Leitsatz
Das KG hatte sich in dieser Entscheidung damit auseinanderzusetzen, ob ein zwischen den Parteien notariell vereinbarter Ausschluss des Versorgungsausgleichs sittenwidrig ist, obgleich in einem späteren Ehevertrag die getroffene Regelung zum Versorgungsausgleich von ihnen bestätigt wurde.
Sachverhalt
Die Parteien hatten am 7.7.1983 geheiratet, nachdem bei der Ehefrau am 21.3.1983 eine Schwangerschaft festgestellt worden war. Am 30.3.1983 schlossen sie durch notarielle Vereinbarung für ihre Ehe den Versorgungsausgleich aus. Der Ehemann, der zuvor bereits einmal verheiratet war, war nur unter dieser Voraussetzung zur Eheschließung bereit. Zugleich vereinbarten die Parteien in dieser Urkunde für die Ehe den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Sie waren sich darüber einig, dass die Antragsgegnerin mit Geburt des Kindes ihre Berufstätigkeit zunächst aufgeben und zumindest die ersten drei Jahre bzw. so lange zu Hause bleiben sollte, bis das Kind größer sei und zur Schule gehe.
Am 17.10.1983 wurde die Tochter der Parteien geboren. Die Antragsgegnerin, die bis zur Geburt nach einer Lehre als Reisebürokauffrau, deren Abschlussprüfung sie nicht bestanden hatte, in einem Reisebüro gearbeitet hatte, gab ihre Berufstätigkeit auf. Sie blieb in der Folgezeit zu Hause und betreute das Kind. Der Antragsteller war ab 1985/1986 nur noch in der Nachtschicht beschäftigt. Am 27.10.1998 schlossen die Parteien einen notariellen Ehevertrag und vereinbarten nunmehr Gütertrennung. Zugleich erklärten sie, dass es hinsichtlich des Versorgungsausgleichs bei der zwischen ihnen im Jahre 1983 getroffenen Regelung verbleiben solle. Die Ehefrau hielt die Vereinbarung zum Versorgungsausgleich für sittenwidrig, da sie zur Zustimmung der Vereinbarung gedrängt worden sei, zumal der Ehemann anderenfalls eine Ehe mit ihr nicht geschlossen hätte. Nach Beendigung des Erziehungsurlaubs habe er darauf bestanden, dass sie weiterhin zu Hause bleibe, da ansonsten wegen seiner Nachtschichttätigkeit kein Familienleben hätte stattfinden können. Zum Abschluss des Ehevertrages am 27.10.1998 sei es gekommen, weil der Ehemann ihr nach ihrem Verständnis erklärt habe, dass der Sohn aus erster Ehe dadurch von erbrechtlichen Ansprüchen ausgeschlossen werde.
Die Ehefrau hat die Durchführung des Versorgungsausgleichs beantragt.
Das AG hat mit Urteil vom 29.10.2008 die Ehe der Parteien geschieden und zugleich festgestellt, dass der Versorgungsausgleich nicht stattfinde. Die Vereinbarung hierzu aus dem Jahre 1993 sei nicht sittenwidrig gewesen, weil beide Parteien berufstätig gewesen seien und in Aussicht genommen hatten, dass die Ehefrau nach drei Jahren wieder arbeite.
Gegen die erstinstanzliche Entscheidung hat die Antragsgegnerin Berufung eingelegt. Ihr Rechtsmittel erwies sich als begründet.
Entscheidung
Nach Auffassung des KG war zwischen den Parteien der Ausschluss des Versorgungsausgleichs nicht wirksam vereinbart worden. Der Ausschluss des Versorgungsausgleichs durch notarielle Vereinbarung vom 30.3.1983 sei gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig, da er sittenwidrig sei.
Allein die Schwangerschaft der Antragsgegnerin bei Abschluss des Ehevertrages begründe für sich allein noch keine Sittenwidrigkeit, sondern indiziere lediglich eine ungleiche Verhandlungsposition und damit eine Disparität bei Vertragsabschluss, die es rechtfertige, den Vertrag einer verstärkten richterlichen Inhaltskontrolle zu unterziehen, wobei in einer Gesamtschau alle maßgeblichen Faktoren zu berücksichtigen seien (vgl. BGH FamRZ 2005, 1444; FamRZ 2006, 1359, 1361 und FamRZ 2007, 1310, 1311). Durch den Ausschluss des Versorgungsausgleichs mit notarieller Vereinbarung vom 30.3.1983 sei zum Nachteil der Antragsgegnerin ein Kernbereich der gesetzlichen Scheidungsfolgen ohne Ausgleich abbedungen worden. Die gesetzlichen Regelungen über den Versorgungsausgleich unterlägen zwar grundsätzlich der vertraglichen Disposition der Ehegatten. Die grundsätzliche Disponibilität dürfe aber nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelung durch vertragliche Vereinbarung beliebig unterlaufen werden könne.
Die Parteien hätten bei Vertragsabschluss von der Schwangerschaft der Antragsgegnerin gewusst. Für sie sei es die Motivation nach vorherigem fünfjährigen Zusammenleben gewesen, auf eine Heirat zu drängen. Für beide Parteien sei zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses selbstverständlich gewesen, dass die Antragsgegnerin ihre bestehende Berufstätigkeit zunächst aufgeben solle, um sich der Kindesbetreuung zu widmen. Einigkeit habe auch insoweit bestanden, als die Antragsgegnerin in jedem Fall die ersten drei Lebensjahre des Kindes nicht erwerbstätig sein und sich möglicherweise auch danach solange ausschließlich der Kinderbetreuung widmen sollte, bis das Kind zur Schule geht.
Der mit der Geburt des Kindes und seiner Betreuung einhergehende Verzicht der Antragsgegnerin auf den Ausbau der eigenen Versorgungsbiografie stelle sich nunmehr für sie als ein bei Vertragsabschluss vorhersehbarer eh...