Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschreibung der Arbeitsplätze von Tendenzträgern
Orientierungssatz
1. Die Rechtsprechung des Senats zur Informationspflicht des Arbeitgebers nach § 99 Abs 1 BetrVG bei der Einstellung von Tendenzträgern und zur Anhörung des Betriebsrats zur Kündigung von Tendenzträgern ist seit 1975 unverändert geblieben, ebenso die Rechtsprechung seit 1979 zur innerbetrieblichen Ausschreibung von Arbeitsplätzen der Tendenzträger.
2. Es sprechen keine durchgreifenden Bedenken dagegen, in dem arbeitsgerichtlichen Beschluß, in dem die Verpflichtung nach § 23 Abs 3 Satz 1 BetrVG enthalten ist, gleichzeitig die Verhängung eines Ordnungsgeldes für den Fall jeder Zuwiderhandlung anzudrohen.
Normenkette
GG Art. 5 Abs. 2; BetrVG § 93; GG Art. 5 Abs. 1 S. 2; BetrVG § 102 Abs. 1; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2; BetrVG § 23 Abs. 3 Sätze 2, 1, § 118 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
LAG Köln (Entscheidung vom 23.02.1987; Aktenzeichen 6 (4/3) TaBV 56/86) |
ArbG Aachen (Entscheidung vom 17.10.1986; Aktenzeichen 6 BV 25/86) |
Gründe
A. Der Betriebsrat macht gegenüber dem Arbeitgeber, der Firma Zeitungsverlag A GmbH, einen Unterlassungsanspruch nach § 23 Abs. 3 BetrVG geltend. Die Firma Zeitungsverlag A GmbH betreibt einen Zeitungsverlag mit etwa 450 Arbeitnehmern. Sie umfaßt unter dem Dach einer Verlagsgesellschaft zwei rechtlich und organisatorisch voneinander unabhängige, miteinander in Konkurrenz stehende Herausgebergesellschaften: Die A Verlagsgesellschaft mbH ist Herausgeberin der A zeitung und die Verlagsanstalt C & Co. Herausgeberin der A Nachrichten. Die Geschäftsanteile der A Verlagsgesellschaft befinden sich zu je 25 % in den Händen der Familien S, M, H und E. Diese Familien verfügen auch über 80 % der Geschäftsanteile der Firma Zeitungsverlag A GmbH. Die restlichen 20 % befinden sich in der Hand der Verlagsgesellschaft C GmbH & Co., deren Kapital sich auf 18 Kommanditisten verteilt, die mit den Anteilseignern der Antragsgegnerin und der A Verlagsgesellschaft mbH nicht identisch sind. Die Antragsgegnerin hat für die Herausgebergesellschaften den Anzeigen- und Zeitungsverkauf sowie die allgemeine und die Personalverwaltung übernommen.
Sämtliche Arbeitnehmer unterhalten arbeitsvertragliche Beziehungen allein mit der als Dachgesellschaft tätigen Antragsgegnerin, unabhängig davon, ob sie ihre Tätigkeit bei der A zeitung oder den A Nachrichten ausüben.
Bei der Firma Zeitungsverlag A GmbH als Arbeitgeber ist ein Betriebsrat (Antragsteller) errichtet worden. Ihm gehören sowohl Arbeitnehmer an, die ihre Tätigkeit bei den A Nachrichten ausüben, als auch solche, die bei der A zeitung tätig sind.
Nach der Vereinbarung, die der Arbeitgeber mit der A Verlagsgesellschaft mbH (AVG) als Herausgeberin der A zeitung und der Verlagsanstalt C & Co. (VAC) als Herausgeberin der A Nachrichten am 9. Januar 1975 geschlossen hat, bestimmen diese für sich für ihre jeweiligen Zeitungen "A zeitung" (AV) und "A Nachrichten" (AN) den oder die Herausgeber. Solange sie keine Bestimmung treffen, gelten sie selbst als Herausgeber. AVG und VAC bestimmen auch jeder für sich die grundsätzliche redaktionelle Haltung der genannten Zeitungen. Die AVG und VAC bestimmen auch je einen Bevollmächtigten, der Mitglied der Geschäftsleitung der Firma Zeitungsverlag A GmbH sein muß, als ihren Vertreter, der für die Einhaltung der grundsätzlichen Haltung ihrer Zeitung verantwortlich ist. Der Arbeitgeber (Firma Zeitungsverlag A GmbH) stellt Chefredakteure, Redakteure und Volontäre für die "A zeitung" nur auf Vorschlag der AVG, für die "A Nachrichten" nur auf Vorschlag der VAC ein. Der Arbeitgeber kündigt dem Chefredakteur, einem Redakteur oder Volontär der "A zeitung" nur mit Zustimmung der AVG, dem Chefredakteur, einem Redakteur oder Volontär der "A Nachrichten" nur mit Zustimmung der VAC. Die Zustimmung zur Kündigung des Vertragsverhältnisses eines Chefredakteurs oder eines Redakteurs oder Volontärs darf nur aus wichtigem Grund verweigert werden.
Der Betriebsrat hat die innerbetriebliche Ausschreibung aller zu besetzenden Arbeitsplätze verlangt, zuletzt mit Schreiben vom 2. Dezember 1985. Der Arbeitgeber hat dies hinsichtlich der Arbeitsplätze für Tendenzträger abgelehnt.
Darüber hinaus hat der Arbeitgeber die am 1. Januar 1986 durch das Ausscheiden der Arbeitnehmerin Ulla L freigewordene Stelle als Verlagskaufmann nicht innerbetrieblich ausgeschrieben. Eine Ausschreibung unterblieb auch für zwei Stellen von Verlagskaufleuten, die durch das Ausscheiden der Arbeitnehmerinnen Gisela B und Bärbel D zum 1. April 1986 frei geworden waren.
Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, daß der Arbeitgeber generell zur Ausschreibung zu besetzender Stellen verpflichtet sei. Dies gelte auch für Arbeitsplätze von Tendenzträgern. Da der Arbeitgeber gegen diese Pflicht mehrfach und auch bei Nichttendenzträgern verstoßen habe, liege ein grober Verstoß und damit die Voraussetzung des § 23 Abs. 3 BetrVG vor, so daß er die Unterlassung dieser Praxis für die Zukunft verlangen könne.
Der Antragsteller hat beantragt,
1. der Antragsgegnerin aufzugeben, es zu unter-
lassen, Arbeitsplätze, die besetzt werden
sollen, allgemein oder für bestimmte Arten
von Tätigkeiten vor ihrer Besetzung nicht
innerhalb des Betriebes auszuschreiben,
2. der Antragsgegnerin anzudrohen, sie wegen
einer jeden Zuwiderhandlung gegen die gemäß
dem Antrag zu 1) auferlegte Verpflichtung zu
einem Ordnungsgeld bis zur gesetzlichen Höhe
von 20.000,-- DM zu verurteilen,
3. hilfsweise
festzustellen, daß die Antragsgegnerin ver-
pflichtet ist, Arbeitsplätze, die im Bereich
der Antragsgegnerin besetzt werden sollen,
allgemein vor ihrer Besetzung innerbetrieb-
lich auszuschreiben.
Die Antragsgegnerin hat beantragt, die Anträge abzuweisen.
Hinsichtlich der Nichttendenzträger sei sie ihrer Ausschreibungspflicht immer nachgekommen. Wenn dies - wie in den vom Antragsteller geschilderten Beispielen - nicht geschehen sei, beruhe dies darauf, daß die betreffende Personalentscheidung vorher vom Betriebsrat gewünscht worden und deshalb eine Ausschreibung entbehrlich gewesen sei.
Hinsichtlich der Tendenzträger bestehe keine Ausschreibungspflicht. Hier sei die in der Bundesrepublik Deutschland einmalige Konstellation zu berücksichtigen, daß unter dem Dach einer Verlagsgesellschaft zwei konkurrierende Tageszeitungen herausgegeben würden ("A Modell"). Durch eine Ausschreibungspflicht werde er, der Arbeitgeber, in seiner Tendenzbestimmung und -verwirklichung in nicht hinnehmbarem Maße beeinträchtigt. Aus einer Ausschreibung könne die jeweilige Konkurrenzgesellschaft bereits im Vorfeld tendenzbezogene Absichten erkennen und zu wettbewerblichen Gegenmaßnahmen greifen. Es sei zu berücksichtigen, daß die gesamte Personalplanung sowie personelle Einzelmaßnahmen im Tendenzbereich von der jeweiligen Herausgebergesellschaft ausgingen, die Anstellungsverträge selbst aber von ihr, der Verlagsgesellschaft, geschlossen würden. Sie stelle Chefredakteure, Redakteure und Volontäre jeweils nur auf Vorschlag der A Verlagsgesellschaft mbH oder der Verlagsanstalt C GmbH & Co. ein. Dadurch sei den Herausgebergesellschaften absolute Freiheit in der Personalpolitik im Tendenzbereich garantiert. Dazu gehöre auch, daß die eine Herausgebergesellschaft nicht über den Betriebsrat über Gründe und Zielsetzungen der anderen Herausgebergesellschaft informiert werde. Über die Einschaltung des "übergeordneten" Betriebsrats der Verlagsgesellschaft gelangten aber Kenntnisse über geplante personelle Maßnahmen der einen Herausgebergesellschaft automatisch zur Kenntnis der anderen Herausgebergesellschaft. Im übrigen befinde sich ein Betriebsratsmitglied, das Tendenzträger einer Herausgebergesellschaft sei, in einem Loyalitätskonflikt, weil es einerseits zur Tendenzförderung, andererseits aber als Betriebsratsmitglied zur Verschwiegenheit verpflichtet sei. Schweige es über Informationen, die es im Rahmen seiner Betriebsratstätigkeit erhalten habe und die den Tendenzbereich der anderen Herausgebergesellschaft beträfen, so verletze es seine Loyalitätspflichten gegenüber "seiner" Herausgebergesellschaft; schweige es nicht, so verstoße es gegen das Gesetz.
Ferner könne das Ziel der innerbetrieblichen Ausschreibung, die Aktivierung des innerbetrieblichen Arbeitsmarktes, durch eine Ausschreibung im konkreten Fall ohnehin nicht erreicht werden, da die Redaktionsangehörigen jeder Einzelgesellschaft über die Personalpolitik der eigenen Gesellschaft Bescheid wüßten und die Bewerbung bei einer Konkurrenzgesellschaft schlechthin undenkbar wäre. Eine innerbetriebliche Ausschreibung sei daher bloße Förmelei.
Der Betriebsrat hat erwidert, das Innenverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und den Inhabern der beiden Zeitungen sei für die betriebsverfassungsrechtlichen Fragen ohne Bedeutung. Im übrigen stelle die Antragsgegnerin ausschließlich auf wirtschaftliche Gesichtspunkte ab, lege jedoch keine Tendenzbeeinträchtigung dar.
Das Arbeitsgericht hat den Hauptanträgen stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Arbeitgebers zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Arbeitgeber seinen Abweisungsantrag weiter, während der Betriebsrat um Zurückweisung der Rechtsbeschwerde bittet.
B. Die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers ist nicht begründet.
I. Die Hauptanträge des Betriebsrats sind zulässig.
1. Der Hauptantrag zu 1) genügt den Bestimmtheitserfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Auch im Beschlußverfahren muß der Streitgegenstand nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO so genau bezeichnet werden, daß die eigentliche Streitfrage selbst mit Rechtskraftwirkung zwischen den Beteiligten entschieden werden kann (vgl. Senatsbeschluß vom 10. Juni 1986, BAGE 52, 160, 164 f. = AP Nr. 18 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit, zu B II 2 der Gründe; Beschluß des Siebten Senats vom 29. Juni 1988 - 7 ABR 15/87 - zu B I 2 a der Gründe m. w. N., zur Veröffentlichung vorgesehen). Die gerichtliche Entscheidung nach § 23 Abs. 3 BetrVG und damit auch der darauf gerichtete Antrag des Betriebsrats müssen daher so bestimmt sein, daß der Arbeitgeber der Entscheidung unschwer entnehmen kann, welches Verhalten ihm aufgegeben worden ist (Senatsbeschluß vom 17. März 1987 - 1 ABR 65/85 - AP Nr. 7 zu § 23 BetrVG 1972, zu B III 1 der Gründe).
Der Unterlassungsantrag wiederholt zwar im wesentlichen die Formulierung des § 93 BetrVG. Damit enthält der Sachantrag zugleich eine Reihe unbestimmter Rechtsbegriffe, mit denen die Gefahr verbunden ist, daß bei einer dem Antrag stattgebenden Entscheidung lediglich der Gesetzestext wiederholt, nicht aber über einen bestimmten Streit der Beteiligten entschieden würde. Deshalb darf im Regelfall eine gerichtliche Entscheidung, die lediglich eine gesetzliche Regelung wiederholt, nicht ergehen (Senatsbeschluß vom 17. März 1987, aaO, zu B III 1 der Gründe; Beschluß des Siebten Senats vom 29. Juni 1988, aaO, zu B I 2 b der Gründe). Vorliegend ist das aber deshalb anders, weil der Begründung des Begehrens und der Einlassung des Arbeitgebers zu entnehmen ist, daß inhaltliche Fragen der Ausschreibung von Arbeitsplätzen zwischen den Beteiligten nicht im Streit sind. Der Arbeitgeber stellt in Abrede, überhaupt verpflichtet zu sein, die Stellen von Tendenzträgern auszuschreiben. Der Betriebsrat vertritt den entgegengesetzten Standpunkt. Somit ist Gegenstand des Rechtsstreits, wie er durch den Unterlassungsantrag bestimmt wird, allein die Frage, ob die Rechte des Betriebsrats nach § 93 BetrVG für Stellen von Tendenzträgern ausgeschlossen sind.
2. Eine antragsgemäße Entscheidung ist auch geeignet, den Arbeitgeber für die in § 23 Abs. 3 Satz 2 BetrVG normierten Sanktionen zur Befolgung der gerichtlichen Entscheidung und damit zur Beachtung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats anzuhalten. Zu einem Ordnungsgeld kann der Arbeitgeber jedenfalls verurteilt werden, wenn er dem gerichtlichen Verbot, Arbeitsplätze ohne vorherige innerbetriebliche Stellenausschreibung zu besetzen, zuwidergehandelt hat (vgl. dazu Beschluß des Senats vom 17. März 1987 - 1 ABR 65/85 - AP Nr. 7 zu § 23 BetrVG 1972, zu B III 2 der Gründe).
3. Der Arbeitgeber hat seine Pflicht, nach § 93 BetrVG auch die Stellen von Tendenzträgern auf Verlangen des Betriebsrats auszuschreiben, im Sinne von § 23 Abs. 3 BetrVG grob verletzt.
Nach § 93 BetrVG kann der Betriebsrat verlangen, daß Arbeitsplätze, die besetzt werden sollen, allgemein oder für bestimmte Arten von Tätigkeiten vor ihrer Besetzung innerhalb des Betriebs ausgeschrieben werden. Hiervon macht das Gesetz bei Redakteuren und Redaktionsvolontären eines Zeitungsverlages keine Ausnahme.
Nach § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BetrVG sind die Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes auf Unternehmen und Betriebe, die unmittelbar und überwiegend der Berichterstattung oder Meinungsäußerung dienen und auf die Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG Anwendung findet, nicht anzuwenden, soweit die Eigenart des Unternehmens oder des Betriebes dem entgegensteht.
a) Der Arbeitgeber betreibt einen Zeitungsverlag und ist damit ein Unternehmen i. S. von § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BetrVG, das Zwecken der Berichterstattung oder Meinungsäußerung dient. Bei den von der Einstellung betroffenen Redakteuren und Volontären handelt es sich auch um sogenannte Tendenzträger, d. h. um Arbeitnehmer, die selbst unmittelbar für die Berichterstattung und/oder Meinungsäußerung der Zeitung tätig sind und damit inhaltlich auf die Tendenzverwirklichung Einfluß nehmen können (für Redakteure: BAGE 27, 322 = AP Nr. 3 zu § 99 BetrVG 1972; Senatsbeschluß vom 9. Dezember 1975 - 1 ABR 37/74 - AP Nr. 7 zu § 118 BetrVG 1972; BAGE 35, 278 = AP Nr. 18 zu § 118 BetrVG 1972; BAGE 43, 35 = AP Nr. 27 zu § 118 BetrVG 1972; für Redaktionsvolontäre: BAGE 35, 289 = AP Nr. 21 zu § 118 BetrVG 1972).
Das ist unter den Beteiligten auch nicht im Streit. Wenn ein Tendenzunternehmen eine an sich mitbestimmungspflichtige Maßnahme durchführen will, von der ein Tendenzträger betroffen ist, bedeutet dies aber noch nicht, daß Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes über Beteiligungsrechte des Betriebsrats an dieser Maßnahme keine Anwendung finden. Deren Anwendung ist durch § 118 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nur insoweit ausgeschlossen, als die Eigenart des Unternehmens dem entgegensteht. Durch diese Vorschrift soll das Grundrecht der Pressefreiheit des Verlegers geschützt werden; sie und damit auch die Freiheit des Verlegers, die Tendenz seiner Zeitschrift festzulegen, beizubehalten, zu ändern und diese Tendenz zu verwirklichen, soll vor einer Beeinträchtigung durch betriebliche Mitbestimmungsrechte abgeschirmt werden. Daraus folgt, daß die Beteiligungsrechte des Betriebsrats in Presseunternehmen nur insoweit zurücktreten müssen, als durch ihre Ausübung die Freiheit des Verlegers zur Tendenzbestimmung und Tendenzverwirklichung ernsthaft beeinträchtigt und damit das Grundrecht der Pressefreiheit verletzt werden kann (Senatsbeschluß vom 31. Mai 1983, BAGE 43, 35 = AP Nr. 27 zu § 118 BetrVG 1972). Die Maßnahme gegenüber einem Tendenzträger muß daher nicht nur einen Bezug zur Tendenz des Unternehmens haben, vielmehr muß sich gerade die nach dem Betriebsverfassungsgesetz an sich vorgesehene Beteiligung des Betriebsrats auf die Tendenzverwirklichung auswirken, wenn sie zurücktreten soll.
b) Das ist bei der innerbetrieblichen Ausschreibung von Stellen für Redakteure und Redaktionsvolontäre nicht der Fall. Deshalb hat der Arbeitgeber auf Verlangen des Betriebsrats nach § 93 BetrVG auch diese Stellen innerbetrieblich auszuschreiben.
Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung für die Einstellung eines Redakteurs ausgesprochen, der Arbeitgeber habe den Betriebsrat nach § 99 Abs. 1 BetrVG zu informieren und die Bewerbungsunterlagen sämtlicher Bewerber vorzulegen. Der Betriebsrat könne in solchen Fällen gegen die Einstellung auch schriftliche Bedenken aus den Gründen des § 99 Abs. 2 BetrVG geltend machen, mit denen sich der Arbeitgeber auseinandersetzen müsse (BAGE 27, 322 = AP Nr. 3 zu § 99 BetrVG 1972; BAGE 35, 278 = AP Nr. 18 zu § 118 BetrVG 1972). Der Senat hat dies damit begründet, der Arbeitgeber, der den Betriebsrat von einer geplanten Einstellung zu unterrichten und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb der Frist des § 99 Abs. 3 BetrVG zu geben habe und Bedenken des Betriebsrats bei seiner endgültigen Entscheidung zur Kenntnis nehme und in seine Überlegungen einbeziehe, werde in der Ausübung seiner Freiheit als Verleger zur Tendenzbestimmung und Tendenzverwirklichung nicht ernsthaft beeinträchtigt. Dementsprechend hat der Senat auch entschieden, daß der Tendenzcharakter eines Unternehmens nicht der Anhörung des Betriebsrats zur Kündigung eines Tendenzträgers nach § 102 Abs. 1 BetrVG entgegensteht (Senatsurteil vom 7. November 1975 - 1 AZR 282/74 - AP Nr. 4 zu § 118 BetrVG 1972). Das gleiche gilt für die innerbetriebliche Ausschreibung von Stellen für Redakteure und Redaktionsvolontäre. Auch durch die innerbetriebliche Ausschreibung wird die Tendenzbestimmung und -verwirklichung des Verlegers nicht ernsthaft beeinträchtigt. Er erhält nur eine Übersicht über die Arbeitnehmer, die sich für die vorgesehene Aufgabe geeignet halten und die Tätigkeit auch übernehmen wollen. Damit erhält der Arbeitgeber weitere Kenntnisse für seine Entscheidungsfindung, bleibt in der Entscheidung über die Besetzung der Stelle des Tendenzträgers aber frei.
c) Mit der Rechtsbeschwerde macht der Arbeitgeber zu Unrecht geltend, im vorliegenden Fall müsse wegen der Besonderheiten des "A Modells" der Tendenzschutz des § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BetrVG auch die Pflicht zur innerbetrieblichen Ausschreibung der Arbeitsplätze von Tendenzträgern nach § 93 BetrVG beseitigen. Der Arbeitgeber ist der Auffassung, die Information des Betriebsrats gefährde die Existenz des "A Modells". Dieses sei gegründet worden, um im Bereiche des Regierungsbezirks A die weitere Herausgabe zweier unabhängiger Zeitungen mit unterschiedlichen politischen Richtungen wirtschaftlich zu ermöglichen. Die Sicherstellung einer Pressevielfalt sei verfassungsrechtlich geschützt. Bei der gebotenen Abwägung der verfassungsrechtlichen Garantie von Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) gegenüber den im Sozialstaatsprinzip wurzelnden Beteiligungsrechten des Betriebsrats müsse der Pressefreiheit der Vorrang gegeben werden, wenn die Durchführung des "A Modells" bei der Gewährung von betriebsverfassungsrechtlichen Rechten in Frage gestellt werde.
aa) Diese Ausführungen gehen schon im verfassungsrechtlichen Ansatz fehl. Die Vorschrift des § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BetrVG will das durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistete Grundrecht der Pressefreiheit des Verlegers schützen. Die Pressefreiheit des Verlegers und damit auch seine Freiheit, die Tendenz seiner Zeitung festzulegen, beizubehalten, zu ändern und diese Tendenz zu verwirklichen, soll vor einer Beeinträchtigung durch betriebliche Mitbestimmungsrechte abgeschirmt werden. Die Regelung des § 93 BetrVG ist daher kein die Pressefreiheit einschränkendes "allgemeines Gesetz" i. S. von Art. 5 Abs. 2 GG. Ihre Anwendung ist vielmehr, soweit durch sie die Pressefreiheit des Verlegers eingeschränkt würde, schon durch § 118 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ausgeschlossen (BVerfG Beschluß vom 6. November 1979, BVerfGE 52, 283, 296 ff. = AP Nr. 14 zu § 118 BetrVG 1972; vgl. dazu auch Senatsbeschluß vom 1. September 1987 - 1 ABR 22/86 -, zu B 2 a bb der Gründe, zur Veröffentlichung vorgesehen).
bb) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, daß mit der Verpflichtung zur innerbetrieblichen Stellenausschreibung nach § 93 BetrVG bei Tendenzträgern dem Betriebsrat kein unzulässiger Einfluß auf die Verwirklichung der geistig-ideellen Zielsetzung des Zeitungsverlags der Antragsgegnerin eingeräumt wird. Dabei ist das Landesarbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen, daß für die Anwendung des § 118 Abs. 1 BetrVG im vorliegenden Falle nicht auf die Herausgebergesellschaften der beiden Tageszeitungen, sondern auf den Arbeitgeber abzustellen ist. Unternehmen i. S. von § 118 Abs. 1 BetrVG ist im vorliegenden Fall die Antragsgegnerin als Arbeitgeber, die die Besonderheit aufweist, daß sich in ihr zwei konkurrierende Herausgebergesellschaften zu einer weitgehenden Zusammenarbeit zusammengeschlossen haben. Anknüpfungspunkt für die Prüfung, ob die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, ist das Unternehmen selbst. Dies ergibt sich unmittelbar aus dem Wortlaut des § 118 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, der eindeutig auf das Unternehmen selbst abstellt und nicht auf die Verhältnisse derer, die den Unternehmensträger beeinflussen (vgl. Beschluß des Siebten Senats vom 29. Juni 1988 - 7 ABR 15/87 -, zu B II 2 a dd der Gründe und den zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehenen Senatsbeschluß vom 8. November 1988 - 1 ABR 17/87 -). Der Betriebsrat kann nur die innerbetriebliche Ausschreibung von solchen Stellen verlangen, die der Arbeitgeber besetzen will. Inwieweit damit der Betriebsrat Informationen erhalten soll, die der Tendenzverwirklichung des Arbeitgebers entgegenstehen, ist nicht ersichtlich.
cc) Selbst wenn es zur geistig-ideellen Zielsetzung des Arbeitgebers gehören würde, daß wechselseitige Informationen der Herausgebergesellschaften über geplante personelle Maßnahmen in bezug auf Tendenzträger vermieden werden sollen, würde diese nicht durch die Beteiligung des Betriebsrats nach § 93 BetrVG beeinträchtigt. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sind in der Geschäftsführung der Antragsgegnerin jeweils wieder Geschäftsführer der beiden Herausgebergesellschaften vertreten. In der Person der Geschäftsführer des Arbeitgebers haben auch die Herausgebergesellschaften der beiden Tageszeitungen Informationen über personelle Entwicklungen, die sich bei der jeweiligen Wettbewerberin vollziehen. Das Landesarbeitsgericht hat deshalb zu Recht angenommen, daß eine mögliche Tendenzbeeinträchtigung, die die Antragsgegnerin von den Informationen befürchtet, die im Verfahren nach § 93 BetrVG an den Betriebsrat gelangen, in Wirklichkeit bereits dadurch eingetreten ist, daß die Herausgebergesellschaften die Antragsgegnerin gegründet haben und in ihr zusammenarbeiten. In der Information, die der Betriebsrat im Rahmen von § 93 BetrVG erlangt, liegt keine zusätzliche Beeinträchtigung, die über das hinausgeht, was Folge des Kooperationsmodells ist.
d) Dem Landesarbeitsgericht ist auch darin zuzustimmen, daß in der Weigerung des Arbeitgebers, auf Verlangen des Betriebsrats die Stellen für Redakteure und Redaktionsvolontäre nach § 93 BetrVG innerbetrieblich auszuschreiben, ein grober Verstoß gegen seine betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten liegt.
aa) Die Rechtsfolge des § 23 Abs. 3 BetrVG kommt dann in Betracht, wenn der Betriebsrat vom Arbeitgeber bei regelungspflichtigen Tatbeständen übergangen worden ist und er nunmehr diesen zur künftigen Beachtung der betriebsverfassungsrechtlichen Regelungsbefugnisse anhalten will (Senatsbeschluß vom 17. März 1987 - 1 ABR 65/85 - AP Nr. 7 zu § 23 BetrVG 1972, zu B II 2 c der Gründe, im Anschluß an die Entscheidung des Sechsten Senats vom 18. April 1985, BAGE 48, 246 = AP Nr. 5 zu § 23 BetrVG 1972). Der Unterlassungsanspruch zielt damit in erster Linie darauf ab, künftige Störungen der betriebsverfassungsrechtlichen Ordnung abzuwehren. Erst wenn das Gewicht bereits erfolgter und deswegen auch in Zukunft zu erwartender Verstöße eine objektiv schwere Belastung für die betriebsverfassungsrechtliche Ordnung darstellt, soll der Arbeitgeber durch das Arbeitsgericht mit Hilfe des (erst nach Eintritt der Rechtskraft) drohenden Vollstreckungsdrucks eines Unterlassungstitels zur Aufgabe seiner pflichtwidrigen Verhaltensweise gezwungen werden. Da die Rechtsprechung des Senats zur Informationspflicht des Arbeitgebers nach § 99 Abs. 1 BetrVG bei der Einstellung von Tendenzträgern und zur Anhörung des Betriebsrats zur Kündigung von Tendenzträgern seit 1975 unverändert ist, ebenso seit 1979 die Rechtsprechung des Senats, daß auch die Arbeitsplätze der Tendenzträger innerbetrieblich auszuschreiben sind (BAG Beschluß vom 30. Januar 1979 - 1 ABR 78/76 - AP Nr. 11 zu § 118 BetrVG 1972), im Streitfall keine Umstände ersichtlich sind, die eine Abweichung von der Rechtsprechung rechtfertigen, und der Arbeitgeber nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts wiederholt gegen die Verpflichtung aus § 93 BetrVG verstoßen hat, hat das Beschwerdegericht zu Recht einen "groben Verstoß" angenommen.
Der grobe Verstoß ergibt sich vorliegend auch daraus, daß nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts der Arbeitgeber zusätzlich mindestens in drei Fällen die Stellen von kaufmännischen Angestellten, die keine Tendenzträger sind, nicht innerbetrieblich ausgeschrieben hat.
bb) Umstritten ist, ob die Wiederholungsgefahr ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 23 Abs. 3 Satz 1 BetrVG ist (verneinend: BAGE 48, 246, 256; bejahend: von Hoyningen-Huene, Anm. zu dieser Entscheidung in AP Nr. 5 zu § 23 BetrVG 1972, unter 5, und Konzen, Anm. zu dieser Entscheidung in EzA § 23 BetrVG 1972 Nr. 10, unter II 1 a). Diese Frage bedarf vorliegend keiner abschließenden Beantwortung, weil eine Wiederholungsgefahr besteht. Bei vorausgegangenen Verstößen besteht die tatsächliche Vermutung, daß ähnliche Handlungen zu erwarten sind. Ein Abweisungsantrag im gerichtlichen Verfahren indiziert zudem regelmäßig die Wiederholungsgefahr (Konzen, aaO, unter II 1 b). Für eine Beseitigung der Wiederholungsgefahr sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.
Dementsprechend hat das Landesarbeitsgericht zu Recht die Beschwerde des Arbeitgebers gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts zurückgewiesen, in dem diesem aufgegeben worden war, es zu unterlassen, Arbeitsplätze, die in seinem Betrieb besetzt werden sollen, allgemein oder für bestimmte Arten von Tätigkeiten vor der Besetzung nicht innerhalb des Betriebes auszuschreiben. Zutreffend beschränkt sich die Verurteilung nicht auf die innerbetriebliche Ausschreibung von Stellen für Tendenzträger, weil der Arbeitgeber auch die innerbetriebliche Ausschreibung von Stellen von kaufmännischen Angestellten, die keine Tendenzträger sind, mehrfach unterlassen hat.
3. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht in dem Beschluß gleichzeitig die Verhängung eines Ordnungsgeldes bei Nichtbeachtung der im arbeitsgerichtlichen Beschluß ausgesprochenen Verpflichtung angedroht. Es sprechen keine durchgreifenden Bedenken dagegen, in dem arbeitsgerichtlichen Beschluß, in dem die Verpflichtung nach § 23 Abs. 3 Satz 1 BetrVG enthalten ist, gleichzeitig die Verhängung eines Ordnungsgeldes für den Fall jeder Zuwiderhandlung anzudrohen (Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 23 Rz 83; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 15. Aufl., § 23 Rz 63; Wiese, GK-BetrVG, 4. Aufl., § 23 Rz 160 in Verb. mit Rz 145; Gnade/Kehrmann/Schneider/Blanke, BetrVG, 2. Aufl., § 23 Rz 39).
Dementsprechend war die Rechtsbeschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
Dr. Kissel Matthes Dr. Weller
Schneider Weinmann
Fundstellen