1. Einführung
Rz. 21
In der Praxis werden Organhaftungsansprüche häufig vom Insolvenzverwalter geltend gemacht. Dies kann bereits ursprünglich von der Gesellschaft geltend gemachte Ansprüche betreffen, wo der Verwalter nur die Durchsetzung weiterverfolgt, sich aber auch auf die erstmalige Geltendmachung von Haftungsansprüchen aus der Innenhaftung beziehen. Daher ist es für die versicherte Person von erheblicher Bedeutung, ob der D&O-Versicherungsschutz fortbesteht.
Rz. 22
Beispiel: "D&O-Versicherung in der Insolvenz"
Dem Geschäftsführer wird vorgeworfen, er habe eine Beteiligung der Gesellschaft an einer anderen GmbH unter Wert verkauft und den Kaufpreis nicht gesichert. Die GmbH hielt eine Beteiligung an einem Gerüstbauunternehmen mit vollen Auftragsbüchern. Zum Betriebsvermögen gehörten Gerüste mit enormen stillen Reserven. Der Kaufpreis wurde nicht gezahlt. Der Erwerber sollte die Anteile zwar erst aufschiebend bedingt mit vollständiger Kaufpreiszahlung erhalten. Der Käufer wurde jedoch bereits zum Geschäftsführer bestellt. Diesen Beschluss fasste der Geschäftsführer der Versicherungsnehmerin, der die Rechte aus der hundertprozentigen Beteiligung ausübte. Der Käufer verkaufte als frisch gebackener Geschäftsführer die Betriebsausstattung, räumte die Konten ab und war von dannen.
Rz. 23
Die GmbH, die die Anteile verkaufte, beantragt sechs Monate später die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, welches am 1.6. eröffnet wird. Am 1.8. nimmt der Insolvenzverwalter den Geschäftsführer schriftlich in Anspruch, da es pflichtwidrig gewesen sei, den Käufer schon eine Verfügungsbefugnis über das Gesellschaftsvermögen der Tochtergesellschaft einzuräumen bevor der Kaufpreis bezahlt ist.
2. Auswirkungen von Insolvenzantrag und Eröffnung auf den D&O-Versicherungsvertrag
Rz. 24
Die Stellung des Insolvenzantrags oder die Eröffnung des Insolvenzverfahrens haben auf den Bestand des D&O-Versicherungsvertrags keine direkten Auswirkungen, also der Versicherungsvertrag oder der Versicherungsschutz enden nicht per se durch diese Ereignisse. Allerdings wäre zu prüfen, ob in den D&O-Versicherungsbedingungen Klauseln vereinbart sind, die eine Beendigung des Vertrags vorsehen oder ob zumindest eine Anzeigeobliegenheit vereinbart ist, wonach die Antragstellung oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens anzuzeigen sind. Auch könnten die Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder die Antragstellung eine anzeigepflichtige Gefahrerhöhung darstellen (siehe dazu auch die Ausführungen unter 3 und unter B-3.2. AVB D&O).
Rz. 25
Soweit der Versicherungsfall bereits durch die Anspruchserhebung eingetreten ist und zu diesem Zeitpunkt Versicherungsschutz bestand, bleibt es dabei. Der Versicherte hat einen Direktanspruch auf Versicherungsschutz. Auch eine rückständige Prämie vernichtet nicht rückwirkend den bereits ausgelösten Versicherungsschutz.
Rz. 26
Tritt der Versicherungsfall zu einem Zeitpunkt ein, zu dem wegen Prämienzahlungsverzugs und einer sog. qualifizierten Mahnung bereits eine Leistungsfreiheit eingetreten ist, bliebe es bei dieser Leistungsfreiheit durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens, es sei denn es liegt eine Pflichtverletzung vor Beendigung des Versicherungsschutzes vor und die Geltendmachung des Anspruchs erfolgt während der Nachmeldefrist (siehe dazu die nachfolgenden Ausführungen unter 4 und zum Prämienzahlungsverzug und zur Leistungsfreiheit und den Auswirkungen auf den Versicherten die Ausführungen bei B1-4.4 AVB D&O).
3. Klauseln zur Beendigung des Versicherungsvertrag bzw. Anzeigeobliegenheit
Rz. 27
In den AVB D&O finden sich teils Anzeigeobliegenheiten, wonach die Eröffnung des Insolvenzverfahren bzw. Stellung des Insolvenzantrag ggf. als Gefahrerhöhung oder sonst als gefahrerheblicher Umstand anzuzeigen ist.. Solche vertraglichen Obliegenheiten müssen sich im Rahmen von § 28 VVG halten. Sie sind grundsätzlich statthaft.
Rz. 28
Stattdessen oder auch daneben sind Klauseln anzutreffen, die Regelungen zum Fortbestand des D&O-Vertrag konkret zur Beendigung bzw. Nachmeldung und Umstandsmeldungen, vor allem die Meldung von Pflichtverletzungen vor Antragsstellung bzw. Eröffnung zur Wahrung des Versicherungsschutzes vorsehen (siehe dazu bereits oben III 2).
Rz. 29
Klauseln könnten eine automatische Beendigung des D&O-Versicherungsvertrags für den Fall der Insolvenz vorsehen. In der Praxis wird meist nicht eine Beendigung des D&O-Versicherungsvertrags vereinbart, sondern es findet eine Begrenzung der versicherten Pflichtverletzungen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt statt. So werden nur Pflichtverletzungen bis zum Eintritt der Insolve...