Verfahrensgang
ArbG Berlin (Beschluss vom 29.10.1985; Aktenzeichen 31 BV 8/85) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den am 29. Oktober 1985 verkündeten Beschluß des Arbeitsgerichts Berlin – 31 BV 8/85 – wird zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Antragsgegnerin, die Inhaberin eines Luftfahrtunternehmens ist, berechtigt ist, ohne verherige Mitwirkung der Antragsteller, des Gesamtbetriebsrats und des Betriebsrats Bodenpersonal, für freiwillige Mitarbeiter Sicherheitslehrgänge zu dem Zweck durchzuführen, daß die Teilnehmer zur Aufrechterhaltung des Flugbetriebs bei arbeitskampfbedingtem Ausfall der Flugbegleiter als solche eingesetzt werden können. Anlaß zu dieser Streitigkeit ist folgender Sachverhalt:
Anfang April 1985 wurden die Tarifvertragsverhandlungen zwischen der Antragsgegnerin und der Gewerkschaft ÖTV über die Neufassung des gekündigten Manteltarifvertrags für das Kabinenpersonal abgebrochen; es sollte der Landesschlichter angerufen werden. Am 4. April 1985 kam es daraufhin zu einem Warnstreik der Flugbegleiter. In dieser Situation entschloß sich die Antragsgegnerin, Lehrgänge, sogenannte safety and emergency procedures für Mitarbeiter durchzuführen, die das Erlernen der Sicherheitsbestimmungen an Bord betreffen und von der britischen Luftfahrtbehörde zwingend auch für aushilfsweise eingesetzte Flugbegleiter vorgesehen sind. Ein solcher Lehrgang fand in London in der Zeit vom 8. April bis zum 13. April 1985 statt, an dem 35 Mitarbeiter, die sich dafür freiwillig gemeldet hatten, teilnahmen; sieben Teilnehmer gehörten zum Berliner Bodenpersonal.
Unter Hinweis auf die mit dem Antragsteller zu 1) abgeschlossene Betriebsvereinbarung Nr. 8 Berufsbildung (vgl. Bl. 6 d.A.) rügte dieser mit Schreiben vom 10. April 1985 die Verletzung bestehender Mitbestimmungsrechte, worauf die Antragsgegnerin am 11. April 1985 erwiderte und auf den besonderen Zweck der Durchführung dieses Lehrgangs verwies (vgl. Bl. 7 d.A.). Zu weiteren Lehrgängen dieser Art kam es in der Folgezeit nicht mehr; im Mai 1985 fand die Tarifauseinandersetzung ihr Ende.
In einem durch die Antragsteller eingeleiteten einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Arbeitsgericht Berlin erwirkten diese eine einstweilige Verfügung, in der der Antragsgegnerin aufgegeben wurde, zukünftig diese Lehrgänge nicht ohne vorherige Unterrichtung der Antragsteller stattfinden zu lassen; der weitergehende, auf Unterlassung gerichtete Antrag wurde zurückgewiesen.
Die Antragsteller haben die Auffassung vertreten, daß der mit dem Bodenpersonal durchgeführte Lehrgang als Teil der Ausbildung der Flugbegleiter eine Maßnahme der Berufsbildung im Sinne des § 98 BetrVG und der Betriebsvereinbarung Nr. 8 Berufsbildung sei und ihnen damit insoweit ein Mitbestimmungsrecht zustehe. Sie haben sich deswegen auf den Standpunkt gestellt, daß dieses Mitbestimmungsrecht auch nicht deswegen entfalle, weil die Antragsgegnerin Angehörige des Bodenpersonals für den eventuellen Einsatz als Streikbrecher für ausfallende Flugbegleiter an dem Lehrgang teilnehmen lasse; eine so weite Ausdehnung der Verdrängung bestehender Mitbestimmungsrechte im Arbeitskampf sehe auch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht vor.
Die Antragsteller haben beantragt,
der Antragsgegnerin zu untersagen, sogenannte Unterweisungen für freiwillige Mitarbeiter in den sogenannten „safety and emergency procedures” ohne die vorherige Mitwirkung der Antragsteller nach § 98 BetrVG und der Betriebsvereinbarung Nr. 8 „Berufsbildung” zwischen der Antragsgegnerin und dem Antragsteller zu 1) durchzuführen;
hilfsweise,
festzustellen, daß die Unterweisung für freiwillige Mitarbeiter in den sogenannten „safety and emergency procedures” für ca. 35 Beschäftigte in der Zeit vom 8. bis 13. April 1985 unter Verstoß gegen das Mitbestimmungsrecht der Antragsteller nach § 98 BetrVG und der Betriebsvereinbarung Nr. 8 „Berufsbildung” zwischen der Antragsgegnerin und dem Antragsteller zu 1) erfolgte und daß die Antragsgegnerin auch in Zukunft ohne vorherige Mitwirkung der Antragsteller nach § 98 BetrVG und der genannten Betriebsvereinbarung nicht berechtigt ist, derartige Kurse durchzuführen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin hat dargetan, daß es sich vorliegend nicht um eine Zusatzausbildung, sondern lediglich um eine arbeitsplatzbezogene Information handele, die nicht dem Mitbestimmungsrecht der Antragsteller unterliege. Im übrigen hat die Antragsgegnerin darauf hingewiesen, daß nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein etwa doch gegebenes Mitbestimmungsrecht im Hinblick auf die Voraussetzungen, unter denen der Lehrgang stattgefunden habe und unter denen auch in Zukunft beabsichtigt sei, solche Unterweisungen durchzuführen, aus arbeitskampfbedingten Gründen ausgeschlossen sei.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten im ersten Rechtszug wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze nebst Anlag...