Rz. 121

Vergisst der Geschäftsführer den Abschluss einer gebotenen Versicherung bzw. einer gebotenen Gefahr oder versäumt er nach Beendigung eines Versicherungsvertrags Anschlussdeckung zu vereinbaren, läge eine Pflichtverletzung nach der zweiten Fallgruppe vor, wo dem Versicherten zum Vorwurf gemacht wird, er habe den ausreichenden Abschluss oder die Fortführung des Versicherungsschutzes unterlassen. Sofern auch eine Pflichtverletzung anderer Personen, wie eines Versicherungsmakler vorliegen, kommen auch gegen jene Ersatzansprüche in Betracht (siehe dazu die Ausführungen unter A-8 AVB D&O IV, V).

 

Rz. 122

Ein Defizit beim Versicherungsschutz muss nicht die einzige Ursache für den Schaden bilden. Dies zeigt sich schon daran, dass einfach fahrlässige vom Versicherungsnehmer und damit auch vom Geschäftsführer herbeigeführte Schäden in Versicherungsverträgen grundsätzlich mitversichert sind. Auch bei grober Fahrlässigkeit kann Versicherungsschutz bestehen. Entsteht z.B. bei Flexarbeiten in der Werkhalle ein Brand, weil Brandschutzvorkehrungen nicht getroffen wurden und wird dem Geschäftsführer vorgeworfen, er habe die Mitarbeiter nicht ausreichend instruiert und überwacht, liegt darin eine separate Pflichtverletzung. Besteht zusätzlich keine Feuerversicherung, läge darin eine weitere Pflichtverletzung. In diesem Fall liegt eine nicht versicherte Pflichtverletzung wegen des Nichtabschlusses einer Feuerversicherung vor. Der Schaden beruht jedoch auch auf einem Überwachungs- und Instruktionsverschulden des Geschäftsführers. Soweit der Schaden auch darauf beruht, würde sich der Ausschluss "unzureichender Versicherungsschutz" nicht darauf auswirken.

 

Rz. 123

 

Beispiel: "Fehlende Anschlussversicherung"

Dem Geschäftsführer eines Handwerksunternehmens wird vorgeworfen, er habe es versäumt nach Kündigung der bisherigen Betriebshaftpflichtversicherung eine Anschlussversicherung abzuschließen. Der bisherige Haftpflichtversicherer hatte der GmbH wegen der hohen Schadenquote ordentlich gekündigt. Nun tritt ein Leitungswasserschaden auf, weil bei dem Einbau eines Bades in einem Hotel eine Pressverbindung nicht richtig angebracht worden ist. Diese Pressverbindung hatte ein frisch eingestellter, nur angelernter Mitarbeiter angebracht. Diese schadensverursachende Verbindung wurde vom Geschäftsführer, dem die Bauleitung für diese Baustelle oblag, nicht geprüft. Es entstand ein Gebäudeschaden in Höhe von 100.000 EUR und am Hotelbetrieb ein Unterbrechungsschaden in Höhe von 50.000 EUR. Der Geschäftsführer soll in die Haftung genommen werden: Soweit es um die Pflichtverletzung geht, der Geschäftsführer habe sich nicht um ausreichenden Versicherungsschutz für das Haftpflichtrisiko bemüht, könnte der Ausschluss unter A-7.8 AVB D&O eingreifen. Hier müsste geprüft werden, inwieweit Anschlussdeckung hätte beschafft werden können. Möglicherweise war dies wegen der hohen Schadenquote nicht oder nur mit einem hohen Selbstbehalt möglich. Bei der Vorteilsanrechnung wäre auch zu berücksichtigen, inwieweit die Versicherungsprämie durch den Nichtabschluss des Vertrags eingespart wurde. Davon zu trennen ist die Frage, ob der Schaden möglicherweise ebenso auf einer anderen Pflichtverletzung beruhen könnte, nämlich der unzureichenden Auswahl und Überwachung des betreffenden Mitarbeiters, der die schadhafte Pressverbindung angebracht hat, auch hierfür war der Geschäftsführer, dem die Bauleitung oblag, zuständig. Der Schaden würde dann auf einer Pflichtverletzung beruhen, für die der Ausschluss nicht einschlägig wäre, es bestünde also Versicherungsschutz. Allein bei ordentlicher Auswahl und Überwachung wäre der Schaden vermieden worden, so dass sich der unzureichende Versicherungsschutz nicht ausgewirkt hätte.

 

Rz. 124

 

Beispiel: "Unerlaubter Durchbruch"

Eine Lagerhalle in einer chemischen Fabrik brennt aus. Hierbei sind zwei Brandabschnitte in der Halle mit einer Feuerschutzwand F 90 vom Rest der Lagerhalle getrennt. Der Geschäftsführer hat jedoch einen Durchbruch durch diese Wand anbringen lassen, weshalb sich das Feuer, das in einem Abschnitt seinen Ausgang nahm, auch auf den anderen Abschnitt ausbreiten konnte. Ohne diesen Durchbruch, so die Feststellung des vom LKA eingeschalteten Sachverständigen, wäre das Feuer auf den ersten Abschnitt begrenzt geblieben. Hätte der Geschäftsführer auch hier versäumt eine Feuerversicherung abzuschließen, könnte der Ausschluss "unzureichender Versicherungsschutz" eingreifen. Es wäre jedoch zu prüfen, für welchen Schaden der Versicherer eintrittspflichtig gewesen wäre. Aufgrund des Verhaltens "Schaffung des Durchbruchs" könnte z.B. wegen einer Gefahrerhöhung bzw. Verletzung einer Obliegenheit (Nichteinhaltung von Brandschutzbestimmungen) zumindest der Schaden in dem zweiten Abschnitt der Lagerhalle nicht oder nicht in voller Höhe vom Versicherer erstattet werden müssen. Dann würde sich der Ausschluss nur insoweit auswirken, soweit ein Schaden verbleibt, der bei bestehender Feuerversicherung ausgeglichen worden wäre. De...

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