Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich: Sittenwidrigkeit des vertraglichen Ausschlusses

 

Leitsatz (amtlich)

Sittenwidrigkeit des vertraglichen Ausschlusses des Versorgungsausgleichs; keine Bestätigung durch späteren Ehevertrag.

 

Normenkette

BGB §§ 138, 1408 Abs. 2, §§ 1414, 1587o

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Urteil vom 29.10.2008; Aktenzeichen 156 F 10135/08)

 

Tenor

Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 29.10.2008 - 156 F 10135/08 - und das diesem zugrunde liegende Verfahren aufgehoben und zur weiteren Verhandlung und Entscheidung einschließlich der Folgesache Versorgungsausgleich sowie der Kosten des Berufungsverfahrens an das AG Tempelhof-Kreuzberg zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Die Parteien haben am 7.7.1983 die Ehe geschlossen. Bei der Antragsgegnerin war am 21.3.1983 eine Schwangerschaft festgestellt worden. Am 30.3.1983 schlossen die Parteien den Versorgungsausgleich für ihre Ehe durch notarielle Vereinbarung aus. Der Ehemann, der bereits einmal verheiratet war, war nur unter dieser Voraussetzung zur Eheschließung bereit. Zugleich vereinbarten sie in dieser Urkunde für die Ehe den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Die Parteien waren sich darüber einig, dass die Antragsgegnerin mit Geburt des Kindes ihre Berufstätigkeit zunächst aufgeben und zumindest die ersten drei Jahre bzw. solange zu Hause bleiben sollte, bis das Kind größer sei und zur Schule gehe. Am 17.10.1983 wurde die Tochter der Parteien geboren. Die Antragsgegnerin, die bis zur Geburt nach einer Lehre als Reisebürokauffrau, deren Abschlussprüfung sie nicht bestanden hatte, in einem Reisebüro gearbeitet hatte, gab ihre Berufstätigkeit auf. Sie blieb in der Folgezeit zu Hause und betreute das Kind. Der Antragsteller war ab 1985/1986 nur noch in der Nachtschicht beschäftigt. Am 27.10.1998 schlossen die Parteien einen notariellen Ehevertrag und vereinbarten nunmehr Gütertrennung. Zugleich erklärten sie, dass es hinsichtlich des Versorgungsausgleichs bei der zwischen ihnen getroffenen Regelung in der notariellen Urkunde vom 30.3.1983 verbleibe. Der Antragsteller war seinem Sohn aus erster Ehe unterhaltspflichtig. Da der Sohn nach der Lehre das Fachabitur ablegte und studierte, leistete der Antragsteller bis ca. September 2002 an den Sohn Unterhaltszahlungen. Die Antragsgegnerin war ab April 1991 bis 3.11.1993 berufstätig, wobei sie unterschiedliche Einkünfte bezog. Seither ist sie überwiegend arbeitslos gewesen. 1999 und 2000 bezog sie Einkünfte aus geringfügiger Beschäftigung und derartige Einkünfte hatte sie auch in den Jahren 2004 und 2005. Nach einer Auskunft der Deutschen Rentenversicherung ... vom 6.6.2007 hat sie eine Rentenanwartschaft von 240,90 EUR erreicht und würde bei gleichbleibenden Beitragszahlungen bis zur Regelaltersgrenze eine Rente von 308,41 EUR erlangen. Der Antragsteller hatte nach einer Auskunft des Rentenversicherungsträgers vom 31.10.2003 eine Anwartschaft von 1.163,48 EUR erworben und würde bei gleichbleibenden Beitragszahlungen eine Rente von insgesamt 1.920,54 EUR bekommen. Zudem hat er eine betriebliche Rentenversorgung, die sich nach einer Mitteilung der Pensionskasse ... vom 19.8.2003 auf monatlich 228 EUR bei einem Rentenbeginn mit 65 Jahre belaufen würde. Der Antragsteller, der 1982 einen Verdienst von ca. 37.000 DM hatte, konnte sein Einkommen kontinuierlich steigern und hatte 2001 ein Einkommen von ca. 104.000 DM im Jahr.

Die Antragsgegnerin hat die Auffassung vertreten, dass der Ausschluss des Versorgungsausgleichs sittenwidrig sei. Sie sei zur Zustimmung der Vereinbarung gedrängt worden, da der Antragsteller anderenfalls nicht zur Heirat bereit gewesen sei. Als der Erziehungsurlaub nach drei Jahren beendet gewesen sei, habe der Antragsteller darauf bestanden, dass sie weiterhin zu Hause bleibe, da ansonsten wegen seiner Nachtschichttätigkeit kein Familienleben hätte stattfinden können. Zum Abschluss des Ehevertrages am 27.10.1998 sei es gekommen, weil der Antragsteller ihr nach ihrem Verständnis erklärt habe, dass der Sohn aus erster Ehe dadurch von erbrechtlichen Ansprüchen ausgeschlossen werde.

Hinsichtlich der Anträge in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Der Antragsteller hat den Ausschluss für wirksam erachtet. Er habe die Antragsgegnerin mit der am 7.10.1998 vereinbarten Gütertrennung von der Inanspruchnahme durch Kreditgläubiger schützen wollen. Es hätten zum Zeitpunkt des Scheidungsantrages Verbindlichkeiten von über 70.000 EUR bestanden, wobei er unstreitig alleiniger Darlehensnehmer gewesen sei und die Antragsgegnerin zudem im Innenverhältnis immer freigestellt habe - was ebenfalls unstreitig ist.

Das AG hat mit Urteil vom 29.10.2008 die Ehe der Parteien geschieden und zugleich festgestellt, dass der Versorgungsausgleich nicht stattfindet. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Ausschluss des Versorgungsausgleichs 1983 nicht sittenwidrig gewesen sei, weil beide Parteien be...

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