Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenfestsetzung und Gegenstandswert. Rechtsbeschwerde (§ 78 ArbGG). Arbeitsgerichtliches Verfahren
Orientierungssatz
- Die Streitwertannahme im Rahmen eines Kostenfestsetzungsbeschlusses ist nicht im eigentlichen Kostenfestsetzungsverfahren angreifbar. Deshalb kann eine zugelassene Rechtsbeschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss auch nicht damit begründet werden, diesem sei ein unrichtiger Gegenstandswert zugrunde gelegt worden.
- Es kann dahinstehen, ob eine sofortige Beschwerde, mit der sich der Beschwerdeführer gegen eine Kostenfestsetzung allein mit der Begründung wendet, der Gegenstandswert sei fehlerhaft angesetzt worden, als Streitwertbeschwerde nach § 10 Abs. 3 Satz 1 BRAGO zu behandeln ist. Eine entsprechende Bewertung im Rechtsbeschwerdeverfahren scheidet jedenfalls aus, weil eine Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Landesarbeitsgerichts im Wertfestsetzungsverfahren selbst dann ausgeschlossen ist, wenn die Rechtsbeschwerde vom Landesarbeitsgericht zugelassen worden ist.
Normenkette
ArbGG § 78; ZPO §§ 574, 107; BRAGO § 10
Verfahrensgang
LAG Hamburg (Beschluss vom 27.02.2004; Aktenzeichen 7 Ta 3/04) |
ArbG Hamburg (Beschluss vom 04.12.2003; Aktenzeichen 7 Ca 401/97) |
ArbG Hamburg (Beschluss vom 03.12.2003; Aktenzeichen 7 Ca 401/97) |
ArbG Hamburg (Beschluss vom 02.12.2003; Aktenzeichen 7 Ca 401/97) |
ArbG Hamburg (Beschluss vom 01.12.2003; Aktenzeichen 7 Ca 401/97) |
Tenor
Tatbestand
I. Die Klägerin wendet sich mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde gegen die Festsetzung der Kosten der Nebenintervenienten.
Die Klägerin hatte mit ihrer Klage die gerichtliche Feststellung der Wirksamkeit bestimmter verschlechternder Tarifverträge geltend gemacht. Während sich die Beklagten als weitere Parteien des Tarifvertrages dem anschlossen, beantragten die Nebenintervenienten, die von der tarifvertraglichen Verschlechterung betroffen waren, die Klage abzuweisen. Daneben verfolgten die Nebenintervenienten die Rechte aus den verschlechterten Tarifverträgen in Individualprozessen.
Das Arbeitsgericht hatte die Klage abgewiesen. Auf Antrag der Klägerin hatte es für die Klägerin die Sprungrevision gegen sein Urteil zugelassen. Das Bundesarbeitsgericht hat die Sprungrevision mit der Maßgabe zurückgeweisen, dass die Klage als unzulässig abgewiesen werde; die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Nebenintervenienten hat es der Klägerin auferlegt.
Ohne gesonderte Streitwertfestsetzung hat das Arbeitsgericht daraufhin auf Antrag der Nebenintervenienten deren Kosten durch Beschlüsse vom 1., 2., 3. und 4. Dezember 2003 festgesetzt. Dabei ist es von den in den Individualprozessen festgesetzten Streitwerten ausgegangen; dieser Wert entspreche dem Wert der jeweiligen Nebenintervention. Die gegen die Kostenfestsetzungsbeschlüsse gerichtete sofortige Beschwerde der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht durch den angefochtenen Beschluss zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Entscheidungsgründe
II. Die statthafte Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
- Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil sie durch das Landesarbeitsgericht zugelassen worden ist und keine Spezialvorschrift die Anwendung von § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, § 78 ArbGG ausschließt (Zöller/Herget ZPO § 104 Rn. 20b mwN).
Die Rechtsbeschwerde ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin erhebt gegenüber den Kostenfestsetzungsbeschlüssen des Arbeitsgerichts und der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die sofortige Beschwerde keine Einwendungen, die sie in diesem Verfahren erheben könnte.
Die Rechtsbeschwerdebegründung stützt sich ausschließlich darauf, die Vorinstanzen hätten ihren Beschlüssen zu hohe Gegenstandswerte zugrunde gelegt. Hierüber ist nicht im Kostenfestsetzungsverfahren zu entscheiden (Zöller/Herget ZPO § 104 Rn. 21 “Streitwert”). Grundsätzlich ist der Rechtspfleger an die Streitwertfestsetzungen des Prozessgerichts gebunden. Fehlt eine solche Festsetzung und ist sie auch, wie im vorliegenden Fall, weil es um den Gegenstandswert der Nebenintervention geht und ein Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswerts nach § 10 BRAGO nicht gestellt ist, nicht von Rechts wegen geboten, darf der Rechtspfleger einen Streitwert zwar selbständig zugrunde legen (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO § 104 Rn. 10). Dadurch wird seine Streitwertannahme aber nicht rechtsgestaltender Teil des Kostenfestsetzungsbeschlusses und im Rahmen dieses Festsetzungsverfahrens angreifbar. Das Kostenfestsetzungsverfahren soll vielmehr von dem hiervon zu trennenden Verfahren zur Festsetzung der Höhe des Gegenstandswerts freigehalten werden. Dies zeigt neben den verschiedenen, hierfür vorgesehenen gesetzlichen Verfahren die Möglichkeit des § 107 ZPO, wonach ein Kostenfestsetzungsbeschluss auf Antrag abgeändert werden kann, wenn nach seinem Erlass eine Festsetzung des Gegenstandswerts erfolgt ist, die von der Wertberechnung abweicht, die der Kostenfestsetzung zugrunde gelegen hat.
Es kann dahinstehen, ob eine sofortige Beschwerde, die sich gegen eine Kostenfestsetzung ohne vorherige gerichtliche Streitwertfestsetzung allein mit der Begründung richtet, der Gegenstandswert sei fehlerhaft angesetzt worden, als Streitwertbeschwerde nach § 10 Abs. 3 Satz 1 BRAGO zu behandeln ist (so Zöller/Herget ZPO § 104 Rn. 21 “Streitwert” unter Berufung auf den allerdings etwas anders liegenden Beschluss OLG Düsseldorf 28. März 1988 – 4 WF 93/88 – JurBüro 1988, 1176). Ein entsprechendes Verhalten im Rahmen des Rechtsbeschwerdeverfahrens scheidet jedenfalls aus, weil auch nach der zum 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Änderung des Beschwerderechts eine Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Landesarbeitsgerichts im Wertfestsetzungsverfahren nicht statthaft ist (BAG 17. März 2003 – 2 AZB 21/02 – AP ArbGG 1979 nF § 78 Nr. 3; Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert BRAGO § 10 Rn. 13; Kaiser DB 2002, 324; Bader NZA 2002, 121). Auf Grund der Regelungen in § 10 Abs. 3 Satz 2 BRAGO, §§ 25, 5 Abs. 2 Satz 3 GKG aF ist die Rechtsbeschwerde bei Streitwertbeschlüssen spezialgesetzlich ausgeschlossen. Dies gilt auch dann, wenn die Vorinstanz, wie dies vorliegend geschehen ist, die Rechtsbeschwerde ausdrücklich zugelassen hat. Ein gesetzlich nicht vorgesehenes Rechtsmittel wird nicht allein dadurch zulässig, dass die Vorinstanz das Rechtsmittel zulässt; durch gerichtliche Entscheidung kann ein gesetzlich nicht vorgesehener Instanzenzug nicht eröffnet werden (BAG 17. März 2003 – 2 AZB 21/02 – aaO mwN).
Die Klägerin ist nicht gehindert, den Gegenstandswert der Nebeninterventionen förmlich gerichtlich festsetzen zu lassen und die gegebenenfalls gegen solche Beschlüsse möglichen Rechtsbehelfe einzulegen. Der Weg zum Bundesarbeitsgericht ist aber in diesem Verfahren aus den genannten Gründen von Rechts wegen versperrt.
Unterschriften
Kremhelmer, Bepler, Breinlinger
Fundstellen
EzA-SD 2004, 14 |
ArbRB 2005, 48 |
RVGreport 2004, 437 |
BAGReport 2004, 384 |
www.judicialis.de 2004 |