannten Umstände ausgelegt. Diese Auslegung ist nicht den Tatsachengerichten vorbehalten, sondern vom Rechtsbeschwerdegericht in vollem Umfang nachprüfbar.
Im vorliegenden Fall mussten sich die Ersterwerber dem Alleineigentümer gegenüber verpflichten (mit der weiteren Verpflichtung, diese auch einem Rechtsnachfolger aufzuerlegen), bestimmte Aus- und Umbauten im Dachbereich zu tolerieren, insbesondere die Erstellung einer eingezogenen Dachterrasse. Eine solche eingezogene Dachterrasse sei eine im Dachbereich liegende Terrasse, die nicht vollständig, aber teilweise das Dach ersetze und nicht balkonartig über die Hauswand hinausstehe. Nach Stellungnahme eines Sachverständigen in der Tatsacheninstanz habe dieser Begriff i. ü. keine allgemein anerkannte und festgeschriebene Bedeutung. Es sei darunter nach der Wortbedeutung eine Terrasse zu verstehen, deren Vorderkante an der Schnittlinie zwischen Dachhaut und dem Boden des Dachgeschosses liege (anders als z. B. eine "eingeschnittene Dachterrasse"). Mit diesem Zusatz sei klargestellt worden, dass eben über der Wohnung nicht der Dachspitz entfernt werden dürfe und die Decke über der Wohnung zum Boden einer Terrasse gemacht werde (wie nicht selten bei älteren Häusern), sodass die Bezeichnung "eingezogen" seinen guten und notwendigen Sinn habe.
Auch wenn die betreffende Vereinbarung nicht im Grundbuch eingetragen worden sei, würden für die Auslegung der vom teilenden Alleineigentümer aufgestellten Regelungen (wenn auch hier nur schuldrechtlich wirkend) für die Auslegung im Ergebnis ähnliche Regeln wie für Grundbucheintragungen gelten (Vergleichbarkeit der Teilungserklärung mit einer Vereinssatzung, die ebenfalls nach h. M. nicht wie ein gewöhnlicher Vertrag auszulegen ist); auch die Auslegung einer Vereinssatzung sei eine Rechtsfrage und nicht den Tatsachengerichten vorbehalten (einheitliche Auslegung für alle Mitglieder). Es mache daher für die Auslegung im Ergebnis keinen Unterschied, ob eine Teilungserklärung als Vereinbarung infolge Eintragung ins Grundbuch nach § 10 Abs. 2 WEG dinglich wirke oder nur schuldrechtlich durch Weitergabe von einem Wohnungseigentümer an den nächsten im jeweiligen Verkaufsvertrag (wie hier in der Teilungserklärung vorbestimmt).
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 29.11.1991, BReg 2 Z 115/91)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer