Leitsatz
Eine volljährige Tochter nahm ihren Vater auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch. Erstinstanzlich hatte sie beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie ab 1.10.2003 "Elementarunterhalt", Vorsorgeunterhalt und Altersvorsorgeunterhalt zu zahlen sowie einen Rückstand für die Zeit vom 1.4.2002 bis 30.9.2003 i.H.v. 20.864,37 EUR, zahlbar an das Sozialamt der Stadt Frankfurt.
Die Klägerin hatte einen kleinen Sohn, der seit April 2004 fremduntergebracht war und nicht mehr bei ihr lebte. Die Fremdunterbringung erfolgte auf der Grundlage des Entzuges des Aufenthaltsbestimmungsrechts durch Beschluss des AG aus dem Monat August 2004. Jedenfalls für die Zeit ab 1.2.2005 war die Klägerin nicht mehr durch die Betreuung ihres Kindes an einer Erwerbstätigkeit gehindert. In erster Instanz trug sie vor, dass sie aus gesundheitlichen Gründen, wegen einer psychischen Erkrankung, nicht in der Lage sei, mehr als zwei Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Insoweit verwies sie auf den bei ihr festgestellten Grad der Behinderung von 70 % wegen eines Rückenleidens und einer chronischen Erkrankung an Hepatitis.
Erstinstanzlich wurde die Klage abgewiesen. Das Rechtsmittel der Klägerin hatte keinen Erfolg.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG kam zu dem Ergebnis, die Berufung der Klägerin gegen die Abweisung ihrer Unterhaltsklage für die Zeit ab 1.2.2005 sei als unbegründet zurückzuweisen.
Anders als für den Zeitraum bis 31.1.2005, über den bereits durch Teilurteil abschließend erkannt worden war, stehe ein Unterhaltsanspruch der volljährigen Klägerin aus § 1601 BGB für die Zeit ab 1.2.2005 entgegen, dass sie ab diesem Zeitpunkt in der Lage gewesen sei, ihren Unterhaltsbedarf durch Erwerbstätigkeit sicherzustellen.
Für die Zeit ab 1.2.2005 sei sie hieran nicht mehr durch die Betreuung ihres Sohnes gehindert gewesen, da dieser ab April 2004 tatsächlich und rechtlich nicht mehr angreifbar fremduntergebracht war.
Nach dem eingeholten arbeitsmedizinischen Sachverständigengutachten könne nicht angenommen werden, dass die Klägerin einer unterhaltssichernden Erwerbstätigkeit nicht nachgehen könne. Vielmehr habe der Sachverständige nach den erhobenen Befunden bei der Klägerin eine Leistungsfähigkeit für eine vollschichtige, mittelschwere Erwerbstätigkeit festgestellt.
Der Kampf der Klägerin um die Rückführung ihres Kindes könne sie ab Februar 2005 nicht von der Obliegenheit entlasten, durch eigene Erwerbstätigkeit ihren Unterhalt sicherzustellen.
Trotz ihrer mit einem Grad von 70 % anerkannten Behinderung erscheine es möglich, dass die Klägerin einen Arbeitsplatz mit einem sozialversicherungspflichtigen Nettomonatseinkommen von jedenfalls 840,00 EUR bzw. 890,00 EUR finden könne. Dies unter Berücksichtigung ihrer qualifizierten Ausbildung in der Vergangenheit und ihrer Berufserfahrung als Verwaltungsangestellte.
Für die volljährige Klägerin würden dieselben strengen Anforderungen gelten wie umgekehrt für die Haftung der Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern nach § 1603 Abs. 2 BGB. Vor diesem Hintergrund, dass eine Volljährige jede Arbeit annehmen müsse, die ihr gesundheitlich zumutbar sei, sei die Klägerin ab Februar 2005 nicht mehr als unterhaltsbedürftig anzusehen.
Link zur Entscheidung
OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 21.09.2005, 2 UF 157/04