Rdn 1057

 

Literaturhinweise:

Amelung, Anm. zu BGH III ZR 3/86, "Entschädigung für Schäden infolge Beschlagnahme", StV 1988, 326

Dörn, Vernichtung beschlagnahmter Beweisunterlagen bei fehlender Rückgabemöglichkeit, wistra 1999, 175

Grau/Blechschmidt, Ersatzansprüche für Schäden durch strafprozessuale Maßnahmen – insbesondere Durchsuchungsaktionen und Beschlagnahmen, BB 2011, 2378

Kotz, Entschädigung für die (vorläufige) Entziehung der Fahrerlaubnis bzw. Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins, VRR 2009, 367

ders., Hinweise zur Geltendmachung der Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen – Teil 1, StRR 2010, 164

ders., Hinweise zur Geltendmachung der Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen – Teil 2, StRR 2010, 204

ders., Hinweise zur Geltendmachung der Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen – Teil 3, StRR 2010, 244

Lorenz, Nutzungsausfallentschädigung für Computer, VuR 2011, 337

s.a. die Hinw. bei → Beschlagnahme, Allgemeines, Teil B Rdn 892, und bei → Beschlagnahme, Beendigung/Herausgabe der beschlagnahmten Sache, Teil B Rdn 918.

 

Rdn 1058

1.a) Nach der Rspr. des BGH soll der Beschuldigte im Strafverfahren eine rechtmäßige Beschlagnahme entschädigungslos hinnehmen müssen, weil die Verfahrensvorschriften, die bei verdächtigen Personen solche Zwangsmaßnahmen vorsehen, nur Inhalt und Schranken des Eigentums i.S.d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG bestimmen (BGH NJW 1987, 2573 f.; WM 1973, 1416, 1418).

 

Rdn 1059

b) Das dürfte in der Allgemeinheit nicht zutreffend sein (dazu auch Amelung StV 1988, 327). Denn nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 StrEG kann auch dem Beschuldigten durchaus ein Ersatzanspruch zustehen, wenn er von einer rechtmäßigen Beschlagnahme betroffen wurde und der gegen ihn gerichtete Verdacht sich später aber nicht bestätigt hat (wegen der Einzelh. zum StrEG Meyer-Goßner/Schmitt, § 2 StrEG Rn 7; zur Entschädigung nach dem StrEG Kotz StRR 2010, 164 ff.; ders. StRR 2010, 204 ff.; ders., StRR 2010, 244 ff.; zur Fahrerlaubnis Kotz VRR 2009, 367; s.a. noch Burhoff, HV, Rn 1538 ff. und Burhoff/Kotz/Kotz, Nachsorge, Teil Rn 280 ff.). Das gilt z.B., wenn beschlagnahmte Gegenstände an einen Nichtberechtigten herausgegeben werden; dann hat der geschädigte Eigentümer Anspruch auf Entschädigung nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 StrEG (BGH NJW 1979, 425; OLG Jena NStZ-RR 2005, 125).

 

Rdn 1060

c) Voraussetzung für eine Entschädigung nach § 2 StrEG ist, dass der Beschuldigte durch die Beschlagnahme einen Schaden erlitten hat. Der Entschädigungsanspruch besteht auch dann, wenn der Beschuldigte keine richterliche Entscheidung nach § 98 Abs. 2 S. 2 beantragt (→ Beschlagnahme, Bestätigung nichtrichterlicher Anordnungen, Teil B Rdn 978) oder die Sache sogar freiwillig herausgegeben hat, um einer Beschlagnahme zuvorzukommen (BGH NJW 1975, 347 f.; OLG Hamm NJW 1972, 1477; Meyer-­Goßner/Schmitt, § 2 StrEG Rn 7 m.w.N.).

 

Rdn 1061

d) Entschädigt werden grds. nur die typischen Folgen der Beschlagnahme, also i.d.R. der reine ­Sachentzug, also nicht etwa ein durch Diskriminierung eingetretener Schaden (BGH MDR 1979, 562). Bei beschlagnahmten Computern wird inzwischen in der Rspr. z.T. eine Entschädigung für Nutzungsausfall gewährt (vgl. z.B. OLG München StRR 2010, 425 m. Anm. Burhoff; LG Stuttgart NStZ-RR 2010, 128 [Ls.]; a.A. LG Flensburg JurBüro 2005, 559). Ausgangspunkt für die Schadensschätzung ist in diesen Fällen der marktübliche Mietpreis, bereinigt um die Gewinnspanne des Vermieters und die bei privater Nutzung nicht anfallenden Kosten, d.h. in der Regel 40 % der üblichen Miete (OLG München, a.a.O.; dazu auch Lorenz VuR 2011, 337). Darüber hinaus ist bislang Schadensersatz nicht gewährt worden. In die Diskussion könnte aber durch Rspr. des OLG Oldenburg (MDR 2012, 403; CR 2012, 77) Bewegung kommen. Dieses hat nach einer Stromkabelbeschädigung und einem durch den Stromausfall eingetretenen Datenverlust an einer Maschine Schadensersatz gewährt. Dazu hat das OLG Oldenburg (MDR 2012, 403) darauf hingewiesen, dass eine Zerstörung von Daten auf einer Festplatte eine Eigentumsverletzung gem. § 823 Abs. 1 BGB darstelle. Wendet man das auf die Folgen einer zu langen Vorenthaltung eines Computers und der auf ihm befindlichen Daten an, wird man auch insoweit zu einem Schadensersatzanspruch kommen können.

 

Rdn 1062

2.a) Für die Entschädigung eines Nichtbeschuldigten, der von einer Beschlagnahme betroffen wird, gilt nicht das StrEG; die dort enthaltenen Regelungen gelten nur für den Beschuldigten (Meyer-Goßner/Schmitt, vor § 1 StrEG Rn 1; § 2 StrEG Rn 7 m.w.N.). Nach Auffassung des BGH (NJW 1987, 2573) hat aber (auch) ein Unverdächtiger eine rechtmäßige Beschlagnahme grds. ohne Enteignungsentschädigung hinzunehmen (zur Durchsuchung BGH NJW 2013, 1736). Das ist abzulehnen. Für eine Entschädigung bieten sich vielmehr folgende Anspruchsgrundlagen an (eingehend Grau/Blechschmidt BB 2011, 2378 ff.):

 

Rdn 1063

b) Mit der Übernahme eines als Beweismittel beschlagnahmten Gegenstandes in amtliche Verwahrung wird ein öffentlich-rechtliches Verwahrungsverhältnis begründe...

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