1. Überblick-Abgrenzung zu Personen- und Sachschäden
Rz. 42
Die D&O-Versicherung versichert Vermögensschäden. In der Praxis der Haftpflichtversicherung unterscheiden die Deckungskonzepte zwischen Personenschäden, Sachschäden und Vermögensschäden. Soweit wie in der D&O-Versicherung nur Vermögensschäden versichert werden, handelt es um eine sog. Vermögensschaden-Versicherung bzw. Vermögensschadenhaftpflicht-Versicherung (auch ohne Bindestrich anzutreffen: Vermögensschadenhaftpflichtversicherung.
Rz. 43
Personen- und Sachschäden im gewerblichen Bereich sichert die Betriebshaftpflichtversicherung ab. Personenschäden an Arbeitnehmern durch Arbeitsunfälle sind in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert, die unter bestimmten Voraussetzungen Rückgriff auf die Arbeitgeberin bzw. die für diese handelnde Vorstände oder Geschäftsführer nehmen kann.
Rz. 44
Beispiele: "Personen- und Sachschäden"
Ein Kunde wird beim Einkauf im Baumarkt durch ein einstürzendes Regal verletzt. Er macht Schadensersatz wegen seines Verdienstausfalls sowie ein Schmerzensgeld geltend. Für diesen Personenschaden besteht bei einem berechtigten Anspruch in der Betriebshaftpflichtversicherung Versicherungsschutz auf Freistellung von dieser Verbindlichkeit. Ist der Anspruch unberechtigt gewährt der Betriebshaftpflichtversicherer Abwehrdeckung.
Rz. 45
Auf dem Parkplatz wird ein PKW eines Kunden durch einen Hubwagen des Baumarktes beschädigt, mit dem ein Mitarbeiter unachtsam hantiert hat. Dieser Sachschaden wäre ebenfalls von der Betriebshaftpflichtversicherung zu regulieren. Vermögensschäden werden in der Praxis in Grenzen in die Betriebshaftpflichtversicherung eingeschlossen.
Rz. 46
Beispiel: "Das Gewächshaus"
Der Kunde eines Baumarktes hat ein Gewächshaus bestellt, das zwei Monate später als vereinbart geliefert wird, dadurch kann er seine gewerbliche Zucht erst später beginnen und der Kunde meint, er habe ein Ausfall von 2.000 EUR erlitten. Dies wäre ein typischer Vermögensschaden. Dieser könnte in der Betriebshaftpflichtversicherung eingeschlossen werden. In der Praxis geschieht dies meist mit geringeren Deckungssummen als bei Personen- oder Sachschäden und mit zahlreichen Ausschlüssen, z.B. typischerweise für Verzugsschäden. Hier ist ein solcher gegeben. Die Versicherung von Vermögensschäden ist daher in der Praxis eher schwierig.
Rz. 47
Bei den vorgenannten Beispielen genießen die Arbeitnehmer sowie der Geschäftsführer durch die Betriebshaftpflichtversicherung für Ansprüche Dritter Versicherungsschutz. Der D&O-Versicherung bedarf es nicht. Hat etwa nicht ein Arbeitnehmer den Hubwagen, sondern der Geschäftsführer diesen betätigt und den Sachschaden verursacht bestünde seitens des Kunden auch ihm gegenüber ein Schadensersatzanspruch. Von diesem stellt der Betriebshaftpflichtversicherer den Geschäftsführer frei. Gleiches würde für den Personenschaden gelten, z.B. wenn dem Geschäftsführer vorgeworfen wird, er habe nicht für die Standsicherheit des Regals gesorgt.
Rz. 48
Sofern der Geschäftsführer einen Arbeitsunfall verursacht, bestünde grundsätzlich bei einem Regress bzw. Rückgriff der gesetzlichen Unfallversicherung aus §§ 110, 111 SGB VII bei grob fahrlässiger Verursachung, jedoch nicht bei vorsätzlicher Schadensherbeiführung, Versicherungsschutz in der Betriebshaftpflichtversicherung.
Siehe dazu z.B. den Fall des OLG Frankfurt, Urteil vom 4.4.2014 - 2 U 93/13, r+s 2014, 477, Leitsatz: "Der Tatbestand der grob fahrlässigen Schadenverursachung i.S. der §§ 110, 111 SGB VII ist zu Lasten einer GmbH und ihres Geschäftsführers erfüllt, wenn der Geschäftsführer einen Leiharbeiter veranlasst, ihm beim Transport eines ungesichert auf der Gabel eines Gabelstaplers liegenden 2 × 4 m großen, 200 – 260 kg schweren Metallrahmen zu helfen, und der Leiharbeiter dann beim plötzlichen Absenken der Gabel durch den herabfallenden Rahmen schwer verletzt wird."
Rz. 49
Die D&O-Versicherung würde erst dann relevant werden, wenn ein Organmitglied einen Vermögensschaden verursacht hätte. Hier gibt es häufig keinen Direktanspruch des Dritten gegenüber dem Organ. Wurde bei einem Dritten ein Schaden verursacht, z.B. durch die schlechte Erfüllung eines Vertrags, richtet der Dritte seine Ansprüche grundsätzlich gegen seine Vertragspartnerin, also die Versicherungsnehmerin bzw. die entsprechende Tochtergesellschaft. Diese wiederum kann im Innverhältnis prüfen, ob sie ihr Organ wegen dieses Schadens in Rückgriff nehmen kann. Dort käme die D&O-Versicherung ins Spiel. Da dieser Rückgriff aus einem Tatbestand der Innenhaftung meist § 43 Abs. 2 GmbHG erfolgt, müsste diese Innenhaftung in dem Deckungskonzept mitversichert sein.
Rz. 50
Beispiel: "Doppelte Vermietung"
Der Geschäftsführer einer Hotel-GmbH vereinbart mit zwei Kunden die Vermietung des großen Tagungssaal zur selben Zeit. Er hat sich bei der Buchung im Jahr geirrt. Einem Kunden muss kurzfristig abgesagt werden. Dieser muss in ein anderes Hotel ausweichen, es entstehen diesem Kunden dadurch zusätzliche Kosten in Höhe von 20.000 EUR. Die GmbH erstattet diesen Schaden und möch...