Detlef Burhoff, Thomas Hillenbrand
Rdn 972
Literaturhinweise:
Weingarten, Die Nachholfrist des § 98 II 1 StPO – Werktage oder Tage?, JA 2010, 298
s.a. die Hinw. bei → Beschlagnahme, Allgemeines, Teil B Rdn 880, bei → Beschlagnahme, Rechtsmittel, Teil B Rdn 1035, und bei → Rechtsmittel im Ermittlungsverfahren, Teil R Rdn 4123.
Rdn 973
1.a)aa) Nach § 98 Abs. 2 S. 1 soll der Beamte, der einen Gegenstand ohne richterliche Anordnung beschlagnahmt hat, binnen drei Tagen die richterliche Bestätigung beantragen, wenn bei der Beschlagnahme weder der davon Betroffene noch ein erwachsener Angehöriger anwesend war oder wenn der Betroffene und im Fall seiner Abwesenheit ein erwachsener Angehöriger des Betroffenen gegen die Beschlagnahme ausdrücklich Widerspruch erhoben hat. Gem. § 98 Abs. 2 S. 5 ist der Betroffene über sein Recht, die richterliche Bestätigung der Beschlagnahme beantragen zu können, zu belehren
☆ Die Beschlagnahmeanordnung kann mit der Anordnung der Zurückstellung der Benachrichtigung gem. § 95a verbunden werden, wenn sich die zu beschlagnahmende Sache im Gewahrsam einer nicht beschuldigten Person befindet (Einzel. → Beschlagnahme, Zurückstellung der Benachrichtigung/ heimliche Beschlagnahme , Teil B Rdn 1098 ).Zurückstellung der Benachrichtigung gem. § 95a verbunden werden, wenn sich die zu beschlagnahmende Sache im Gewahrsam einer nicht beschuldigten Person befindet (Einzel. → Beschlagnahme, Zurückstellung der Benachrichtigung/"heimliche Beschlagnahme", Teil B Rdn 1098).
Rdn 974
Die StPO formuliert in § 98 Abs. 2 S. 1 nach wie vor mit "Tag" und nicht mit "Werktag", wie z.B. nach den Änderungen durch das TKÜErwG bzw. durch das "Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens" in den §§ 98b Abs. 1 S. 3, 100 Abs. 2, 100e Abs. 2 S. 3, 110b Abs. 1 S. 2, 110b Abs. 2 S. 4 und § 163f Abs. 3 S. 2. Die Gesetzesbegründung zum TKÜErwG hat dafür keine Erklärung gegeben. Ein Grund könnte gewesen sein, dass es sich bei § 98 Abs. 2 S. 1 nur um eine Sollvorschrift handelt (dazu Teil B Rdn 976), es bei den anderen Regelungen hingegen um das Außerkrafttreten der entsprechenden Maßnahmen geht. Jedenfalls verbietet der eindeutige Wortlaut der Regelung das Verständnis des Tages als "Werktag" (auch Weingarten JA 2010, 298).
Rdn 975
bb) Betroffener i.S. dieser Vorschrift ist jeder, in dessen Gewahrsam durch die Beschlagnahme eingegriffen wird oder dessen Eigentums- oder Besitzrechte dadurch berührt werden (BVerfG NJW 2007, 3343; Meyer-Goßner/Schmitt, § 98 Rn 15 m.w.N.). Der Betroffene kann die richterliche Entscheidung jederzeit beantragen.
Rdn 976
b) Nach h.M. hat das Versäumen der Drei-Tagesfrist nicht die Rechtwidrigkeit der Maßnahme zur Folge (Meyer-Goßner/Schmitt, § 98 Rn 14; LR-Menges, § 98 Rn 46; KK/Greven, § 98 Rn 16). Dem wird man, da die Regelung nur als "Sollvorschrift" ausgebildet ist, zustimmen können.
☆ Etwas anderes gilt m.E. aber hinsichtlich der Belehrungspflicht des § 98 Abs. 2 S. 5. Diese ist – anders als die Regelung der Frist in S. 1 – eindeutig als Gebot – ist über seine Rechte zu belehren – ausgestaltet. Dieser Unterschied verbietet es m.E., § 98 insgesamt als Sollvorschrift anzusehen und mit dieser Begründung eine Verletzung des dem Betroffenen gegenüber bestehenden Belehrungsgebots sanktionslos zu stellen. Das gilt insbesondere auch deshalb, weil Beschlagnahmen ohne richterliche Anordnung einen schwerwiegenden Eingriff in die Rechtssphäre des Betroffenen darstellen und deshalb, wenn sie ausnahmsweise durchgeführt worden sind, unbedingt der richterlichen Überprüfung bedürfen (arg. e. BVerfG NJW 2001, 1121 und vor allem BVerfG NJW 2002, 1333). Deshalb wird die unterlassene Belehrung über das Recht des Betroffenen, diese Überprüfung beantragen zu können, zur Rechtswidrigkeit führen müssen (s. aber OLG Frankfurt am Main NStZ-RR 2003, 175 [allenfalls dann, wenn die fehlende Belehrung zu einer Vereitelung oder zumindest Beeinträchtigung der effektiven gerichtlichen Kontrolle der ermittlungsbehördlichen Maßnahme geführt hat]). Hinzu kommt: Was nützt ein Gebot, dessen Verletzung keine (Rechts-)Folgen hat (s. aber BGHSt 41, 64, 66 zum ähnlichen Problem beim VE → Verdeckter Ermittler , Beweisverwertungsverbote , Teil V Rdn 4854 )?anderes gilt m.E. aber hinsichtlich der Belehrungspflicht des § 98 Abs. 2 S. 5. Diese ist – anders als die Regelung der Frist in S. 1 – eindeutig als Gebot – "ist über seine Rechte zu belehren" – ausgestaltet. Dieser Unterschied verbietet es m.E., § 98 insgesamt als "Sollvorschrift" anzusehen und mit dieser Begründung eine Verletzung des dem Betroffenen gegenüber bestehenden Belehrungsgebots sanktionslos zu stellen. Das gilt insbesondere auch deshalb, weil Beschlagnahmen ohne richterliche Anordnung einen schwerwiegenden Eingriff in die Rechtssphäre des Betroffenen darstellen und deshalb, wenn sie ausnahmsweise durchgeführt worden sind, unbedingt der richterlichen Überprüfung bedürfen (arg. e. BVerfG NJW 2001, 1121 und vor allem BVerfG NJW 2002, 1333). Deshalb wird die unterlassene Belehrung ü...