Leitsatz
Das OLG hatte sich mit der eventuellen Sittenwidrigkeit eines zwischen Eheleuten geschlossenen Ehevertrages auseinanderzusetzen, indem sie auf den Zugewinnausgleich verzichtet und den Versorgungsausgleich ausgeschlossen hatten. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Ehevertrages im August 1977 war der Ehemann bereits als Facharzt und die Ehefrau als medizinisch technische Assistentin tätig. Beide gingen zu diesem Zeitpunkt übereinstimmend davon aus, dass ihre Ehe kinderlos bleiben würde. Fast neun Jahre nach der Eheschließung wurde eine Tochter, im Jahre 1990 noch ein Sohn geboren. Die Ehefrau war deshalb zeitweise nicht voll erwerbstätig. Sie hielt den Ehevertrag für sittenwidrig und forderte die Durchführung des Versorgungsausgleichs.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG verneinte die Sittenwidrigkeit des Ehevertrages und nahm lediglich eine Anpassung des ehevertraglichen Ausschlusses des Versorgungsausgleichs an die geänderten Verhältnisse vor, die auf die Ehe bedingt entstandenen Versorgungsnachteile der ausgleichsberechtigten Ehefrau beschränkt blieb.
Die von der Ehefrau vorgetragenen Gründe zu ihrer weniger qualifizierten Berufsausbildung, dem Altersunterschied zwischen den Parteien und die von ihr aufgeführten geschlechtsspezifischen Gründe seien nicht geeignet, eine Sittenwidrigkeit des Ehevertrages wegen einer strukturellen Unterlegenheit zu begründen.
Soweit der Ehevertrag einen Verzicht auf den Zugewinnausgleich enthalte, sei der Kernbereich der Scheidungsfolgen nicht betroffen. Im Übrigen sei hierbei zu berücksichtigen, dass über den Versorgungsausgleich eine hinreichende Absicherung der Ehefrau hinsichtlich der Altersversorgung erfolgt sei. In diesem Zusammenhang müsse auch die von dem Ehemann zu ihren Gunsten abgeschlossene Lebensversicherung berücksichtigt werden. Der Ehemann habe als Freiberufler auch ein nachvollziehbares Interesse daran, für den Fall einer Scheidung nicht im Rahmen des Zugewinnausgleichs auch den Wert der Praxis ausgleichen zu müssen.
Schließlich sei in dem Ehevertrag ausdrücklich auf eine Regelung des Trennungsunterhalts und des nachehelichen Unterhalts verzichtet worden, was ebenfalls gegen seine Sittenwidrigkeit entspreche.
Hinweis
Die Anpassung des ehevertraglichen Ausschlusses des Versorgungsausgleichs an die geänderten Verhältnisse und die vorgenommene Begrenzung des Versorgungsausgleichs auf die Übertragung von Anrechten in der Höhe, die die Ehefrau selbst ohne Kindererziehung hätte erzielen können, ist begrüßenswert. Diese Lösung beschränkt die Korrektur auf ehebedingte Nachteile und liefert einen brauchbaren Maßstab für ähnlich gelagerte Fälle.
Link zur Entscheidung
OLG Koblenz, Urteil vom 10.03.2009, 11 UF 520/08