Das Wichtigste in Kürze:

1. Auch im Bußgeldverfahren kann es zu einer Beschlagnahme kommen.
2. Die Beschlagnahme ist in der StPO in den §§ 9498, 111b ff. StPO geregelt. Diese Vorschriften sind im OWi-Verfahren über § 46 Abs. 1 anwendbar.
3. Für die (Anordnungs-)Voraussetzungen und das Verfahren gilt dasselbe wie für die Beschlagnahme im Strafverfahren.
4. Für Rechtsmittel gegen Beschlagnahmemaßnahmen gelten im OWi-Verfahren die allgemeinen Grundsätze und Regeln unter Berücksichtigung der Besonderheiten des OWi-Verfahrens.
 

Rdn 429

 

Literaturhinweise:

Burhoff, Durchsuchung und Beschlagnahme, Bestandsaufnahme zur obergerichtlichen Rechtsprechung, StraFo 2005, 140

ders., Die Widerspruchslösung in bußgeldrechtlichen Verfahren, VA 2013, 16

ders., So müssen Sie auf die "Widerspruchslösung" in bußgeldrechtlichen Verfahren reagieren, VA 2013, 35

Fromm, Zwangsmaßnahmen zur Fahreridentifizierung in der Spedition – Über die Rechtmäßigkeit von Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüssen im Bußgeldverfahren, VRR 2014, 456

Rebler, Durchsuchung und Beschlagnahme im Bußgeldverfahren, SVR 2014, 41

Ternig/Lellmann, Die rechtliche Zulässigkeit der Sicherstellung bzw. des Auslesens von Mobiltelefon zwecks Beweisführung bei Verkehrsordnungswidrigkeiten, NZV 2016, 454

s. auch die Hinw. bei → Durchsuchung im OWi-Verfahren, Rdn 804, und bei Burhoff, EV, Rn 892.

 

Rdn 430

1. Die Zwangsmaßnahmen Beschlagnahme und Durchsuchung (→ Durchsuchung im OWi-Verfahren, Rdn 803) haben im (straßenverkehrsrechtlichen) OWi-Verfahren nicht die Bedeutung, die sie im Strafverfahren haben. Aber auch hier kann es zu Durchsuchungs- und anschließenden Beschlagnahmemaßnahmen kommen.

 

Rdn 431

2.a) Die Beschlagnahme ist in der StPO in den §§ 94 bis 98, 111b ff. StPO geregelt. Diese Vorschriften sind im OWi-Verfahren über § 46 Abs. 1 anwendbar.

 

☆ Die Beschlagnahme von Gegenständen ist auch im (straßenverkehrsrechtlichen) Bußgeldverfahren grds. zulässig (Göhler /Seitz/Bauer , vor § 59 Rn 67). Sie bezieht sich i.d.R. auf Gegenstände, die als Beweismittel in Betracht kommen oder die der Einziehung unterliegen (vgl. unten Rdn 434 ).grds. zulässig (Göhler/Seitz/Bauer, vor § 59 Rn 67). Sie bezieht sich i.d.R. auf Gegenstände, die als Beweismittel in Betracht kommen oder die der Einziehung unterliegen (vgl. unten Rdn 434).

 

Rdn 432

b) Ebenso wie bei der → Durchsuchung im OWi-Verfahren, Rdn 813, hat der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz besondere Bedeutung (dazu EGMR VRR 2005, 311 = NJW 2006, 1495 = NZV 2006, 385; BVerfG NJW 2006, 3411 = StV 2007, 59 zur Durchsuchung einer Rechtsanwaltskanzlei wegen geringer Parkverstöße; zuletzt BVerfG DAR 2016, 641 m. Anm. Niehaus = StRR 9/2016, 18 = VRR 9/2016, 13 zur Durchsuchung zum Zweck des Auffindens von Motorradkleidung; LG Verden NStZ 2005, 528; Ternig/Lellmann NZV 2016, 454 für Mobiltelefone; Fromm VRR 2014, 456; zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei der Beschlagnahme allgemein Burhoff, EV, Rn 984 ff.). Das gilt vor allem für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren. Das Interesse an dessen Durchführung ist meist weniger stark als das an der Durchführung eines Strafverfahrens, sodass von dieser Zwangsmaßnahme – wenn überhaupt – nur zurückhaltend Gebrauch gemacht werden sollte (Göhler/Seitz/Bauer, vor § 59 Rn 67). Göhler/Seitz/Bauer (vor § 59 Rn 83) geht sogar davon aus, dass die Mussvorschrift des § 94 StPO bei sinngemäßer Anwendung im Bußgeldverfahren eine Ermessensvorschrift ist. Nach Auffassung des AG Viechtach (VRR 2007, 37) ist eine Fahrzeugsicherstellung im Bußgeldverfahren die Ausnahme (unter Hinw. auf Hentschel, StVR, 37. Aufl., § 18 StVZO Rn 37).

 

Rdn 433

Bei der Abwägung ist abzustellen auf folgende

 

Abwägungsgesichtspunkte:

Stärke des Tatverdachts gegen den Betroffenen,
ggf. Interesse der von der Beschlagnahme betroffenen Person,
Möglichkeit, die Sicherung durch andere Mittel zu erreichen (vgl. EGMR VRR 2005, 311 = NJW 2006, 1495 = NZV 2006, 385),
drohende Sanktionen (BVerfG DAR 2016, 641 m. Anm. Niehaus = StRR 9/2016, 18 = VRR 9/2016, 13),
Tatvorwurf (BVerfG, a.a.O.),
ggf. zur Verfügung stehende andere Beweismittel (vgl. EGMR VRR 2005, 311 = NJW 2006, 1495 = NZV 2006, 385; vgl. BVerfG, a.a.O.).
 

Rdn 434

3. Für die (Anordnungs-)Voraussetzungen und das Verfahren gilt dasselbe wie für die Beschlagnahme im Strafverfahren (Ternig/Lellmann NZV 2016, 454 für Mobiltelefone; vgl. zum Strafverfahren Burhoff, EV, Rn 905 ff.).

 

Rdn 435

Dazu folgender Überblick:

Eine Beschlagnahmeanordnung ist nur erforderlich, wenn der zu beschlagnahmende Gegenstand nicht freiwillig herausgegeben wird.
Die Beschlagnahme ist nach § 98 Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 grds. durch den Richter und nur in Ausnahmefällen durch die Verwaltungsbehörde anzuordnen (zum sog. Richtervorbehalt grundlegend BVerfG NJW 2001, 1121; → Durchsuchung im OWi-Verfahren, Rdn 809).

Voraussetzung für die Beschlagnahme ist i.d.R.,

dass die zu beschlagnahmenden Gegenstände als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können (vgl. § 94 Abs. 1 StPO i.V.m. § 46...

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