Leitsatz
Die Parteien stritten sich darüber, ob im Rahmen ihrer Ehescheidung der Versorgungsausgleich nach den gesetzlichen Vorschriften durchzuführen oder ob dieser aufgrund ehevertraglicher Vereinbarungen auszuschließen war.
Sachverhalt
Die Parteien hatten im Jahre 1997 die Ehe geschlossen. Aus ihrer Ehe waren die in den Jahren 1997 und 1998 geborenen Töchter hervorgegangen. In einem notariellen Ehevertrag vom 21.1.1997 hatten sie u.a. den Versorgungsausgleich ausgeschlossen. Der Ehemann war zum Zeitpunkt der Eheschließung im Gärtnereibetrieb seiner Eltern angestellt, die Ehefrau absolvierte eine Ausbildung zur Industriekauffrau.
Bei Abschluss des Vertrages war die Ehefrau schwanger. Um künftige ehebedingte Nachteile aufgrund der absehbaren Kindesbetreuung durch die Ehefrau beim Aufbau einer eigenen Altersversorgung abzumildern, schlossen die Parteien eine zusätzliche Abrede, die jedoch nicht Bestandteil des notariellen Vertrages wurde. Danach sollte die Ehefrau nach Beendigung ihrer Ausbildung im Betrieb der Eltern des Ehemannes zu einem Gehalt von 3.000,00 DM versicherungspflichtig angestellt werden und damit eigene Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erwerben. Nach Abschluss der Ausbildung wurde die Ehefrau wie vereinbart versicherungspflichtig angemeldet. Es wurden Versicherungsleistungen in der gesetzlichen Rentenversicherung für sie erbracht, obwohl sie zu keinem Zeitpunkt in dem Betrieb mitarbeitete, sondern sich der Kindererziehung widmete. Die Leistungen wurden jedoch nicht durchgehend auf der Basis des vereinbarten Bruttoeinkommens entrichtet. Aus diesem Grunde erstrebte die Ehefrau die Durchführung des Versorgungsausgleichs nach den gesetzlichen Vorschriften.
Das erstinstanzliche Gericht hat die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt.
Hiergegen legte der Ehemann Berufung ein und begehrte die Feststellung, dass der Versorgungsausgleich entsprechend der getroffenen Vereinbarung in dem notariellen Ehevertrag auszuschließen sei.
Das Rechtsmittel des Ehemannes war teilweise erfolgreich.
Entscheidung
In Anlehnung an die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen (grundlegend BGH v. 11.2.2004 - XII ZR 265/02, BGHReport 2004, 516) ordnete das OLG die teilweise Durchführung des Versorgungsausgleichs an. Zwar halte der Inhalt der getroffenen Vereinbarung der Wirksamkeitskontrolle stand. Im Zeitpunkt ihres Zustandekommens hätte die Vereinbarung nicht offenkundig zu einer derartig einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall geführt, dass sie als sittenwidrig anzusehen sei. Unter Berücksichtigung der weiteren Abrede (Anstellung der Ehefrau in dem Betrieb der Eltern des Ehemannes) sei für ihre Absicherung in einem Umfang Sorge getragen, der hinter derjenigen, die sie ohne Kindesbetreuung gehabt hätte, nicht zurückbleibe. Auch bei Ausübung ihres Berufes als Industriekauffrau hätte sie kein höheres Einkommen als monatlich 3.000,00 DM erzielen und damit auch keine höheren Anwartschaften erlangen können.
Der wirksame Ausschluss des Versorgungsausgleichs sei im Rahmen der Ausübungskontrolle jedoch anzupassen. Dafür seien nicht nur die Verhältnisse im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblich. Es sei dem Ehemann verwehrt, sich auf den Ausschluss zu berufen, da sich zum Zeitpunkt der Scheidung aus dem vereinbarten Ausschluss eine evident einseitige Lastenverteilung ergebe. Dies müsse die Ehefrau auch unter Berücksichtigung der Belange des Ehemannes nicht hinnehmen, da die dem Ausschluss zugrunde gelegte zusätzliche Abrede der Parteien in der Folgezeit nicht vollständig eingehalten worden sei.
Hinweis
Bei zusätzlichen Abreden außerhalb des notariellen Vertrages ist Vorsicht geboten, da es eventuell schwierig sein kann, den entsprechenden Nachweis zu führen. Auch Zusatzvereinbarungen sollten daher zur Vermeidung jeden Risikos in den notariellen Vertrag aufgenommen werden, da auch sie im Rahmen der Inhaltskontrolle durch die Gerichte zu berücksichtigen sind.
Link zur Entscheidung
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 27.04.2006, 2 UF 1/05