1. Grundsatz
Rz. 5
Im Rahmen der D&O-Police versichert sind die gegenwärtigen Organmitglieder, d.h. die Mitglieder des Aufsichtsrats, des Vorstands bzw. der Geschäftsführung. Nach den Musterbedingungen und den in der Praxis verbreitenden Bedingungen sind zudem auch die Organpersonen von Tochtergesellschaften mitversichert (zur Definition der Tochtergesellschaften siehe unten bei A-4). Stellvertreter bzw. Ersatzmitglieder sind ebenfalls umfasst. Eine Deklaration bzw. namentliche Benennung ist in der Praxis nicht üblich. Gegenwärtige Organmitglieder sind jene, die zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung die Organstellung innehaben, das Wort "gegenwärtig" kann – schon wegen der Unklarheitenregelung - nicht auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrags bezogen werden mit der Folge, dass danach eintretende Organmitglieder als "zukünftige" Organmitglieder keinen Versicherungsschutz hätten.
2. Ehemalige Organmitglieder
Rz. 6
Ferner ist nach dem Wortlaut der Musterbedingungen nicht nur die Tätigkeit des gegenwärtigen, sondern auch des ehemaligen Mitgliedes des Organs versichert Dies ist von großer Bedeutung, da häufig bereits ausgeschiedene Manager bzw. Aufsichtsräte in die Haftung genommen werden. Entscheidend nach den AVB ist, dass das Organmitglied zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung noch amtiert hat, die Inanspruchnahme kann später nach dem Ausscheiden erfolgen.
3. Beginn der Organstellung
Rz. 7
Die Organstellung und damit die Organhaftung beginnen regelmäßig mit der Annahme der Bestellung. Bei der AG bestellt der Aufsichtsrat den Vorstand (§ 84 AktG), bei der GmbH bestimmt die Geschäftsführer die Gesellschafterversammlung (§ 46 Nr. 5 GmbHG) oder ggf. ein vorhandener Aufsichtsrat mit entsprechender Zuständigkeit. Bei der Genossenschaft wählt die Generalversammlung den Vorstand (§ 24 II GenG).
Rz. 8
Der Aufsichtsrat wird bei der Aktiengesellschaft durch die Hauptversammlung (§ 101 AktG), bei der Genossenschaft durch die Generalversammlung (§ 36 GenG) und bei der GmbH durch die Gesellschafterversammlung (§ 52 GmbHG i.V.m. 101 I AktG) gewählt, sofern nicht mitbestimmungsrechtliche Vorschriften eine Arbeitnehmerbeteiligung und damit eine Wahl der Arbeitnehmervertreter durch die Belegschaft vorsehen.
Rz. 9
Der Abschluss des Anstellungsvertrags, d.h. des Dienstvertrags für das einzelne Mitglied des Leitungsorgans, ist nicht für die Begründung der Organhaftung maßgeblich. Die Organhaftung wird erst mit der Annahme der Bestellung ausgelöst. Dennoch sind Fälle denkbar, bei denen ein noch nicht bestellter Geschäftsführer oder Vorstand bereits vor seiner Bestellung, z.B. aufgrund eines Anstellungsverhältnisses oder im Vorgriff auf die beabsichtigte Bestellung handelt und zum Schadensersatz verpflichtende Handlungen vornimmt. Auch kann aufgrund eines noch bestehenden Arbeitsverhältnisses gehandelt werden. So kann beispielsweise der Geschäftsführer bereits vorher Prokurist der Gesellschaft gewesen sein. Sofern die D&O-Versicherung leitende Angestellte einschließt bestünde nahtlos Versicherungsschutz. Aber Vorsicht ist geboten: Nicht in jeder Police sind auch leitende Angestellte mitversichert. Es stellt sich die Frage, ob bereits Versicherungsschutz besteht, wenn der Prokurist schon seinen Geschäftsführer-Dienstvertrag abgeschlossen hat, die Bestellung zum Geschäftsführer aber noch aussteht. Schließt er jetzt einen für die Gesellschaft nachteiligen Vertrag ab, für den er später in die Haftung genommen werden soll, hätte er diesen Vertrag vor Begründung seiner Organstellung abgeschlossen, sodass eine Haftung nach den Vorschriften der Organhaftung (§ 43 GmbHG) ausscheidet. Es könnte aber möglicherweise eine Haftung wegen Verletzung des schon abgeschlossenen Geschäftsführer-Dienstvertrags begründet werden. Soweit die Bedingungen wie die AVB D&O auch die Innenhaftung des Versicherten gegenüber der Gesellschaft versichern, muss ermittelt werden, ob insoweit Versicherungsschutz besteht. Ggf. wird aufgrund der Formulierung in den Bedingungen, dass die Pflichtverletzung bei Ausübung der Tätigkeit – gemeint ist die Tätigkeit als gegenwärtiges oder ehemaliges Mitglied der Geschäftsführung, des Vorstands oder Aufsichtsrats - erfolgt sein muss, der Versicherungsschutz ausscheiden. Der Betreffende wäre noch kein gegenwärtiges Mitglied des Organs, solange er noch nicht bestellt ist und er die Bestellung nicht angenommen hat. Allerdings wirkt die Pflichtverletzung ggf. fort, wenn der Geschäftsführer nach der Annahme der Bestellung noch die Möglichkeit hat, sein pflichtwidriges Handeln, etwa den Abschluss des nachteiligen Vertrags, zu korrigieren. Der Vertrag, der die Pflichtverletzung begründet, wird z.B. erst nach der Annahme der Bestellung geschlossen, sodass die Pflichtverletzung, dann schon während der Organtätigkeit erfolgt wäre. Ist der Vertrag bereits abgeschlossen, muss der Geschäftsführer ggf. die Kün...