Das Wichtigste in Kürze:

1. Die Beschlagnahme wird grds. vom Richter angeordnet.
2. Die Anordnung ergeht i.d.R. durch Beschluss.
3. Im Beschlagnahmebeschluss ist der zu beschlagnahmende Beweisgegenstand genau zu bezeichnen.
 

Rdn 906

 

Literaturhinweise:

Bandisch, Formulare und Formeln in der Praxis der Durchsuchung, AnwBl 1992, 355

Baur, Mangelnde Bestimmtheit von Durchsuchungsbeschlüssen, wistra 1983, 99

Ditges, Durchsuchungen und Beschlagnahmen in den Bankenfällen sind rechtswidrig, PStR 1998, 168

Meyer-Mews, "Keine bloße Formsache" – Notizen zum Richtervorbehalt, HRRS 2020, 286

Müller, Die Durchsuchungspraxis – Unterwanderung eines Grundrechts, AnwBl 1992, 349

Müller/Trurnit, Eilzuständigkeiten der Staatsanwaltschaft und des Polizeivollzugsdienstes in der StPO, StraFo 2008, 144

Trück, Mündliche Entscheidung des Ermittlungsrichters ohne Akten? – Überlegungen zu Zweck und Tragweite des → strafprozessualen Richtervorbehalts am Beispiel von Durchsuchung und Blutprobenentnahme, JZ 2010, 1106

s.a. die Hinw. bei → Beschlagnahme, Allgemeines, Teil B Rdn 891, bei → Durchsuchung, Anordnung, Allgemeines, Teil D Rdn 1755, bei → Durchsuchung, Anordnung, Inhalt, Teil D Rdn 1768, und bei → Durchsuchung, Anordnung, Verfahren/Gefahr im Verzug, Teil D Rdn 1797.

 

Rdn 907

1.a)aa) Die Beschlagnahme wird nach § 98 Abs. 1 grds. durch den Richter, bei "Gefahr im Verzug" jedoch auch durch die StA und die → Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft, Rdn 2321 (vgl. zur "Gefahr im Verzug" neben Teil B Rdn 908 f., insbesondere zum Richtervorbehalt bei der Anordnung einer Ermittlungsmaßnahme, → Durchsuchung, Anordnung, Verfahren/Gefahr im Verzug, Teil D Rdn 1797 ff., und BVerfG NJW 2001, 1121, sowie → Blutproben vom Beschuldigten, Teil B Rdn 1499 ff.; s.a. Park, Rn 466 ff.). Beschlagnahmen in Redaktions-, Verlagsräumen, einer Druckerei oder eine Rundfunkanstalt dürfen nach § 98 Abs. 1 S. 2 nur durch den Richter angeordnet werden, es sei denn, es handelt sich um das gegenüber der Redaktion räumlich und sachlich getrennte Büro eines freien journalistischen Mitarbeiters (BGH NJW 1999, 2051). Auch die → Postbeschlagnahme, Rdn 3869, oder das → Auskunftsverlangen, Teil A Rdn 654, kann nur der Richter anordnen.

 

☆ Eine besondere Beschlagnahmeanordnung ist nur dann erforderlich, wenn der zu beschlagnahmende Gegenstand nicht herrenlos ist und nicht freiwillig herausgegeben wird (→ Beschlagnahme, Voraussetzungen , Rdn  1089 ; zur Beschlagnahme ohne Beschlagnahmeanordnung, Kemper wistra 2006, 171 ff.).Beschlagnahmeanordnung ist nur dann erforderlich, wenn der zu beschlagnahmende Gegenstand nicht herrenlos ist und nicht freiwillig herausgegeben wird (→ Beschlagnahme, Voraussetzungen, Rdn 1089; zur Beschlagnahme ohne Beschlagnahmeanordnung, Kemper wistra 2006, 171 ff.).

Die Beschlagnahmeanordnung kann mit der Anordnung der Zurückstellung der Benachrichtigung gem. § 95a verbunden werden, wenn sich die zu beschlagnahmende Sache im Gewahrsam einer nicht beschuldigten Person befindet (wegen der Einzel. → Beschlagnahme, Zurückstellung der Benachrichtigung/"heimliche Beschlagnahme", Teil B Rdn 1104).

 

Rdn 908

bb) "Gefahr im Verzug" ist gegeben, wenn der Zweck der Beschlagnahme durch die Verzögerung, die durch die Anrufung des Richters entstehen würde, gefährdet wäre (s.u.a. BVerfG NJW 1979, 1539; 2001, 1121; BGH wistra 2010, 231; wegen weit. Rspr.-Nachw. → Durchsuchung, Anordnung, Verfahren/­Gefahr im Verzug, Rdn 1797 ff.). Das ist nicht der Fall, wenn die Gegenstände für ein anderes Verfahren, in dem sie nicht benötigt werden, beschlagnahmt wurden und nunmehr für ein anderes Verfahren in amtlichem Gewahrsam verbleiben sollen (AG Bremen StV 2012, 14).

 

Rdn 909

Über diese Voraussetzung kann der die Beschlagnahme durchführende Beamte nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden. Entscheidend ist seine Perspektive zum Zeitpunkt des Zugriffs auf den Gewahrsam des aufgefundenen Beweisgegenstandes (BVerfGK 1, 65). Allein ein Irrtum macht seine Anordnung noch nicht unwirksam (vgl. BGH NStZ 1985, 262). Etwas anderes gilt bei Willkür oder bei grober Verkennung des Richtervorbehalts (BVerfG NJW 2005, 1917; Meyer-Goßner/Schmitt, § 98 Rn 7 m.w.N.; → Beschlagnahme, Beweisverwertungsverbote, Teil B Rdn 987). Nach der Entscheidung des BVerfG v. 20.2.2001 (NJW 2001, 1121) wird/sollte die richterliche Anordnung die Regel sein (eingehend → Durchsuchung, Anordnung, Verfahren/Gefahr im Verzug, Rdn 1797 ff.). Diese Stärkung des Richtervorbehalts bedeutet, dass hinsichtlich der Frage, ob der durchführende Beamte die Beschlagnahme anordnen durfte – ebenso wie bei der Durchsuchung – grds. ebenfalls ein strenger Maßstab anzulegen ist (Meyer-Goßner/Schmitt, § 98 Rn 7 m.w.N.).

 

☆ Grds. gelten die Ausführungen bei → Durchsuchung, Anordnung, Verfahren/Gefahr im Verzug , Rdn  1797  ff., entsprechend. Man darf allerdings bei der Übertragung und der Anwendung der zum Richtervorbehalt insoweit ergangenen Rspr. nicht übersehen, dass das BVerfG (vgl. BVerfGK 1, 65; HRRS 2008 Nr. 393) davon ausgeht, dass ...

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