Es gilt das Verbot der Doppelverwertung. Danach ist eine Zäsur ab Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages zu setzen. Bis zu diesem Zeitpunkt können die monatlichen Raten wegen eines Darlehens vollständig die Leistungsfähigkeit mindernd bei der Unterhaltsbestimmung abgezogen werden. Soll für die Zeit danach die Darlehensvaluta bei der güterrechtlichen Berechnung als Passivposten Berücksichtigung finden, so ist beim Unterhalt für die Zukunft nur noch der Zinsanteil zu berücksichtigen (im Einzelnen: Krause, Das Familienheim bei Trennung und Scheidung, Kap. 1 Rz. 35 ff.).
Die Frage ist: Gibt es ein Wahlrecht? Hat m.a.W. eine der Parteien die Möglichkeit, selber zu entscheiden, ob die Valuta bei der güterrechtlichen Frage berücksichtigt wird oder bei der Berechnung des Unterhaltes mit dem monatlichen Tilgungsanteil? Folgende Ansichten werden vertreten:
- Gerhardt (FamRZ 2005, 317) hat die Ansicht, die Schulden dürften allein bei der güterrechtlichen Problematik Beachtung finden.
- Kogel (FamRZ 2006, 1039) meint, ein Wahlrecht sei anzunehmen.
- Der BGH hat die Frage bisher unentschieden gelassen.
Was spricht gegen ein Wahlrecht? Die Praktikabilität? Die Unklarheit, wem das Wahlrecht zustehen soll? Eigentlich nicht. Das Wahlrecht muss zugunsten dessen bestehen, der zahlt. Ihm kommt die Zahlungspflicht zugute bei der Unterhaltsfrage bzw. der güterrechtlichen Klärung. Wenn ihm die Valuta güterrechtlich nichts oder vielleicht zu wenig bringt, so muss er berechtigt sein zu entscheiden, was er machen möchte. Wenn er dauerhaft Unterhalt zu zahlen hat, so muss er berechtigt sein, auch den Tilgungsanteil beim Unterhalt in Ansatz zu bringen.
Beispiel:
Die Eheleute Müller haben ohne Anfangsvermögen geheiratet. Am Stichtag für die Berechnung des Endvermögens ist Herr Müller der alleinige Eigentümer des von ihm weiterhin bewohnten Hauses. Es hat einen Wert von 300.000 EUR. Die Schulden valutieren noch mit 200.000 EUR. Er zahlt auf diese Schuld monatlich 1.350 EUR, von denen 350 EUR auf den Tilgungsanteil entfallen. Seine Einkünfte betragen 3.000 EUR. Der Wohnvorteil ist mit 500 EUR anzusetzen. Frau Müller hat keine Einkünfte, ihr soll Unterhalt zustehen.
Berücksichtigung beim Güterrecht:
Endvermögen Mann |
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Endvermögen Frau |
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Haus |
300.000 EUR |
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0 EUR |
./. Schulden |
200.000 EUR |
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Anfangsvermögen Mann |
0 EUR |
Anfangsvermögen Frau |
0 EUR |
Zugewinn |
100.000 EUR |
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0 EUR |
Der Mann hat 50.000 EUR Zugewinnausgleich zu zahlen.
Unterhalt: |
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Einkommen Mann |
3.000 EUR |
abzüglich Erwerbstätigenbonus (10 %) |
./. 300 EUR |
zuzüglich Wohnvorteil |
500 EUR |
abzüglich Darlehen (Zinsanteil) |
./. 1.000 EUR |
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2.200 EUR |
50 % als Unterhalt |
1.100 EUR |
Berücksichtigung beim Unterhalt:
Endvermögen Mann |
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Endvermögen Frau |
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Haus |
300.000 EUR |
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0 EUR |
Anfangsvermögen Mann |
0 EUR |
Anfangsvermögen Frau |
0 EUR |
Zugewinn |
300.000 EUR |
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0 EUR |
Der Mann hat 150.000 EUR Zugewinnausgleich zu zahlen.
Unterhalt: |
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Einkommen Mann |
3.000 EUR |
abzüglich Erwerbstätigenbonus (10 %) |
./. 300 EUR |
zuzüglich Wohnvorteil |
500 EUR |
abzüglich Darlehen (gesamt) |
./. 1.350 EUR |
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1.850 EUR |
50 % als Unterhalt |
925 EUR |
Je niedriger die restlichen Schulden sind und je länger der Pflichtige Unterhalt wird zahlen müssen, desto eher hat er ein Interesse daran, die volle Darlehenslast beim Unterhalt geltend zu machen.
Allerdings ist auch zu beachten: Fallen die Voraussetzungen für den Unterhalt weg, bringt dem bisher Unterhaltspflichtigen die Zahlung von Zins und Tilgung also unterhaltsrechtlich keinen Vorteil (mehr), so kann der Anspruch auf Gesamtschuldnerausgleich wieder aufleben (OLG Bremen, MDR 2007, 278).
Im Regelfall ist es aber sicher angebracht, die Valuta beim Güterrecht in Ansatz zu bringen.