Entscheidungsstichwort (Thema)
Gerichtsgebühr bei Rücknahme der Rechtsbeschwerde
Leitsatz (redaktionell)
1. Für die Zurücknahme der Rechtsbeschwerde fällt eine eigene Gebühr nach Nr. 8624 des Kostenverzeichnisses zum GKG 2004 an.
2. Für Rechtsbehelfe im Beschwerdeverfahren gegen Entscheidungen über die Versagung von Prozesskostenhilfe ist im Gesetz keine Gebührenbefreiung vorgesehen. Wird ein Gebührentatbestand im Prozesskostenhilfeverfahren verwirklicht, fallen entsprechende Gebühren an.
3. Eine Rechtsmittelbelehrung darüber, dass ein Rechtsmittel nicht gegeben ist, beinhaltet keine Aussage über die Statthaftigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde, so dass eine unterbliebene Rechtmittelbelehrung keine Auswirkungen auf die Entscheidung des Erinnerungsführers haben kann, eine Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen. Aus diesem Grund besteht kein Anlass, bei Vorliegen einer fehlerhaften Rechtmittelbelehrung die durch die Erhebung einer Nichtzulassungsbeschwerde angefallenen Gebühren wegen fehlerhafter Sachbehandlung nicht zu erheben.
Normenkette
ZPO § 114; ArbGG § 9 Abs. 5; GKG 2004 Anl. 1 Nr. 8624; GKG 2004 § 21
Tenor
Die Erinnerung der Erinnerungsführerin gegen den Kostenansatz vom 29. Mai 2008 – 3 AZB 31/08 – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I. Die Erinnerungsführerin hat sich mit einer Beschwerde gegen einen Beschluss des Landesarbeitsgerichts gewandt, mit dem ihr wegen mangelnder persönlicher und wirtschaftlicher Voraussetzungen Prozesskostenhilfe nicht gewährt wurde. Eine Rechtsmittelbelehrung enthielt der Beschluss nicht, jedoch die Aussage, dass die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen werde. Auf Hinweis des Vorsitzenden des erkennenden Senats, dass ihre Beschwerde unzulässig sei, hat die Erinnerungsführerin sie zurückgenommen. Daraufhin wurde gegen die Erinnerungsführerin nach Nr. 8624 des Kostenverzeichnisses zum GKG eine Gebühr von 40,00 Euro festgesetzt. Dagegen richtet sich die Erinnerung.
Entscheidungsgründe
II. Die Erinnerung hat keinen Erfolg.
1. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Nr. 8624 des Kostenverzeichnisses zum GKG liegen vor.
Als tatbestandliche Voraussetzung nennt diese Vorschrift ua. den hier vorliegenden Fall der Beendigung des gesamten Verfahrens durch Zurücknahme der Rechtsbeschwerde vor Ablauf des Tages, an dem die Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Allerdings wird als Rechtsfolge eine Ermäßigung der Gebühr nach Nr. 8623 von 80,00 Euro auf 40,00 Euro angeordnet. An sich würde dies voraussetzen, dass für den Anfall der Gebühr auch die tatbestandlichen Voraussetzungen der Gebühr in Nr. 8623 vorliegen müssen. Eine Gebühr, die nicht anfällt, kann auch nicht ermäßigt werden. Voraussetzung der Gebühr nach Nr. 8623 ist, dass die Rechtsbeschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird. Ein derartiger Fall liegt bei der Zurücknahme der Rechtsbeschwerde allerdings nie vor. Die Gebühr in Nr. 8624 ist aber so zu lesen, dass sie einen eigenständigen Gebührentatbestand für den Fall der Zurücknahme der Rechtsbeschwerde darstellt. Es liegt ein offensichtliches Redaktionsversehen des Gesetzgebers vor. Dafür spricht nämlich zum einen schon, dass der Gebührentatbestand anderenfalls vollständig ins Leere laufen würde. Es spricht zum anderen dafür die Entstehungsgeschichte des Gesetzes:
Der Gebührentatbestand wurde durch Art. 16 Nr. 12 Buchst. v des Zweiten Justizmodernisierungsgesetzes (vom 22. Dezember 2006, BGBl. I S. 3416) in das Gesetz eingefügt. Mit derselben Nummer wurden weitere Gebührentatbestände, die die Beendigung des Verfahrens betrafen, eingeführt und in ihnen jeweils die sonst anfallende Verfahrensgebühr ermäßigt (neue Nr. 1511 des Kostenverzeichnisses, Buchst. b der Änderungsvorschrift; neue Nr. 1521 und 1522 des Kostenverzeichnisses, Buchst. e der Änderungsvorschrift; neue Nr. 1811 des Kostenverzeichnisses, Buchst. g der Änderungsvorschrift; neue Nr. 1824 und 1825 des Kostenverzeichnisses, Buchst. i der Änderungsvorschrift; neue Nr. 8611 des Kostenverzeichnisses, Buchst. r der Änderungsvorschrift; neue Nr. 8621 und 8622 des Kostenverzeichnisses, Buchst. t der Änderungsvorschrift). Lediglich mit der neuen Nr. 1827 des Kostenverzeichnisses, Buchst. k der Änderungsvorschrift, wurde eine der Nr. 8624 des Kostenverzeichnisses vergleichbare Rechtslage geschaffen. Aus der Begründung des Gesetzentwurfes (BT-Drucks. 16/3038 S. 51 f.) ergibt sich, dass durch alle diese Regelungen derselbe Zweck verfolgt wurde. Das folgt daraus, dass jeweils auf die Begründung zu Nr. 12 (Kostenverzeichnis); “zu den Buchstaben g und h” verwiesen wird. Das spricht dafür, auch einen gleichen Regelungsinhalt anzunehmen.
Auch der dort genannte Zweck der Neuregelung stützt das hier gefundene Ergebnis. Als Zweck der Gesetzesänderung ist angegeben, dass Ermäßigungstatbestände für den Fall der Antragsrücknahme eingeführt werden sollen, trotzdem aber dem entstandenen Aufwand angemessen Rechnung zu tragen ist und deshalb auch lediglich ein Ermäßigungstatbestand vorgesehen wird. Mit allen Vorschriften, auch der hier einschlägigen, sollte deshalb sichergestellt werden, dass der Aufwand für den Fall der Rücknahme angemessen abgedeckt wird.
2. Entgegen der von der Erinnerungsführerin zur Erwägung gestellten Ansicht ordnet das Gesetz für Rechtsbehelfe im Beschwerdeverfahren gegen Entscheidungen über die Versagung von Prozesskostenhilfe auch keine Gebührenfreiheit an. Dass für die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe keine Gebühren erhoben werden, beruht lediglich darauf, dass insofern in das Kostenverzeichnis zum GKG keine Gebührentatbestände eingestellt wurden. Das ändert nichts daran, dass Gebühren anfallen, soweit der Gebührentatbestand im Prozesskostenhilfeverfahren verwirklicht wird. Das ist hier – wie dargelegt – der Fall.
3. Im Ergebnis nicht erfolgreich ist auch der Hinweis der Erinnerungsführerin darauf, sie sei durch eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung des Landesarbeitsgerichts zur Beschwerde gebracht worden. Es gibt insofern keinen Anlass, die hier angefallenen Gebühren etwa wegen fehlerhafter Sachbehandlung nicht zu erheben (§ 21 GKG).
Die Erinnerungsführerin hat eine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Selbst wenn das Landesarbeitsgericht – was nach § 9 Abs. 5 ArbGG angebracht gewesen wäre – eine Rechtsmittelbelehrung dahingehend ausgesprochen hätte, ein Rechtsmittel sei nicht gegeben, wäre damit keine Aussage über die Statthaftigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde getroffen gewesen. Das folgt daraus, dass die Nichtzulassungsbeschwerde einen Rechtsbehelf, kein Rechtsmittel darstellt und die Belehrungspflicht nur für Rechtsmittel gilt (vgl. BAG 9. Juli 2003 – 5 AZN 316/03 – AP ArbGG 1979 § 72a Nr. 49 = EzA ArbGG 1979 § 72a Nr. 96). Die unterbliebene Rechtsmittelbelehrung hat deshalb keine Auswirkungen auf die Entscheidung der Erinnerungsführerin haben können, Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen. Dass das Landesarbeitsgericht seine Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde ausdrücklich getroffen hat, ist nicht zu beanstanden.
4. Es gibt auch keine sonstigen Gründe, warum der Kostenansatz rechtswidrig ist.
Unterschriften
Reinecke, Zwanziger, Kremhelmer
Fundstellen
Haufe-Index 2061531 |
DB 2008, 2036 |