Rz. 7
Liegt ein Risikoausschluss vor besteht kein Versicherungsschutz. Damit hat die versicherte Person keinen Freistellungsanspruch gegen den Versicherer und kann demzufolge nicht verlangen, von einem begründeten Schadenersatzanspruch freigestellt zu werden. Problematisch ist aber, ob sobald ein Ausschluss bejaht wird, grundsätzlich auch kein Anspruch auf Abwehrdeckung (mehr) besteht. Die Kosten der Abwehr eines Anspruchs, das heißt die Prozesskosten, aber auch bereits die außergerichtlichen Kosten können erheblich sein. Selbst wenn die versicherte Person den Prozess gewinnt, kann sie, wenn die Klägerin ggf. insolvent ist, auf den Prozesskosten sitzenbleiben. Anzunehmen ist: Geht es um einen Schadensersatzanspruch, der von einem Ausschluss umfasst ist, ohne dass dies streitig ist, steht also von Anfang an fest, dass es nur um einen nicht versicherten Schadensersatzanspruch gehen kann, besteht auch für die Abwehrdeckung kein Versicherungsschutz.
Rz. 8
Beispiel: "Rückgriff wegen Kartellverstoßes"
Die GmbH hat eine Kartellstrafe kassiert und wird den Geschäftsführer in Rückgriff nehmen. Der D&O -Versicherer beruft sich auf den Ausschluss in A-7.10 AVB D&O, wonach wegen Schäden aufgrund von Vertragsstrafen, Kautionen, Bußgeldern und Entschädigungen mit Strafcharakter (punitive und exemplary damages), die gegen den Versicherungsnehmer oder eine Tochtergesellschaft verhängt oder von ihnen übernommen wurden, kein Versicherungsschutz besteht.
Rz. 9
Ist das Vorliegen eines Ausschlusses hingegen streitig, ist der Versicherer grundsätzlich in der Beweislast, ob der Ausschluss tatsächlich vorliegt. Solange dieser Beweis nicht geführt ist, besteht einstweilen ein Anspruch auf Gewährung von Abwehrdeckung. Dieser Anspruch entfällt allerdings rückwirkend, wenn der Beweis geführt ist. Fraglich ist, ob es genügt, wenn der Versicherer lediglich geltend macht, er habe den Beweis des Ausschlusses geführt, dies aber von der versicherten Person bestritten wird. Weigert sich der Versicherer zu leisten, bleibt der versicherten Person nur die Einleitung rechtlicher Schritte. Dann muss der Versicherungsschutz im Rahmen eines Prozesses ermittelt werden. Hier könnte die versicherte Person entweder im Rahmen einer Deckungsklage auf Feststellung klagen, dass Versicherungsschutz ggf. vorläufig zu gewähren ist (sog. vorgezogene Deckungsklage). Umgekehrt könnte auch der Versicherer eine negative Feststellungsklage mit dem Ziel erheben, feststellen zu lassen, dass kein Versicherungsschutz besteht. Sofern der Versicherer wegen seiner Auffassung nach nicht bestehender Deckung jegliche Leistungen verweigert, kommt auch eine einstweilige Verfügung der versicherten Person in Betracht (siehe dazu sogleich unter IV).
Rz. 10
Besondere Bedeutung, wie sich unterschiedliche Auffassungen des Versicherers und der versicherten Person über das Bestehen eines Ausschlusses auswirken, hat dies für Ausschlüsse, die an subjektive Kriterien anknüpfen, insbesondere für den Ausschluss der wissentlichen Pflichtverletzung. Die Bedingungspraxis hat für dieses Problem Klauseln geschaffen, die eine einstweilige Abwehrdeckung vorsehen (siehe dazu sogleich unter III). Zunächst gilt: Nach § 100 VVG ist bei der Haftpflichtversicherung der Versicherer auch verpflichtet ist, unbegründete Ansprüche abzuwehren. Daher besteht auch Versicherungsschutz in Form der Abwehrdeckung, wenn Ansprüche geltend gemacht werden, die nur vorsätzlich begangen werden können. Es muss sich aber um einen Anspruch handeln, der in das vereinbarte primäre Risko fällt, also um eine gesetzlichen Haftpflichtanspruch bei Ausübung der Tätigkeit als Organmitglied. Soll der Geschäftsführer z.B. in die Haftung genommen werden, weil er vorsätzlich der Einzugsstelle Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung vorenthalten hat, wäre dies ein Delikt, das Vorsatz erfordert. Für die Abwehr besteht gleichwohl Versicherungsschutz. Die Frage ist aber, ob es dabei bleibt, wenn sich der Vorwurf als begründet erweist oder ob dann die getätigten Kosten dem Versicherer erstattet werden müssen (siehe dazu die Ausführungen unter III.)