Leitsatz
Ein minderjähriges Kind lebte im Haushalt seiner Mutter und nahm seinen Vater im Wege der Abänderungsklage auf Zahlung höheren Kindesunterhalts in Anspruch, nachdem es wegen Vollendung des 12. Lebensjahres in die nächst höhere Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle einzustufen war. Der Unterhaltspflichtige war seit Mai 2001 arbeitssuchend.
Das erstinstanzliche Gericht gab der Klage statt und legte in seiner Unterhaltsberechnung ein fiktives Einkommen des Vaters von 1.100,00 EUR zugrunde. Ferner sei zu berücksichtigen, dass er mit Rücksicht auf § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 SGB II zur Erfüllung titulierter Unterhaltshaltsansprüche hinzuverdienen könne.
Gegen das erstinstanzliche Urteil legte der Vater Berufung ein und berief sich darauf, das erzielbare Einkommen sei zu hoch angesetzt. Er verfüge über keine abgeschlossene Berufsausbildung und könne sich daher nur auf Tätigkeiten als Hilfsarbeiter oder auf Anlerntätigkeiten bewerben. Im Übrigen hätten auch seine weiteren beiden minderjährigen Kinder berücksichtigt werden müssen, an die er zwar keine Zahlungen leiste. Er könne jedoch nicht davon ausgehen, dass Unterhaltsansprüche für diese Kinder nicht mehr geltend gemacht würden. Die Unterhaltsansprüche für diese beiden Kinder seien infolge der Unterhaltsvorschussleistungen auf das Jugendamt übergegangen. Rechtswahrungsanzeigen des Landkreises habe er erhalten.
Das Rechtsmittel des Vaters war erfolgreich.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG kam zu dem Ergebnis, der Kläger könne höheren Unterhalt als durch Beschluss vom 14.11.2002 tituliert nicht verlangen.
Der Beklagte sei nicht in der Lage, über den titulierten Unterhalt i.H.v. 100 % des Regelbetrages der 2. Altersstufe nach § 2 Regelbetrag-VO hinaus Unterhalt für den Kläger zu leisten.
Das Einkommen, das dem Beklagten wegen nicht ausreichender Erwerbsbemühungen fiktiv zugerechnet werden müsse, sei entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts nicht mit 1.100,00, sondern allenfalls mit 1.000,00 EUR anzunehmen. Bei Zugrundelegung diesen Betrages könne der Beklagte höheren Unterhalt als derzeit mit 228,00 EUR tituliert nicht leisten.
Eine Herabsetzung des Selbstbehalts im Hinblick auf ein Zusammenleben mit einer Lebenspartnerin komme nicht in Betracht. Zwar gehe der Senat davon aus, dass bei einem Zusammenleben des Unterhaltsschuldners mit einem neuen Partner regelmäßig eine Haushaltsersparnis von 25 % eintrete, die dazu führe, dass der notwendige Selbstbehalt des Unterhaltsschuldners als auch derjenige des Partners um 12,5 % herabzusetzen sei (vgl. auch BGH v. 29.10.2003 - XII ZR 115/01, BGHReport 2004, 19 = MDR 2004, 942 = FamRZ 2004, 24).
Für den Ansatz einer Haushaltsersparnis sei jedoch kein Raum mehr, da der Beklagte nachgewiesen habe, dass er ab Oktober 2005 in einer eigenen Wohnung lebe.
Von einer größeren Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen könne entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht unter Berücksichtigung seines tatsächlichen Einkommens unter Hinzurechnung eines fiktiven Einkommens aus Nebentätigkeit ausgegangen werden.
Nichts anderes gelte, wenn man die Vorschrift des § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 SGB II in der seit dem 1.8.2006 geltenden Fassung berücksichtige. Eine Leistungsfähigkeit des Beklagten in größerem Umfang ergebe sich hieraus nicht.
Nach § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 SGB II seien bei der Ermittlung des für die Leistungsbemessung zu berücksichtigenden Einkommens Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen bis zu dem in einem Unterhaltstitel oder in einer notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung festgelegten Betrag abzusetzen. Mit dieser Vorschrift habe der Gesetzgeber sicherstellen wollen, dass Unterhaltsansprüche, die ein Unterhaltsverpflichteter aufgrund eines titulierten Unterhaltsanspruchs oder einer notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung zu erbringen habe, von seinem Einkommen abgesetzt werden müssen, da der festgelegte Betrag dem Betroffenen nicht als "bereites" einsatzfähiges Einkommen zur Verfügung stehe. Danach wäre der Beklagte trotz des Bezuges von Leistungen nach dem SGB II grundsätzlich in der Lage, den titulierten Unterhalt von derzeit 228,00 EUR aufgrund einer Nebentätigkeit anrechnungsfrei hinzuzuverdienen.
Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstelle, dass der Beklagte zumindest mit Inkrafttreten der Neuregelung des § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 SGB II am 1.8.2006 in der Lage gewesen wäre, einen Unterhaltstitel i.H.v. 100 % des Regelbetrages der 3. Altersstufe, also derzeit 269,00 EUR zu errichten mit der Folge, dass dieser Betrag bei der Berechnung der Leistung nach dem SGB II anrechnungsfrei geblieben wäre, würde dies nach Auffassung des OLG nicht zu einer höheren Leistungsfähigkeit des Beklagten führen. Ausweislich der vorgelegten Leistungsbescheide ständen dem Beklagten auch bei Hinzurechnung von Einkünften aus einer Nebentätigkeit für Unterhaltszwecke nur ca. 100,00 EUR zur Verfügung. Damit könne schon der bestehende Titel nicht bedient werden. Erst recht könne höhe...