Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung einer Einstellung nach § 101 BetrVG
Normenkette
BetrVG §§ 101, 99 Abs. 2 Nrn. 1, 3, Abs. 5, 4
Verfahrensgang
LAG Schleswig-Holstein (Beschluss vom 14.11.1990; Aktenzeichen 5 TaBV 24/90) |
ArbG Lübeck (Beschluss vom 29.05.1990; Aktenzeichen 3 BV 22/90) |
Tenor
1. Auf die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers wird der Beschluß des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 14. November 1990 – 5 TaBV 24/90 – insoweit aufgehoben, wie in ihm dem Arbeitgeber ein Zwangsgeld angedroht worden ist.
2. Insoweit wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Lübeck vom 29. Mai 1990 – 3 BV 22/90 – abgeändert und der Antrag des Betriebsrats abgewiesen.
3. Im übrigen wird die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
A. Im März 1990 schrieb der Arbeitgeber in einer internen Stellenausschreibung die Stelle eines Güteprüfers aus, die zum 1. April 1990 zu besetzen war. An fachlichen Voraussetzungen wurden genannt die Ausbildung als (Maschinen-)Schlosser und Berufserfahrungen in der Metallbearbeitung. Mit Schreiben vom 23. März 1990 teilte die Personalleitung dem Betriebsrat ihre Absicht mit, Herrn F. B., einen externen Bewerber, als Güteprüfer einzustellen und bat um Zustimmung hierzu. Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung mit Schreiben vom 28. März 1990; zur Begründung wies er darauf hin, der innerbetriebliche Bewerber J. O. sei – wie das Gespräch mit den Vertretern der Personalleitung ergeben habe – lediglich deshalb nicht berücksichtigt worden, weil er möglicherweise zur Bundeswehr eingezogen werden sollte. Da Herr O. aber in die Ersatzreserve T2 eingestuft gewesen sei, sei es auch für den Arbeitgeber erkennbar höchst unwahrscheinlich gewesen, daß er eingezogen werde. Mit Schreiben vom 5. April 1990 teilte der Arbeitgeber dem Betriebsrat mit, er beabsichtige trotz der Zustimmungsverweigerung, Herrn B. ab 9. April 1990 einzustellen. Dieser ist seitdem im Betrieb tätig.
Der Arbeitgeber hat mit der IG Metall am 15. April 1987 einen Manteltarifvertrag abgeschlossen, in dem es u.a. wie folgt heißt:
„§ 2 – Personalbeschaffung
- …
- …
- …
- Gegenüber nichtbetriebsangehörigen Bewerbern ist Betriebsangehörigen, sofern sie die fachlichen und persönlichen Voraussetzungen in gleicher Weise erfüllen, der Vorzug zu geben.
§ 3 – Beginn des Arbeitsverhältnisses
1. Einstellung
Die Einstellung erfolgt durch den Arbeitgeber oder durch die von ihm bestimmte Stelle unter Beachtung der Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes und der Bestimmungen dieses Manteltarifvertrages. Die schriftliche Zustimmung des Betriebsrats ist erforderlich. Eine Verweigerung dieser Zustimmung ist schriftlich zu begründen.
Bei der Einstellung soll der Arbeitsvertrag schriftlich geschlossen werden. Soweit dies nicht geschehen ist, soll der wesentliche Teil innerhalb einer Frist von einer Woche bestätigt werden.
§ 18 – Kündigungsfristen
1. Gewerbliche Arbeitnehmer
…
2. Angestellte
3. Weitere Kündigungsbestimmungen
- Für die fristlose Kündigung und das Recht zur fristlosen Auflösung des Arbeitsverhältnisses gelten die Vorschriften des § 626 BGB.
- Die schriftliche Zustimmung des Betriebsrats ist vor Ausspruch jeder Kündigung erforderlich. Eine Verweigerung dieser Zustimmung ist schriftlich zu begründen.
- …
- …
§ 24 – Schlichtung in Streitfällen (Einigungsstelle)
1. Streitfälle, die im Betrieb aus der Durchführung oder Auslegung der Tarifverträge entstehen, sind zunächst durch Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und dem Betriebsrat zu regeln.
Wird keine Einigung erzielt, sind Verhandlungen zwischen dem Vorstand und der IG Metall aufzunehmen.
2. Erfolgt auch dann keine Einigung, so ist eine paritätisch besetzte Einigungsstelle zu bilden, die aus je 2 Vertretern, welche vom Vorstand benannt werden, und 2 Vertretern, die von der IG Metall benannt werden, besteht.
Den Vorsitz führt ein unparteiischer, am Streit nicht beteiligter Vorsitzender, den die Parteien gemeinsam auswählen. Erfolgt bei der Auswahl keine Einigung, so hat jede Seite das
Recht, einen eigenen Vorsitzenden zu benennen. Durch Losentscheid wird dann der Vorsitzende ermittelt. Die Entscheidung dieser Einigungsstelle ist für beide Teile verbindlich.”
Der Betriebsrat erstrebt die Aufhebung der Einstellung von Herrn B. Er ist der Auffassung, die Einstellung des Bewerbers F. B. trotz frist- und ordnungsgemäß verweigerter Zustimmung des Betriebsrats sei betriebsverfassungswidrig. Das ergebe sich aus den in § 3 Nr. 1 MTV verstärkten Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats, außerdem aber auch bei Anwendung des § 99 BetrVG. Die Zustimmungsverweigerung lasse sich sowohl unter § 99 Abs. 2 Nr. 1 wie auch unter Abs. 2 Nr. 3 BetrVG subsumieren, wonach die Zustimmung verweigert werden kann, wenn die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, daß infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder einen sonstigen Nachteil erleiden, ohne daß dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist. Darüber hinaus sei aber in Erweiterung der Beteiligungsrechte des § 99 BetrVG nach § 3 Nr. 1 MTV für jede Einstellung die schriftliche Zustimmung des Betriebsrats erforderlich. Die Erweiterung der Mitbestimmungsrechte bestehe darin, daß für jede Einstellung die Zustimmung des Betriebsrats erforderlich sei, zum anderen, daß die Begründung nicht auf die in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Fallgestaltungen beschränkt sei. Vorliegend habe der Betriebsrat die Zustimmung frist- und ordnungsgemäß verweigert. Die Einstellung des Arbeitnehmers F. B. hätte daher nicht erfolgen dürfen, vielmehr hätte der Arbeitgeber die Einigungsstelle nach § 24 MTV anrufen müssen.
Der Betriebsrat hat beantragt,
den Arbeitgeber – bei Meidung eines Zwangsgeldes in Höhe von 250,– DM pro Tag der Zuwiderhandlung – zu verpflichten, die Einstellung von Herrn F. B. im Betrieb des Arbeitgebers aufzuheben.
Der Arbeitgeber hat beantragt, den Antrag abzuweisen.
Zur Begründung hat er vorgetragen, die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei personellen Einzelmaßnahmen seien abschließend in den §§ 99 ff. BetrVG geregelt und könnten tarifvertraglich nicht erweitert werden. Darüber hinaus ergebe eine grammatikalische und systematische Auslegung des Firmentarifvertrages, daß vorliegend die Beteiligungsrechte der §§ 99 ff. BetrVG nicht durch den Tarifvertrag verstärkt worden seien. Ein Bezug zu einem der Zustimmungsverweigerungsgründe des § 99 Abs. 2 BetrVG sei nicht erkennbar. Deshalb habe er den Bewerber F. B. einstellen dürfen, ohne die Zustimmung des Betriebsrats durch das Arbeitsgericht ersetzen zu lassen.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben dem Antrag des Betriebsrats stattgegeben und zur Begründung auf den Firmentarifvertrag abgestellt: Sowohl nach Auffassung des Arbeitsgerichts wie des Landesarbeitsgerichts enthält § 3 Nr. 1 MTV eine Verstärkung des Beteiligungsrechts bei der Einstellung. Diese Verstärkung und Erweiterung sei auch zulässig, weil mit der Einigungsstelle in § 24 Firmen-MTV ein Konfliktregelungsinstrument zur Verfügung stehe, mit dessen Hilfe die Belange des Betriebs und der Belegschaft abgewogen werden könnten. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Arbeitgeber seinen Abweisungsantrag weiter, während der Betriebsrat bittet, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
B. Auf die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers war der Beschluß des Landesarbeitsgerichts aufzuheben, soweit in diesem ein Zwangsgeld angedroht worden ist. Im übrigen war die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
I. Nach § 101 BetrVG kann der Betriebsrat beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine personelle Maßnahme aufzuheben, wenn er diese ohne Zustimmung des Betriebsrats durchgeführt hat.
1. Begründet ist ein solcher Anspruch, wenn der Betriebsrat die Zustimmung innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber schriftlich verweigert hat (§ 99 Abs. 3 BetrVG). Dies ist im vorliegenden Falle geschehen, da auf die Mitteilung des Arbeitgebers vom 23. März 1990 der Betriebsrat am 28. März 1990 die Zustimmung verweigert hat.
Hinzukommen muß, daß die Zustimmungsverweigerung beachtlich ist. Nach § 99 Abs. 2 BetrVG kann der Betriebsrat die Zustimmung zu personellen Einzelmaßnahmen nur aus den sechs in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Gründen verweigern. Früher war streitig, welche Anforderungen an die vom Arbeitgeber zu beachtende Begründung der Zustimmungsverweigerung zu stellen sind. Die Antwort ergibt sich aus § 99 Abs. 2 BetrVG einerseits und § 99 Abs. 4 BetrVG andererseits. Nach § 99 Abs. 4 BetrVG hat der Arbeitgeber die Zustimmung durch das Gericht ersetzen zu lassen. Diese gesetzliche Anordnung würde in ihr Gegenteil verkehrt, wenn es dem Arbeitgeber überlassen bliebe darüber zu entscheiden, ob die Begründung einer Zustimmungsverweigerung beachtlich wäre oder nicht. Deshalb hat der Senat entschieden, eine Verweigerung der Zustimmung des Betriebsrats sei schon dann ausreichend begründet, wenn die Begründung es als möglich erscheinen lasse, daß einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG abschließend genannten Zustimmungsverweigerungsgründe geltend gemacht werde (Senatsurteil vom 26. Januar 1988, BAGE 57, 242 = AP Nr. 50 zu § 99 BetrVG 1972). Dies trägt auch der Regelung von § 99 Abs. 3 BetrVG Rechnung, wonach die Zustimmung nur in einem Falle fingiert wird – Ablauf der Wochenfrist –, indem dem Arbeitgeber kein Beurteilungsspielraum bleibt. Die Unbeachtlichkeit der Gründe muß nach der Wertung des Gesetzes ebenso klar sein. Das sind Gründe, die nur den Wortlaut eines der gesetzlichen Tatbestände von § 99 Abs. 2 BetrVG wiederholen (Senatsbeschluß vom 24. Juli 1979 – 1 ABR 78/77 – AP Nr. 11 zu § 99 BetrVG 1972), ohne auf einen Lebenssachverhalt einzugehen oder solche, die offensichtlich auf keinen der gesetzlichen Verweigerungsgründe Bezug nehmen.
2. Vorliegend liegt entgegen der Auffassung des Arbeitgebers eine beachtliche Zustimmungsverweigerung vor. Der Betriebsrat hat die Verweigerung der Zustimmung zur Einstellung des Arbeitnehmers B. damit begründet, daß der innerbetriebliche Bewerber O. nur deshalb nicht berücksichtigt worden sei, weil er evtl. zur Bundeswehr eingezogen werde, obwohl der Arbeitgeber gewußt habe, daß er nur in die Ersatzreserve T2 eingestuft sei. Durch diese Zustimmungsverweigerungsbegründung wird sowohl der Verweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 1 als auch der des § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG in Verbindung mit § 2 Nr. 4 des Firmen-MTV angesprochen.
a) Nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG kann der Betriebsrat die Zustimmung u.a. dann verweigern, wenn die personelle Maßnahme gegen einen Tarifvertrag verstößt. Nach § 2 Nr. 4 des hier einschlägigen Firmentarifvertrags ist bei der Einstellung (Personalbeschaffung) gegenüber nichtbetriebsangehörigen Bewerbern den Betriebsangehörigen der Vorzug zu geben, sofern sie die fachlichen und persönlichen Voraussetzungen in gleicher Weise erfüllen. Mit der Begründung, der innerbetriebliche Bewerber sei lediglich wegen einer möglicherweise bevorstehenden Bundeswehrzeit nicht berücksichtigt worden, hat der Betriebsrat deutlich zu erkennen gegeben, daß seiner Auffassung nach andere Gründe für die Entscheidung zugunsten des außerbetrieblichen Bewerbers nicht vorlagen, insbesondere nicht eine bessere Qualifikation hierfür ausschlaggebend gewesen ist. Deshalb bezieht die Begründung der Zustimmungsverweigerung sich auf § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG in Verbindung mit § 2 Nr. 4 MTV. Dementsprechend ist die Zustimmungsverweigerung beachtlich. Ob der innerbetriebliche Bewerber tatsächlich die fachlichen und persönlichen Voraussetzungen in gleicher Weise erfüllt hat wie der außerbetriebliche Bewerber, ist für die Frage, ob eine beachtliche Zustimmungsverweigerung vorliegt, ohne Bedeutung. War der Arbeitgeber der Auffassung, die Zustimmungsverweigerung sei unbegründet, hätte er nach § 99 Abs. 4 BetrVG vor dem Arbeitsgericht beantragen müssen, die Zustimmung des Betriebsrats zu ersetzen. Hält sich der Arbeitgeber – wie im vorliegenden Fall – nicht an diesen gesetzlich vorgeschriebenen Weg kann er im anschließenden Verfahren nach § 101 BetrVG, das der Beseitigung eines betriebsverfassungswidrigen Zustandes dient, nicht mehr geltend machen, es habe ein Grund für die Verweigerung der Zustimmung im Sinne von § 99 Abs. 2 BetrVG nicht vorgelegen (ständige Rechtsprechung seit Senatsbeschluß vom 21. November 1978 – 1 ABR 91/76 – AP Nr. 3 zu § 101 BetrVG 1972).
b) Auch auf § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG bezieht sich die Begründung des Betriebsrats zur Verweigerung seiner Zustimmung. Danach kann der Betriebsrat die Zustimmung verweigern, wenn die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, daß infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne daß dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist.
Der Senat hat in der Entscheidung vom 13. Juni 1989 (– 1 ABR 11/88 – AP Nr. 66 zu § 99 BetrVG 1972) ausgeführt, die Nichtberücksichtigung bei der Versetzung auf einen innerbetrieblich ausgeschriebenen Arbeitsplatz sei kein Nachteil im Sinne von § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG, es sei denn, der nichtberücksichtigte Arbeitnehmer hätte einen rechtlichen Anspruch auf die Stelle. Weil ein solcher rechtlicher Anspruch in dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Falle nicht erkennbar war, hat der Senat in jener Entscheidung die verweigerte Zustimmung des Betriebsrats ersetzt. Schon dies zeigt, daß der Senat die entsprechende Zustimmungsverweigerungsbegründung des Betriebsrats immerhin für beachtlich gehalten hat.
Im vorliegenden Falle ist darüber hinaus zumindest nicht ausgeschlossen, daß der innerbetriebliche Bewerber einen Anspruch auf den Arbeitsplatz hat, auf den der außerbetriebliche Bewerber eingestellt worden ist. Dies ergibt sich wiederum aus § 2 Nr. 4 MTV, wonach den Betriebsangehörigen gegenüber nichtbetriebsangehörigen Bewerbern der Vorzug zu geben ist, sofern sie die fachlichen und persönlichen Voraussetzungen in gleicher Weise erfüllen. Zumindest soweit sich nur ein außerbetrieblicher und ein gleich qualifizierter innerbetrieblicher Bewerber gegenüberstehen, kann sich aus § 2 Nr. 4 MTV ein Anspruch auf Berücksichtigung der Bewerbung ergeben.
II. Nur soweit das Landesarbeitsgericht ein Zwangsgeld angedroht hat, ist der Beschluß aufzuheben. Nach § 101 Satz 2 BetrVG ist der Arbeitgeber erst dann durch Zwangsgeld zur Aufhebung der Maßnahme anzuhalten, wenn er entgegen einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung die personelle Maßnahme nicht aufhebt (Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 16. Aufl., § 101 Rz 4 b bis 5; Kraft, GK-BetrVG, 4. Aufl., § 101 Rz 12 und 13, beide mit weiteren Nachweisen). Daß der Arbeitgeber der rechtskräftigen Anordnung nicht nachkommt, steht noch nicht fest.
III. Da der Antrag des Betriebsrats, dem Arbeitgeber aufzugeben, die Einstellung aufzuheben, bereits nach § 101 in Verbindung mit § 99 Abs. 2 Nr. 1 und 3 BetrVG begründet ist, hat der Senat nicht mehr zu entscheiden gehabt, ob die Begründetheit des Antrags sich auch aus § 101 BetrVG in Verbindung mit § 3 Nr. 1 MTV ergibt.
Der Senat sieht sich aber zu folgenden Hinweisen veranlaßt:
In der Entscheidung vom 10. Februar 1988 (BAGE 57, 317 = AP Nr. 53 zu § 99 BetrVG 1972) hat er seine Rechtsprechung bestätigt, daß Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach dem Betriebsverfassungsgesetz durch Tarifvertrag erweitert und verstärkt werden können (so schon Senatsbeschluß vom 18. August 1987 – 1 ABR 30/86 – AP Nr. 23 zu § 77 BetrVG 1972). Desweiteren hat er in dieser Entscheidung ausgeführt, daß auch eine tarifliche Regelung, die dem Betriebsrat ein echtes Mitbestimmungsrecht bei der Frage zubilligt, welcher Bewerber einzustellen ist, keinen rechtlichen Bedenken begegnet, wenn im Streitfalle die Einigungsstelle nach den Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes entscheiden soll.
Vorliegend hat der Senat Zweifel, ob der einschlägige Firmentarifvertrag eine Verstärkung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats bei der Einstellung enthält. Nach § 3 Nr. 1 erfolgt die Einstellung durch den Arbeitgeber unter Beachtung der Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes und der Bestimmungen dieses Manteltarifvertrages. Es ist nicht geregelt, daß irgendwelche Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes nicht anzuwenden sind. Der folgende Satz, „die schriftliche Zustimmung des Betriebsrats ist erforderlich” kann daher ebenso eine Wiederholung der bereits nach § 99 Abs. 2 BetrVG erforderlichen Zustimmung des Betriebsrats sein, wie eine Verstärkung des Beteiligungsrechts, die dann bestehen würde, wenn § 3 Nr. 1 entnommen werden könnte, daß der Betriebsrat die Zustimmung aus jedem Grunde verweigern könnte. Auch aus einem Vergleich mit § 18 Nr. 3 MTV ergibt sich nicht eindeutig, daß § 3 Nr. 1 MTV eine Verstärkung des Beteiligungsrechts enthält. Nach § 18 Nr. 3 b ist die schriftliche Zustimmung des Betriebsrats vor Ausspruch jeder Kündigung erforderlich. Eine Verweigerung dieser Zustimmung ist schriftlich zu begründen. § 18 Nr. 3 b MTV ist im Unterschied zu § 3 Nr. 1 eindeutig, weil hier gerade nicht auf Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes, insbesondere nicht auf abschließend aufgezählte Zustimmungsverweigerungsgründe wie in § 99 Abs. 2 BetrVG, Bezug genommen wird.
Unterschriften
Matthes, Dr. Olderog, Dr. Weller, Koerner, Weinmann
Fundstellen