Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Bildungsmaßnahme. Auswahl der Teilnehmer
Leitsatz (amtlich)
- Ein Lehrgang über Sicherheits- und Notfallmaßregeln, dessen erfolgreicher Abschluß Voraussetzung dafür ist, daß ein Arbeitnehmer als Flugbegleiter eingesetzt werden darf, ist eine Maßnahme der Berufsbildung im Sinne von § 98 BetrVG (Bestätigung von BAG Beschluß vom 5. November 1985 – 1 ABR 49/83 – BAGE 50, 85 = AP Nr 2 zu § 98 BetrVG 1972).
- Sollen Arbeitnehmer des Landbetriebes einer Fluggesellschaft zu solchen Lehrgängen entsandt werden, hat der Betriebsrat bei der Auswahl der Teilnehmer nach näherer Maßgabe der Regelung in § 98 Abs. 3 und 4 BetrVG mitzubestimmen (im Anschluß an BAG Beschluß vom 8. Dezember 1987 – 1 ABR 32/86 – zur Veröffentlichung vorgesehen).
- Dieses Mitbestimmungsrecht entfällt nicht deswegen, weil die Arbeitnehmer des Landbetriebes zu dem genannten Lehrgang nur deswegen entsandt werden, damit sie bei einem Streik der Flugbegleiter aushilfsweise im Flugdienst eingesetzt werden können.
Normenkette
BetrVG § 98 Abs. 3-4, 1, § 81 Abs. 1; GG Art. 9 Abs. 3 Arbeitskampf
Verfahrensgang
LAG Berlin (Beschluss vom 21.02.1986; Aktenzeichen 2 Ta BV 5/85) |
ArbG Berlin (Beschluss vom 29.10.1985; Aktenzeichen 31 BV 8/85) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats des Landbetriebes Berlin wird der Beschluß des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 21. Februar 1986 – 2 Ta BV 5/85 – aufgehoben.
Auf die Beschwerde des genannten Betriebsrats wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Berlin vom 29. Oktober 1985 – 31 BV 8/85 – abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Der British Airways wird untersagt, bei Arbeitskämpfen im Flugbetrieb für Arbeitnehmer des Landbetriebes Berlin SEP-Lehrgänge durchzuführen, ohne daß zuvor eine Einigung über die Teilnahme auch vom Betriebsrat vorgeschlagener Arbeitnehmer stattgefunden hat oder diese Einigung durch einen Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist.
Soweit das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht über Anträge des Gesamtbetriebsrats entschieden haben, sind die Entscheidungen wirkungslos.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
A. Die Antragsgegnerin ist ein ausländisches Luftfahrtunternehmen, das unter dem Namen British Airways im internationalen und deutschen Luftverkehr, dort insbesondere in dem von den Alliierten kontrollierten Verkehr von und nach Berlin, tätig ist. In deren Berliner “Landbetrieb” haben die dort als Bodenpersonal beschäftigten Arbeitnehmer einen Betriebsrat, den Antragsteller zu 2), gewählt. Für die im “Luftbetrieb” beschäftigten Stewardessen ist auf der Grundlage eines mit der Gewerkschaft ÖTV abgeschlossenen Tarifvertrages eine besondere Betriebsvertretung errichtet worden (Tarifvertrag Nr. 1 zwischen der British European Airways und der Gewerkschaft ÖTV vom 31. Oktober 1972). Danach wählen die im Flugbetrieb auf innerdeutschen Fluglinien beschäftigten Stewardessen eine Betriebsvertretung, auf die das Betriebsverfassungsgesetz Anwendung findet. Für die Zusammenarbeit der Vertretung der Stewardessen mit den Betriebsräten der deutschen Landbetriebe ist durch Ergänzungstarifvertrag Nr. 1 vom 21. Februar 1974 die betriebsverfassungsrechtliche Regelung des Verhältnisses vom Betriebsrat zum Gesamtbetriebsrat übernommen werden. Die Betriebsvertretung der Stewardessen gilt als Betriebsrat im Sinne der Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes über den Gesamtbetriebsrat. Der von allen Betriebsraten der British Airways in Deutschland einschließlich der Betriebsvertretung der Stewardessen errichtete Gesamtbetriebsrat ist der Antragsteller zu 1).
Der Gesamtbetriebsrat und die Geschäftsleitung der British Airways haben 1977 in einer Betriebsvereinbarung Nr. 8 die Beteiligung des Gesamtbetriebsrats und der örtlichen Betriebsräte an der Planung und Durchführung der Berufsausbildung geregelt. In dieser Betriebsvereinbarung heißt es u.a.:
§ 1
Definition Berufsbildung
Berufsbildung im Sinne dieser Betriebsvereinbarung sind angebotene interne und externe betriebliche Schulungsmaßnahmen, die der Fort- und Weiterbildung dienen, sofern eine tarifliche oder gesetzliche Regelung nicht besteht. Sie bezieht sich vor allem auf Beschäftigte in den Abteilungen Verkauf und Verkehr.
§ 2
Information der Mitarbeiter
…
§ 3
Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat
Erstellen der Training Schedules
Vor Bekanntgabe an die Mitarbeiter informiert das Management den Gesamtbetriebsrat und berät mit ihm das Trainingsprogramm (Training Schedule). Es gibt ihm ferner die Anzahl und Termine der geplanten Lehrgänge sowie die vorgesehenen Teilnehmerzahlen bekannt. Änderungen, die bei Erstellen des Programms nicht vorhersehbar waren, werden dem Gesamtbetriebsrat unverzüglich schriftlich mitgeteilt.
Benennung von Teilnehmern an betrieblichen Berufsbildungsmaßnahmen
Bei der Auswahl der Teilnehmer sind der Bildungsbedarf der Mitarbeiter und die Trainingsmöglichkeiten zu berücksichtigen. Die Teilnehmer werden unter Beachtung betrieblicher Notwendigkeiten von der örtlichen Geschäftsleitung unter Mitbestimmung des örtlichen Betriebsrats gem. § 98 BetrVG ausgewählt.
Die Bezirksleitungen geben die Anträge an die mit der Vorbereitung und Durchführung des Trainings beauftragten Stellen bis zum Ablauf der jeweiligen Meldefrist weiter. Dort werden die Anträge im Zweifelsfalle nach der zeitlichen Reihenfolge ihres Eingangs berücksichtigt. Sollte der Bedarf das Angebot überschreiten, so ist eine Korrektur nach Rücksprache mit der örtlichen Geschäftsleitung und dem jeweils zuständigen Betriebsrat durchzuführen.
…
- …
Der Manteltarifvertrag für das Kabinenpersonal der British Airways lief zum 31. März 1985 aus. Die Verhandlungen über einen neuen Manteltarifvertrag zwischen der Gewerkschaft ÖTV und der British Airways wurden am 3. April 1985 abgebrochen. Beide Seiten vereinbarten die Anrufung des Landesschlichters. Am Morgen des 4. April 1985 fand von 6.00 Uhr bis 10.00 Uhr ein von der Gewerkschaft ÖTV getragener Warnstreik der Flugbegleiter auf den innerdeutschen Linien statt, der nach dem Vorbringen der British Airways zum Ausfall mehrerer Flüge und zu erheblichen Verspätungen führte.
Angesichts dieser Situation führte die British Airways in der Zeit vom 8. bis 13. April 1985 für Arbeitnehmer der deutschen Landbetriebe in ihrem Trainingscenter Cranebank bei London eine “safety and emergency Procedures”-Lehrgang (im folgenden SEP-Lehrgang) durch. In diesem Trainingscenter können an Modellen aller in Frage kommenden Flugzeugtypen Notfälle simuliert und das Verhalten von Flugbegleitern und Passagieren in solchen Notfällen trainiert werden. Die Teilnahme an diesem SEP-Lehrgang ist nach den Bestimmungen der britischen Luftfahrtbehörde CAA Voraussetzung auch für einen aushilfsweisen Einsatz von Flugbegleitern. Dieser SEP-Lehrgang ist im übrigen in gleicher Form Teil der fünfwöchigen Ausbildung zum Flugbegleiter. An diesem SEP-Lehrgang nahmen insgesamt 35 Arbeitnehmer aus in Deutschland gelegenen Landbetrieben, darunter sieben Arbeitnehmer des Berliner Landbetriebes teil. Die Teilnehmer hatten sich nach Ansprache durch die British Airways kurzfristig freiwillig für die Teilnahme gemeldet. Der Gesamtbetriebsrat und die Betriebsräte waren zuvor von der British Airways über diesen Lehrgang nicht unterrichtet worden. Ein gleicher SEP-Lehrgang war für die Zeit vom 13. bis 17. April 1985 geplant, fand dann aber nicht mehr statt.
Mit Schreiben vom 10. April 1985 rügte der Gesamtbetriebsrat seine mangelnde Unterrichtung und auch die fehlende Beteiligung der übrigen Betriebsräte. Diese Rüge wies die British Airways am 11. April 1985 zurück mit der Begründung, es habe sich um keine Bildungsmaßnahme gehandelt, zum anderen entfielen etwaige Mitbestimmungsrechte im Falle eines Arbeitskampfes. Auf Antrag des Gesamtbetriebsrats und des Betriebsrats des Landbetriebes Berlin (im folgenden nur: Betriebsrat Berlin) gab das Arbeitsgericht Berlin am 16. April 1985 der British Airways durch einstweilige Verfügung auf, die Betriebsräte vor dem Beginn künftiger SEP-Lehrgänge zu unterrichten. Der weitergehende Antrag der Betriebsräte wurde abgewiesen, die dagegen eingelegte Beschwerde später zurückgenommen.
Gesamtbetriebsrat und Betriebsrat Berlin sind der Ansicht, die British Airways habe mit der Durchführung des SEP-Lehrgangs gegen ihre gesetzlichen Beteiligungsrechte und die Betriebsvereinbarung Nr. 8 verstoßen. Sie habe die angesprochenen Arbeitnehmer unter Druck gesetzt, sich freiwillig für eine Teilnahme zu melden und auch zwei herzkranke Arbeitnehmer als “Freiwillige” zu diesem Lehrgang gesandt.
Mit Schreiben vom 29. August 1985 forderte der Gesamtbetriebsrat von der British Airways eine verbindliche Erklärung dahin, daß sie bei künftigen Tarifkonflikten derartige “Unterweisungen” entweder überhaupt nicht mehr oder erst nach Zustimmung des Gesamtbetriebsrats und der örtlichen Betriebsräte bzw. nach einer ersetzenden Entscheidung der Einigungsstelle durchführe. Das lehnte die British Airways ab. Sie erklärte vielmehr noch im vorliegenden Verfahren, daß sie sich vorbehalte, auch in Zukunft derartige Lehrgänge für Freiwillige durchzuführen, wenn zu Warnstreiks oder zu einer Urabstimmung aufgerufen werde.
Gesamtbetriebsrat und der Betriebsrat Berlin haben daher das vorliegende Verfahren anhängig gemacht und beantragt
- der Antragsgegnerin zu untersagen, im unmittelbaren Zusammenhang mit einem Arbeitskampf sogenannte Unterweisungen in den safety and emergency procedures zum Zwecke des Einsatzes als Flugbegleiter anstelle von Flugbegleitern, die wegen einer Streikmaßnahme ausfallen könnten, ohne vorherige Mitwirkung der Antragsteller nach § 98 BetrVG und der Betriebsvereinbarung Nr. 8 Berufsbildung für freiwillige Mitarbeiter durchzuführen,
- hilfsweise,
- festzustellen, daß die Antragsgegnerin nicht berechtigt ist, im unmittelbaren Zusammenhang mit einem Arbeitskampf sogenannte Unterweisungen in den safety and emergency procedures zum Zwecke des Einsatzes als Flugbegleiter anstelle von Flugbegleitern, die wegen einer Streikmaßnahme ausfallen könnten, ohne vorherige Mitwirkung der Antragsteller nach § 98 BetrVG und der Betriebsvereinbarung Nr. 8 Berufsbildung für freiwillige Mitarbeiter durchzuführen.
Die British Airways hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Sie ist der Ansicht, daß ein SEP-Lehrgang, wie er in der Zeit vom 8. bis 13. April 1985 stattgefunden hat und wie sie ihn auch künftig für Freiwillige durchzuführen gedenke, wenn zu Warnstreiks oder zur Urabstimmung aufgerufen werde, nicht der Mitbestimmung oder Beteiligung des Gesamtbetriebsrats oder des Betriebsrats Berlin unterliege. Bei dem SEP-Lehrgang handele es sich um keine Berufsbildungsmaßnahme, zumal die damit erworbene Berechtigung, als Flugbegleiter eingesetzt zu werden, nur für ein Jahr Gültigkeit habe. Darüber hinaus stelle dieser Lehrgang eine Erhaltungsmaßnahme im Arbeitskampf dar, die als solche schon deswegen nicht mitbestimmungspflichtig sei.
Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen; die Beschwerde des Gesamtbetriebsrats und des Betriebsrats Berlin ist vom Landesarbeitsgericht zurückgewiesen worden. Die zugelassene Rechtsbeschwerde ist vom Gesamtbetriebsrat und vom Betriebsrat Berlin eingelegt worden. Der Gesamtbetriebsrat hat in der Anhörung vor dem Senat seinen Antrag mit Zustimmung der British Airways zurückgenommen. Der Betriebsrat Berlin verfolgt seinen Antrag weiter, während die British Airways um Zurückweisung der Rechtsbeschwerde bittet.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats Berlin ist begründet. Die British Airways muß künftig bei der Durchführung der umstrittenen SEP-Lehrgänge die Beteiligungsrechte des Betriebsrats Berlin beachten.
I. Der Antrag des Betriebsrats Berlin ist entgegen der Ansicht der British Airways zulässig.
1. Der Antrag bedarf der Auslegung. Die noch vor dem Landesarbeitsgericht vom Gesamtbetriebsrat und Betriebsrat Berlin gemeinsam verfolgten Anträge machen in ihrer Formulierung nicht selbst deutlich, welche Rechte vom Gesamtbetriebsrat und welche Ansprüche vom Betriebsrat Berlin geltend gemacht werden. Ihr Vorbringen zur Begründung dieser Anträge läßt die zumindest jetzt gebotene Aufteilung des Verfahrensbegehrens zu. Der SEP-Lehrgang im April 1985 war von der British Airways für Arbeitnehmer aller Landbetriebe in der Bundesrepublik vorgesehen. Schon deswegen waren – wenn überhaupt – Beteiligungsrechte des Gesamtbetriebsrats zu wahren. Daher hat auch der Gesamtbetriebsrat mit seinem Schreiben vom 10. April 1985 seine mangelnde Beteiligung gerügt und später von der British Airways verlangt, daß diese solche Lehrgänge künftig nur durchführe, wenn er zugestimmt habe. Soweit dabei Beteiligungsrechte der “übrigen Betriebsräte” angesprochen waren, kann es sich schon nach dem Verständnis des Gesamtbetriebsrats nur um diejenigen Beteiligungsrechte handeln, die bei solchen unternehmenseinheitlich durchgeführten Lehrgängen den Betriebsräten der einzelnen Betriebe im Unternehmen verbleiben. Das aber ist das in § 98 BetrVG und auch in § 3 Nr. 2 der Betriebsvereinbarung Nr. 8 angesprochene Recht des örtlichen Betriebsrats, bei der Auswahl der Teilnehmer mitzuwirken. Auf die unterbliebene Beteiligung der örtlichen Betriebsräte wird es zurückgeführt, daß Arbeitnehmer unter Druck gesetzt worden seien und daß ungeeignete – weil herzkrank oder gekündigt – Arbeitnehmer an dem Lehrgang teilgenommen haben.
Daraus ergibt sich, daß der Betriebsrat Berlin im vorliegenden Verfahren sein Beteiligungsrecht bei der Auswahl von Teilnehmern an künftigen SEP-Lehrgängen geltend macht und mit dem gestellten Unterlassungsantrag sichern bzw. mit dem Hilfsantrag festgestellt wissen will.
2. Dieser Antrag ist bestimmt genug. Für welche künftigen SEP-Lehrgänge der Betriebsrat Berlin Beteiligungsrechte geltend macht, ist unter den Beteiligten nicht im Streit. Es sind dies SEP-Lehrgänge, die die British Airways – wie den Lehrgang im April 1985 – künftig durchführen will, wenn Arbeitskämpfe der Flugbegleiter bevorstehen, um Arbeitnehmer des Landbetriebes anstelle von im Arbeitskampf befindlichen Flugbegleitern im Flugbetrieb einsetzen zu können. Das wird durch die Wendung im Antrag “im unmittelbaren Zusammenhang mit einem Arbeitskampf” deutlich. Damit werden nicht nur SEP-Lehrgänge erfaßt, die von der British Airways in ihrer Erklärung vor dem Landesarbeitsgericht zeitlich dadurch weiter eingegrenzt worden sind, daß sie diese Lehrgänge dann durchführen werde, “wenn entweder zu einem Warnstreik aufgerufen worden ist, dieser durchgeführt worden ist, oder zur Durchführung einer Urabstimmung aufgerufen worden und der Arbeitskampf in allen Fällen nicht beendet ist”. Daß damit vom Antrag des Betriebsrats Berlin auch SEP-Lehrgänge für Arbeitnehmer des Landbetriebes erfaßt werden, die außerhalb des von der British Airways beschriebenen Zeitrahmens stattfinden, macht den Antrag des Betriebsrats nicht mangels Bestimmtheit unzulässig. Er ist vielmehr als unbegründet abzuweisen, wenn von ihm auch SEP-Lehrgänge erfaßt werden, für die die geltend gemachten Beteiligungsrechte nicht gegeben sind (vgl. Beschluß des Senats vom 10. Juni 1986 – 1 ABR 61/84 – AP Nr. 18 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit, auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung bestimmt).
II. Der Antrag des Betriebsrats Berlin ist begründet. Der Betriebsrat hat bei der Auswahl der Teilnehmer für die umstrittenen SEP-Lehrgänge mitzubestimmen. Er kann verlangen, daß solche Lehrgänge für Arbeitnehmer des Landbetriebes Berlin solange unterbleiben, bis es zu einer Einigung über die Teilnehmer gekommen ist.
1.a) Bei den SEP-Lehrgängen handelt es sich um eine Maßnahme der Berufsbildung im Sinne von § 98 BetrVG und der Definition in § 1 der Betriebsvereinbarung Nr. 8. Nach dieser sind unter Berufsbildung interne und externe betriebliche Schulungsmaßnahmen zu verstehen, die der Fort- und Weiterbildung dienen. Im Sinne von § 98 BetrVG sind Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung auch Lehrgänge, die den Arbeitnehmern die für die Ausfüllung ihres Arbeitsplatzes und ihrer beruflichen Tätigkeit notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten verschaffen sollen (Beschluß des Senats vom 5. November 1985, BAGE 50, 85 = AP Nr. 2 zu § 98 BetrVG 1972). Einbezogen sind damit alle Maßnahmen, die über die – mitbestimmungsfreie – Unterrichtung des Arbeitnehmers, über dessen Aufgaben und Verantwortung, über die Art seiner Tätigkeit und ihrer Einordnung in den Arbeitsablauf des Betriebes sowie über die Unfall- und Gesundheitsgefahren und die Maßnahmen und Einrichtungen zur Abwendung dieser Gefahren im Sinne von § 81 BetrVG hinausgehen, indem sie dem Arbeitnehmer gezielt Kenntnisse und Erfahrungen vermitteln, die ihn zur Ausübung einer bestimmten Tätigkeit erst befähigen. Die Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers nach § 81 BetrVG bezieht sich dagegen auf den Einsatz an einem konkreten Arbeitsplatz. Dieser Einsatz setzt voraus, daß der Arbeitnehmer die für die Ausübung “seiner Tätigkeit” an diesem Arbeitsplatz erforderlichen beruflichen Kenntnisse und Erfahrungen schon besitzt. Nur auf der Grundlage dieser Kenntnisse und Erfahrungen kann dem Arbeitnehmer seine Tätigkeit im Betrieb zugewiesen werden, über deren konkrete Ausübung unter Einsatz seiner Kenntnisse und Erfahrungen er dann nach § 81 BetrVG zu unterrichten ist.
b) Der SEP-Lehrgang ist eine Maßnahme, die den teilnehmenden Arbeitnehmern solche beruflichen Kenntnisse und Erfahrungen vermittelt. Die hier strittigen SEP-Lehrgänge sind in gleichem zeitlichen Umfang fester Bestandteil der insgesamt fünfwöchigen Flugbegleiterausbildung. Er vermittelt den Teilnehmern diejenigen Kenntnisse und Erfahrungen, die erforderlich sind, damit der Flugbegleiter in Notfällen seine Aufgaben erfüllen kann. Diese beziehen sich in erster Linie auf die größtmögliche Aufrechterhaltung der Sicherheit des Flugzeuges und der Passagiere und die Abwendung weiterer Gefahren und Schäden in Notfallen. Sie gehen damit weit über eine Unterrichtung über die dem Arbeitnehmer selbst an seinem Arbeitsplatz drohenden Unfall- und Gesundheitsgefahren und über die gegebenen Schutzmaßnahmen hinaus. Die in den SEP-Lehrgängen vermittelten Kenntnisse und Erfahrungen sind darüber hinaus Voraussetzung dafür, daß der Teilnehmer überhaupt eine Tätigkeit als Flugbegleiter ausüben kann. Daß er diese Kenntnisse und Erfahrungen während des Lehrganges tatsächlich erworben hat, muß er daher auch durch einen abschließenden Test nachweisen.
Die in den SEP-Lehrgängen erworbene Qualifikation wird von den Arbeitnehmern der Landbetriebe für ihre hier zu verrichtende Tätigkeit nicht benötigt. Der Lehrgang vermittelt ihnen damit eine zusätzliche Qualifikation, die sie befähigt, einen anderen Arbeitsplatz im Unternehmen zumindest aushilfsweise zu übernehmen. Für die Arbeitnehmer der Landbetriebe erhöht sich damit ihre berufliche Verwendungsbreite und damit auch ihre Arbeitsplatzsicherheit. Der tatsächliche – wenn auch nur vorübergehende – Einsatz als Flugbegleiter kann sich für die Arbeitnehmer der Landbetriebe ideell und materiell als “Aufstieg” darstellen. Ist aber Sinn einer jeden beruflichen Bildung oder Weiterbildung auch die Erweiterung der Einsatzmöglichkeit des Arbeitnehmers, so ist eine Maßnahme, die zu einer solchen Verbreiterung der Einsatzmöglichkeit führt, regelmäßig auch eine Maßnahme der Berufsbildung.
Daß die durch die Teilnahme am SEP-Lehrgang erworbene Qualifikation nur für die Dauer eines Jahres zum Einsatz als Flugbegleiter berechtigt, steht dem nicht entgegen. Schon die einmalige Teilnahme an diesem Lehrgang oder ein einmaliger Einsatz als Flugbegleiter innerhalb dieses Jahres könnte ausweisen, daß der Arbeitnehmer für eine solche Tätigkeit in Betracht kommt und die erforderliche Qualifikation auch jährlich neu wird erwerben können.
2. Handelt es sich damit bei dem SEP-Lehrgang um eine Maßnahme der Berufsbildung, so ist der Betriebsrat nach Maßgabe der Regelung in § 98 Abs. 3 und 4 BetrVG bei der Auswahl der Teilnehmer zu beteiligen. Dabei ist es gleichgültig, ob es sich bei der Maßnahme der Berufsbildung um eine betriebliche oder außerbetriebliche Maßnahme handelt, wenn der Arbeitgeber – wie hier – Arbeitnehmer für eine solche Maßnahme der Berufsbildung freistellt und die durch die Teilnahme entstehenden Kosten trägt. Es ist daher für die Beteiligung des Betriebsrats Berlin an der Auswahl von Teilnehmern aus dem Landbetrieb Berlin ohne Bedeutung, daß der SEP-Lehrgang nicht in Berlin stattfindet.
a) Unschädlich ist, daß der SEP-Lehrgang in London, also außerhalb der Bundesrepublik Deutschland, stattfindet. Die Frage, ob Arbeitnehmer des Landbetriebes Berlin an einer beruflichen Bildungsmaßnahme teilnehmen sollen und ob an der Auswahl der Teilnehmer der Betriebsrat zu beteiligen ist, ist für den Landbetrieb Berlin und für die hier beschäftigten und unter den Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes fallenden Arbeitnehmer zu beantworten. Die Beteiligung des Betriebsrats Berlin an der Auswahl der Teilnehmer führt nicht zu einem unzulässigen Tätigwerden von Betriebsverfassungsorganen im Ausland. Die Arbeitnehmer des Landbetriebes Berlin, die den SEP-Lehrgang in London besuchen, bleiben auch während des Lehrgangs Angehörige des Landbetriebes Berlin. Beteiligungsrechte des Betriebsrats in personellen Angelegenheiten dieser Arbeitnehmer werden daher nicht im Ausland wahrgenommen, sondern strahlen in zulässiger Weise lediglich ins Ausland aus (vgl. Beschluß des Senats vom 10. Dezember 1985 – 1 ABR 28/83 – AP Nr. 3 zu § 117 BetrVG 1972).
b) Nach § 98 Abs. 3 BetrVG kann der Betriebsrat Vorschläge für die Teilnahme von Arbeitnehmern an den SEP-Lehrgängen machen. Nach § 98 Abs. 4 BetrVG entscheidet die Einigungsstelle verbindlich, wenn über die vom Betriebsrat vorgeschlagenen Teilnehmer eine Einigung nicht zustande kommt. Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 8. Dezember 1987 (– 1 ABR 32/86 – zur Veröffentlichung vorgesehen) über den Inhalt dieser Bestimmungen und ihr Zusammenwirken entschieden. Er hat ausgesprochen, daß der Betriebsrat über die Teilnahme von Arbeitnehmern an einer Maßnahme der Berufsbildung nicht mitzubestimmen hat, wenn lediglich der Arbeitgeber Arbeitnehmer für die Teilnahme vorgesehen hat, er selbst aber keine weiteren Arbeitnehmer vorschlägt. Erst wenn Arbeitgeber und Betriebsrat insgesamt mehr Arbeitnehmer zur Teilnahme vorschlagen als Teilnehmerplätze zur Verfügung stehen, müssen Arbeitgeber und Betriebsrat sich darüber einigen, von welchen der vorgeschlagenen Arbeitnehmer die Teilnehmerplätze zu besetzen sind. Kommt es darüber zu keiner Einigung, so hat die Einigungsstelle zu entscheiden.
Aus dieser Regelung folgt, daß der Betriebsrat die Durchführung einer Maßnahme der Berufsbildung für Arbeitnehmer des Betriebes nicht dadurch verhindern kann, daß er selbst keine Teilnehmer vorschlägt und dem Vorschlag des Arbeitgebers seine Zustimmung versagt. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Auswahl der Teilnehmer betrifft damit lediglich die Frage, welche Arbeitnehmer an der Maßnahme der Berufsbildung teilnehmen sollen. Die regelmäßig beschränkten Möglichkeiten einer beruflichen Fort- oder Weiterbildung sollen auch unter Berücksichtigung der Interessen der Arbeitnehmer möglichst gerecht verteilt werden. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 98 Abs. 3 und 4 BetrVG hat aber nicht zum Inhalt, darüber mitzubestimmen, ob eine Maßnahme der Berufsbildung überhaupt durchgeführt werden soll. Ob das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 98 Abs. 1 BetrVG bei der Durchführung von Maßnahmen der Berufsbildung einen solchen Inhalt hat, ist vorliegend nicht zu entscheiden. Ein solches Recht hat allenfalls der Gesamtbetriebsrat in Anspruch genommen. Dieser hat jedoch seine Anträge zurückgenommen.
c) Aus § 3 Nr. 2 der Betriebsvereinbarung Nr. 8 ergibt sich kein weitergehendes Recht des Betriebsrats Berlin bei der Durchführung der SEP-Lehrgänge. Nach dieser Vorschrift werden die Teilnehmer von der örtlichen Geschäftsleitung “unter Mitbestimmung des örtlichen Betriebsrats gemäß § 98 BetrVG” ausgewählt. Das Beteiligungsrecht des Betriebsrats bei der Auswahl der Teilnehmer soll daher den gleichen Inhalt haben, den auch die gesetzliche Regelung hat. Lediglich die Gesichtspunkte, unter denen diese Auswahl zu erfolgen hat, werden in § 3 Nr. 2 der Betriebsvereinbarung Nr. 8 näher konkretisiert. Es sollen dabei der Bildungsbedarf der Mitarbeiter und die Trainingsmöglichkeiten berücksichtigt und betriebliche Notwendigkeiten beachtet werden. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats hinsichtlich der Frage, ob der Lehrgang überhaupt durchgeführt werden soll, wird durch diese Regelung nicht begründet.
3. Dieses Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats Berlin bei der Auswahl von Teilnehmern für die SEP-Lehrgänge entfällt nicht deswegen, weil die British Airways diese Lehrgänge nur deswegen durchführt, um die Teilnehmer aus dem Landbetrieb Berlin bei einem eventuellen Streik der Flugbegleiter aushilfsweise als Flugbegleiter im Flugbetrieb einsetzen zu können, um so den Auswirkungen eines Streiks der Flugbegleiter auf den Flugdienst begegnen zu können.
a) Das Landesarbeitsgericht hat aus diesem Grunde den Antrag des Betriebsrats Berlin abgewiesen. Es hat damit die Rechtsprechung des Senats zu dieser Frage verkannt. Es trifft zu, daß der Senat mehrfach ausgesprochen hat, daß Beteiligungsrechte des Betriebsrats während eines Arbeitskampfes Einschränkungen erfahren müßten (vgl. BAGE 23, 484 = AP Nr. 44 zu Art. 9 GG Arbeitskampf; BAGE 30, 43, 50 = AP Nr. 57 und 58 zu Art. 9 GG Arbeitskampf; BAGE 31, 372 = AP Nr. 63 zu Art. 9 GG Arbeitskampf). Er hat diese Rechtsprechung im Beschluß vom 22. Dezember 1980 (BAGE 34, 355 = AP Nr. 71 zu Art. 9 GG Arbeitskampf) bestätigt, aber auch dahin konkretisiert, daß sie nur für Betriebe gilt, die selbst von einem Arbeitskampf unmittelbar betroffen sind. Schon daran fehlt es im vorliegenden Falle. Auf die Einwendungen der Rechtsbeschwerde des Betriebsrats Berlin gegen diese Rechtsprechung kommt es daher nicht an.
b) Der Arbeitskampf, dem die British Airways u.a. mit den durchzuführenden SEP-Lehrgängen begegnen will, ist ein Arbeitskampf im Flugbetrieb der British Airways. Wenn die Flugbegleiter streiken, sollen Arbeitnehmer des Landbetriebes, die auf den SEP-Lehrgängen die erforderlicher Berechtigung erworben haben, als Flugbegleiter eingesetzt werden, um den Flugdienst aufrechterhalten zu können. Der Flugbetrieb der British Airways ist ein anderer Betrieb als der Landbetrieb Berlin oder die übrigen Landbetriebe in der Bundesrepublik Deutschland. § 117 BetrVG nimmt den Flugbetrieb ausdrücklich von der Geltung des Betriebsverfassungsgesetzes aus und überläßt die Regelung einer Betriebsverfassung für die im Flugbetrieb beschäftigten Arbeitnehmer den Tarifvertragsparteien. Die räumliche Nähe oder Verbindung zwischen Flug- und Landbetrieb sowie der Umstand, daß die Arbeitnehmer des Flug- und Landbetriebes in vielfältiger Weise tatsächlich zusammenarbeiten, ändert an dieser betriebsverfassungsrechtlichen Unterscheidung und Trennung nichts.
Von dieser betriebsverfassungsrechtlichen Betrachtungsweise abgesehen sind Flugbetrieb und Landbetrieb auch in einem Arbeitskampf als getrennte Betriebe zu sehen. Findet ein Arbeitskampf um die Regelung der Arbeitsbedingungen der Flugbegleiter durch einen Tarifvertrag statt, so liegt der Landbetrieb außerhalb des Kampfgebietes. Dieses wird begrenzt durch den Geltungsbereich des umkämpften Tarifvertrages. Vor diesem werden die Arbeitnehmer des Landbetriebes nicht erfaßt. Auch der im April 1985 umkämpfte neue Manteltarifvertrag für die Flugbegleiter galt nicht für die Arbeitnehmer der Landbetriebe. Nur auf künftige SEP-Lehrgänge bei dieser Tarifsituation bezieht sich der Antrag des Betriebsrats und bezog sich die Erklärung der British Airways vor dem Landesarbeitsgericht. Nur über Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats Berlin in Fällen eines Arbeitskampfes allein der Flugbegleiter hatte daher der Senat zu entscheiden.
Liegt aber der Landbetrieb Berlin bei einem Arbeitskampf der Flugbegleiter außerhalb des Kampfgebietes, so läßt sich aus den der bisherigen Rechtsprechung des Senats zur Einschränkung von Beteiligungsrechten des Betriebsrats in einem Arbeitskampf zugrunde liegenden Erwägungen nichts dafür herleiten, daß das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats Berlin bei der Auswahl von Teilnehmern für die künftigen umstrittenen SEP-Lehrgänge entfällt.
c) Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 16. Dezember 1986 (– 1 ABR 35/85 – zur Veröffentlichung vorgesehen) ausgesprochen, daß der Betriebsrat an einer Entscheidung über eine Arbeitskampfmaßnahme und an deren Durchführung selbst in keinem Falle ein Mitbestimmungsrecht habe. Auch mit dieser Begründung ist ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats an der Auswahl der Teilnehmer für die umstrittenen SEP-Lehrgänge nicht zu verneinen.
Bei diesen Lehrgängen handelt es sich nicht um eine Maßnahme des Arbeitskampfes selbst. Eine Maßnahme des Arbeitskampfes oder eine solche zur Abwendung von Folgen des Arbeitskampfes mag der tatsächliche Einsatz von Arbeitnehmern des Landbetriebes während eines Streiks der Flugbegleiter im Flugbetrieb sein. Insoweit werden auch Mitbestimmungsrechte der Betriebsvertretung der Stewardessen nach § 99 BetrVG bei der “Einstellung” dieser Arbeitnehmer des Landbetriebes im Flugbetrieb nicht gegeben sein, was hier nicht zu entscheiden ist. Die Durchführung von SEP-Lehrgängen für Arbeitnehmer des Landbetriebes dient lediglich der Vorbereitung einer solchen Arbeitskampfmaßnahme und soll diese überhaupt möglich machen. Dieser Bezug auf eine Arbeitskampfmaßnahme allein vermag jedoch eine Einschränkung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats des Landbetriebes nicht zu begründen. Es sind eine Vielzahl von Maßnahmen des Arbeitgebers denkbar, die jedenfalls auch der Vorbereitung von Arbeitskampfmaßnahmen oder der Begegnung von Arbeitskampffolgen dienen und die Voraussetzung für eine Arbeitskampfmaßnahme oder eine erfolgreiche Abwehr von Arbeitskampffolgen sind. In allen diesen Fällen Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats allein schon wegen eines möglichen Bezugs zu einem künftigen Arbeitskampf entfallen zu lassen oder zu beschränken, käme einer weitgehenden Suspendierung des Betriebsverfassungsgesetzes gleich und geht daher nicht an.
Eine Einschränkung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats an Vorbereitungshandlungen für Arbeitskampfmaßnahmen oder Maßnahmen zur Abwehr von Folgen eines Arbeitskampfes kann daher allenfalls dann in Betracht kommen, wenn die Mitbestimmung des Betriebsrats an der Vorbereitungsmaßnahme unmittelbar und zwangsläufig zur Folge hätte, daß die Freiheit des Arbeitgebers, Arbeitskampfmaßnahmen zu ergreifen oder Folgen eines Arbeitskampfes zu begegnen, in ihrem Kernbereich beeinträchtigt wäre. Die Frage braucht im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden. Durch die Beteiligung des Betriebsrats an der Auswahl von Teilnehmern für die umstrittenen SEP-Lehrgänge wird die British Airways in ihren Möglichkeiten, einem Arbeitskampf der Flugbegleiter zu begegnen, nicht beschränkt.
d) Wie dargelegt, kann der Betriebsrat Berlin die Durchführung solcher SEP-Lehrgänge nicht verhindern. Er kann lediglich andere Teilnehmer als von der British Airways in Aussicht genommen für die Teilnahme vorschlagen mit der Folge, daß notfalls eine Einigungsstelle darüber entscheiden muß, welche Arbeitnehmer an den Lehrgängen teilnehmen sollen. Dieses Verfahren mag eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen. Die British Airways ist jedoch nicht gehindert, die Auswahl der Teilnehmer für eventuell durchzuführende SEP-Lehrgänge rechtzeitig schon vor dem Ausbruch von Arbeitskämpfen im Flugbetrieb vorzunehmen, den Betriebsrat zu unterrichten und bei Gegenvorschlägen des Betriebsrats die Einigung über die Teilnehmer herbeizuführen. Angesichts der Tatsache, daß die auf den SEP-Lehrgängen erworbene Berechtigung, als Flugbegleiter eingesetzt zu werden, ein Jahr gilt, bleibt dafür genügend Zeit. Wenn die British Airways – wie ihre Erklärung vor dem Landesarbeitsgericht nahelegt – eine Entscheidung nicht nur über die Durchführung der Lehrgänge, sondern auch über die Teilnehmer erst dann treffen will, wenn bereits zu Warnstreiks oder zu einer Urabstimmung aufgerufen worden ist, so kann diese von ihr selbst herbeigeführte nunmehrige Eilbedürftigkeit einer Entscheidung über die Teilnehmer kein Grund sein, das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats entfallen zu lassen.
Auch die Gefahr, daß aufgrund der notwendigen Einigung mit dem Betriebsrat oder aufgrund eines Spruchs der Einigungsstelle Arbeitnehmer an einem SEP-Lehrgang teilnehmen, die im Falle eines Arbeitskampfes möglicherweise eher bereit sind, sich dem Einsatz als Flugbegleiter und damit in den Augen der Belegschaft oder des Betriebsrats als “Streikbrecher” zu widersetzen, als die von der British Airways ausgewählten Arbeitnehmer, vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Dabei kann hier dahingestellt bleiben, ob die Arbeitnehmer, die an einem SEP-Lehrgang teilgenommen haben, allein schon deswegen verpflichtet sind, einer Aufforderung zum Einsatz als Flugbegleiter in einem Arbeitskampf Folge zu leisten. Die bloße Gefahr, daß ein solcher vom Betriebsrat vorgeschlagener Teilnehmer sich später zu Recht oder Unrecht weigert, während eines Arbeitskampfes als Flugbegleiter tätig zu werden, vermag einen Ausschluß der Rechte des Betriebsrats bei der Auswahl der Teilnehmer nicht zu begründen.
4. Hat damit der Betriebsrat bei der Auswahl der Teilnehmer an künftigen SEP-Lehrgängen der umstrittenen Art in dem dargelegten Umfange mitzubestimmen, so kann der Betriebsrat auch von der British Airways verlangen, daß sie diese Lehrgänge für Arbeitnehmer des Landbetriebes Berlin solange nicht durchführt, d.h. Arbeitnehmer des Landbetriebes Berlin solange zu diesen Lehrgängen nicht entsendet, bis über die Teilnahme auch der vom Betriebsrat vorgeschlagenen Arbeitnehmer eine Einigung erfolgt ist oder diese Einigung durch einen Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist. Die British Airways hat sich in der Betriebsvereinbarung Nr. 8 auch dem Betriebsrat Berlin gegenüber verpflichtet, ihn bei der Auswahl von Teilnehmern an Berufsbildungsmaßnahmen zu beteiligen. Der Senat hat wiederholt entschieden, daß in einem solchen Falle der Betriebsrat vom Arbeitgeber verlangen könne, daß dieser eine Betriebsvereinbarung so wie vereinbart auch durchführt und gegen die Betriebsvereinbarung verstoßende Maßnahmen unterläßt (Beschlüsse vom 24. Februar 1987 – 1 ABR 18/85 – zur Veröffentlichung vorgesehen; vom 13. Oktober 1987 – 1 ABR 51/86 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen und zuletzt vom 10. November 1987 – 1 ABR 55/86 – zur Veröffentlichung vorgesehen). Daran hält der Senat fest. Es kommt daher nicht darauf an, ob die British Airways grob gegen ihre Pflichten aus dem Betriebsverfassungsgesetz im Sinne von § 23 Abs. 3 BetrVG verstößt, wenn sie Arbeitnehmer des Landbetriebes Berlin zu diesen SEP-Lehrgängen ohne Beteiligung des Betriebsrats entsendet und ob neben dem Unterlassungsanspruch aus § 23 Abs. 3 BetrVG noch ein allgemeiner Unterlassungsanspruch zur Sicherung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats kraft Gesetzes gegeben ist.
Die British Airways ist daher verpflichtet, bei Arbeitskämpfen im Flugbetrieb für Arbeitnehmer des Landbetriebes Berlin SEP-Lehrgänge solange nicht durchzuführen, bis – unter der Voraussetzung, daß auch der Betriebsrat Teilnehmer für diese Lehrgänge vorgeschlagen hat – eine Einigung über die Teilnehmer erfolgt oder diese Einigung durch einen Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist. Damit erweist sich der Antrag des Betriebsrats als begründet.
Hinsichtlich der Anträge des Gesamtbetriebsrats ist das Verfahren nach § 92 Abs. 2 Satz 3 in Verb. mit § 81 Abs. 2 ArbGG einzustellen. Zur Klarstellung hat der Senat gemäß § 269 Abs. 3 ZPO ausgesprochen, daß die Entscheidungen des Arbeitsgerichts und des Landesarbeitsgerichts, soweit sie über Anträge des Gesamtbetriebsrats ergangen sind, wirkungslos sind.
Unterschriften
Dr. Kissel, Matthes, Dr. Weller, Weinmann
Die Amtszeit des ehrenamtl. Richters Andersch ist abgelaufen. Er ist an der Unterschrift verhindert.
Dr. Kissel
Fundstellen
Haufe-Index 872405 |
BAGE, 295 |
RdA 1988, 191 |
IPRspr. 1988, 50 |